Ein schöner, warmer Tag geht zu Ende. Ich geniesse den letzten Sonnenschein im Liegestuhl beim Hühnerhaus. Die Sonne berührt den Horizont und versinkt innert weniger Minuten hinter dem Hügel. Vom Kirchturm schlägt es acht Uhr, dann läutet die Abendglocke. Ein Rotschwänzchen fliegt in den Vogelbeerbaum, knickst zweimal und fliegt weiter. Wo schläft es wohl? Nun kommen Rauch- und Mehlschwalben in grosser Zahl, flitzen kreuz und quer über mich hinweg. Die Rauchschwalben fliegen tief über den Teich und manche nehmen im Flug Wasser auf.
Die Schwalben verschwinden
Die Wolken am westlichen Himmel beginnen sich rot zu färben. Ihr Leuchten wird immer kräftiger und breitet sich nach allen Richtungen aus. Derweil verlieren die Bäume ihre Farbe mehr und mehr. Die erste Fledermaus durchquert das Glühen, nochmals und nochmals. Die Schwalben fliegen höher und verschwinden dann. Wieder kommt die Fledermaus. Am Teich bewegen sich ein paar Gräser: Zwei junge Katzen balgen sich.
Ein Gespräch im Hühnerstall
Hinter mir tritt ein Huhn nach dem andern ins Hühnerhaus. Ich höre, wie sie auf die Stange sedeln. Sie beginnen eine angeregte Unterhaltung. «Gaagagagaga?», tönt es laut. Ein Huhn antwortet mit tiefer Stimme: «Gogooge», ein anderes sagt: «Gwaage», eines scheint zu schimpfen, es fängt mit tiefer Stimme an und wird dann höher. Ein anderes plaudert mit leiser, hoher Stimme vor sich hin. Ein dumpfer Schlag, jetzt ist eines auf den Boden gehüpft, noch eines. Sie scheinen die Plätze zu verteilen. Das laute Huhn zetert, die tiefe Stimme antwortet beschwichtigend und das leise Huhn gibt ebenfalls Antwort. Ich lausche ihnen aufmerksam und staune über ihre vielfältigen Laute. Wie differenziert sie sich ausdrücken können! Manchmal klingt es wie singen, wenn sich die Silben auf verschiedenen Tonhöhen bewegen. Allmählich werden die Äusserungen spärlicher, dann ist Ruhe. Die Hühner verstehen einander, aber ich verstehe nichts. Ich verstehe auch die Sprache der Kühe nicht, der Katzen, der Vögel. Obwohl ich täglich mittendrin bin in diesen Mitteilungen.
In Leben eingebettet
Die Wolken haben ihre Formen verändert, die Farbe hat sich abgeschwächt. Mehrere Fledermäuse kreisen um die Bäume und den Teich. Die Luft ist noch erstaunlich warm. Es ist still, abendstill. Mir wird bewusst, in wie viel Leben ich eingebettet bin; Leben, das miteinander und mit mir in Beziehung steht. Ich bin umgeben von Tieren, die miteinander kommunizieren und wahrscheinlich, ziemlich sicher sogar, uns beobachten und sehr viel über uns wissen. Ich bin umgeben von Geheimnis.