Bern Beat Lerch, Landwirt aus Tramelan BE, versteht die Welt nicht mehr: Da demonstrieren die Frauen, inklusive die Bäuerinnen, für Gleichberechtigung und er selber musste am eigenen Leib erfahren, dass auch die Frauen in der Landwirtschaft gegenüber den Männern in gewissen Bereichen bevorzugt sind. Obwohl Lerch vor 13 Jahren seine Frau verlor und er seither Witwer ist, hat er keinen Anspruch auf eine Witwerrente. Umgekehrt ist es aber anders: "Wäre ich gestorben, hätte meine Frau eine Witwen-Rente bekommen", sagt Lerch.
Vergebens bemüht
Beat Lerch hat sich nach dem Tod seiner Frau bei den Be-hörden über eine Witwerrente erkundigt. "Hätten wir Kinder gehabt, hätte ich einen Rentenanspruch bis das jüngste Kind 18-jährig geworden wäre", sagt der Landwirt. "Dies ist die Grundvoraussetzung für eine Witwerrente der AHV für Männer", sagt Christian Kohli, Geschäfts-führer der Agrisano-Vorsorgeneinrichtungen. Für Frauen gelte diese Einschränkung nicht. "Aufgrund des traditionellen Rollenbildes wurde bei der Ausgestaltung der AHV davon ausgegangen, dass eine Frau nach dem Tod ihres Mannes in grösserem Ausmass auf Leistungen der Sozialversicherungen angewiesen ist", hält Kohli fest. Und: "Das diese Betrachtungsweise heute überholt ist, ist den allermeisten klar. Uneinigkeit herrscht jedoch in der Frage, wie eine Gleichstellung zu bewerkstelligen sei", so der Versicherungsexperte. "Wenn die Frauen schon eine Gleichberechtigung und die Bäuerinnen einen Lohnanspruch auf den Bauernbetrieben fordern, wäre es mehr als angebracht, betreffend Witwenrenten, eine Gleichheit zu schaffen", sagt Beat Lerch bestimmt. Da seine Frau damals auswärts arbeitete und auch einen grossen Beitrag an das Betriebseinkommen leistete, fehlte Lerch nach ihrem Tod diese finanzielle Hilfe. "Mit einer Witwerrente hätte mir dieser Fehlbetrag leichter über die Runden geholfen", rechnet der Landwirt vor.
Ein Unterschied besteht
"Im Unterschied zur Witwenrente wurde die Witwerrente erst im Rahmen der 10. AHV Revision, welche per 1. Januar 1997 in Kraft getreten ist, eingeführt", sagt Christian Kohli. Bis zu diesem Zeitpunkt löste der Tod einer Frau allenfalls Waisenrenten für Kinder, aber keine Witwerrente an den Ehegatten aus. Die Frauen haben aber nicht nur Anspruch auf eine Witwen-Rente, wenn Sie zum Zeitpunkt der Verwitwung ein oder mehrere Kinder (gleichgültig welchen Alters) haben, sondern auch kinderlose Frauen haben Anspruch, wenn sie zum Zeitpunkt der Verwitwung das 45. Altersjahr zurückgelegt haben und mindestens fünf Jahre verheiratet waren.
Angleichung vorgesehen
"Im Rahmen der 11. AHV-Revision war eine Angleichung der Anspruchsvoraussetzungen vorgesehen", hält Christian Kohli fest. Diese sollte im Sinne der Sparbemühungen im Wesentlichen durch eine Angleichung der Voraussetzungen für Frauen an jene für Männer erreicht werden. "Bekanntlich wurde gegen diese Vorlage von Gewerkschaftsseite das Referendum ergriffen. Im Rahmen der Volksabstimmung im Mai 2004 lehnte das Volk die Revision mit einem Nein-Stimmenanteil von 68% deutlich ab", sagt der Versicherungsexperte. So war der Leistungsabbau bei den Witwenrenten damals einer der Ablehnungsgründe. "Der Harmonisierungsbedarf bei den Witwen- und Witwerrenten ist heute zwar erkannt. Um jedoch die Umsetzung der dringend anstehenden Reformschritte in der AHV nicht zu gefährden, hat aktuell das Angleichen der Witwen- an die Witwerrente keine oberste Priorität", so Kohli. Dieser Entscheid nützt Beat Lerch herzlich wenig. "Wenn die Frauen und Bäuerinnen schon auf dem Bundesplatz für ihre Rechte demonstrieren, sollten sie sich das nächste Mal auch für die Rechte der Männer einsetzen", sagt der Landwirt mit einem Augenzwinkern.
Eine gute Versicherung
Damit die Landwirte und Landwirtinnen nach einem plötzlichen Todesfall des Eherpartners nicht in finanzielle Schwierigkeiten geraten, ist eine gute Vorsorgeversicherung das A und O. "Selbständigerwerbende sowie in der Landwirtschaft mitarbeitende Familienmitglieder sind im Rahmen der 1. Säule, welche bekanntlich den Existenzbedarf abdeckt, obligatorisch versichert", sagt Christian Kohli. Der Aufbau eines angemessenen Vorsorgeschutzes liege aber in der Eigenverantwortung. "Dies ist grundsätzlich zweckmässig, denn dadurch lässt sich den vielfältigen Bedürfnissen einer Bauernfamilie viel besser und zu günstigeren Konditionen Rechnung tragen als mit einer obligatorischen lohnsummenabhängigen Versicherung", so der Fachmann. Als Absicherungsinstrument eignen sich sogenannte Risikoversicherungen, welche von den Lebensversicherungsgesellschaften angeboten werden. Als sehr zweckmässig erweisen sich hierbei die Risikoversicherungslösungen der Agrisano (Prevos und Stiftung), welche speziell auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft zugeschnitten seien. Vor dem Abschluss einer Risikoversicherung stehe jedoch immer eine umfassende Vorsorgeberatung. Diese werde den Bauernfamilien im Rahmen einer Gesamtversicherungsberatung durch die den kantonalen Bauerverbänden angegliederten Agrisano Regionalstellen angeboten. "Im Zentrum dieser Beratungstätigkeit steht immer der Bedarf der Bauernfamilie, wobei die Versicherungssituation aller Familienmitglieder beleuchtet wird", hält Kohli fest.