Heute schreibe ich über mein Umfeld in Neuseeland, die Gegebenheiten meiner Farm, warum ich statt Kiwi-Früchten eine Fleischfarm habe sowie von den Parallelen und Gegensätzen zur Schweiz.
Hier bin ich daheim
Meine kleine Farm umfasst 26 Hektaren, wovon sich etwa die Hälfte bewirtschaften lässt. Der Rest besteht aus natürlichem, teils dichtem Urwald. Dieser schlängelt sich entlang der Talsohle, begleitet von einem munteren kleinen Bach. Der Hof selbst liegt im oberen Teil eines idyllischen Tals, zur Hälfte von einer öffentlichen Feldstrasse eingerahmt und grösstenteils nach Norden ausgerichtet, sodass der Betrieb den ganzen Tag über die wärmenden Sonnenstrahlen einfängt. Die umliegende Landschaft erinnert an das Zürcher Weinland oder das Tösstal: sanfte, grüne Hügel, durchzogen von klaren Bächen, durchsetzt mit kleineren und grösseren Waldparzellen. Vom höchsten Punkt unserer Farm aus, etwa 180 Meter über dem Meeresspiegel, können wir bei klarem Wetter bis an die Westküste der Insel sehen, obwohl wir nur 20 Autominuten von der Ostküste entfernt wohnen. Die Nordinsel von Neuseeland ist dort, wo ich wohne, 60 km breit. Unsere Region zeichnet sich durch zwei dominante geologische Bodenbeschaffenheiten aus: Lehmboden und vulkanische Erde.
Die fruchtbare Vulkanerde Neuseelands
Farmen mit Vulkanerde werden vor allem für den Gemüseanbau und die Gartenkultur genutzt, da dort alles gedeiht, was man auch in der Schweiz unter Gemüseanbau versteht. Zusätzlich gibt es hier viel Kumara (Süsskartoffeln) und exotische Früchte, die eine ordentliche Portion Sonne lieben: Avocados, Kiwi-Früchte, Äpfel, Birnen und eine Vielzahl verschiedener Zitrusfrüchte. Auch Oliven, Bananen und Ananas wachsen hier, wenn sie vor Frost geschützt werden. Weil die natürlichen Wasserspeicher dieser Böden eher gering sind, ist eine Bewässerung in unserem manchmal sehr trockenen Sommer unerlässlich. Bis vor etwa neun Jahren war die Wasserentnahme zur Bewässerung weitgehend ungeregelt, nicht mal Zähler waren erforderlich. Heute wird genau Logbuch geführt, meist mit Zählern, die direkt mit dem Internet verbunden sind. Die Gewässer sind kontingentiert, wenn alle Kontingente vergeben sind, werden keine neuen mehr bewilligt. Es gilt eine Tages- und Jahreslimite. Bei Fliessgewässern achtet man auf eine Restmenge und bei Seen auf einen Minimalstand. Werden diese unterschritten, wird alle Entnahme aus diesem Gewässer gestoppt. Von diesen Regeln ausgenommen ist die Wasserentnahme als Trinkwasser für die Tiere, da diese Entnahmemenge im Vergleich sehr klein ausfällt.
Eine Farm mit lehmigem Boden
Farmen mit Lehmboden, zu denen auch meine gehört, konzentrieren sich hauptsächlich auf grasbasierte Milch- oder Fleischproduktion. Einige Milchbetriebe mit etwas höherem Input pflanzen ein paar Weiden mit Futtermais und silieren diesen, um im Herbst die Milchproduktion aufrechtzuerhalten. Dies lohnt sich jedoch finanziell nur bei relativ hohen Milchpreisen. Als Zusatzfutter kommt manchmal auch PKE zum Einsatz. PKE steht für «Palm Kernel Expeller», was auf Deutsch Palmkern-Pressrückstand bedeutet. Es handelt sich dabei um die Überreste aus der Produktion von Palmöl in Südostasien. PKE ist reich an Protein und Ballaststoffen. Neuseeland ist weltweit der grösste Importeur von PKE, gefolgt von der EU und China auf Platz drei.
Bericht von einem gelungenen Versuch
Auf den meisten Farmen ist natürlicher oder künstlicher Dünger der einzige Input. Auf unseren Lehmböden wird neben Dünger auch jährlich gemahlener Kalk ausgebracht. Die Düngersituation auf meiner Farm habe ich im letzten Artikel kurz angeschnitten und darf hier von einem gelungenen Versuch berichten. Da ich eher spät in der Saison war, habe ich auf Dünger verzichtet und nur Kalk ausbringen lassen. Dieser wird vom Lohnunternehmen im Depot abgeholt und direkt auf meinen Feldern ausgetragen. Zwar hatte der junge Fahrer an meinen steilen Hängen den einen oder anderen Schreckensmoment und musste vom Chef herausgezogen werden, aber zum Glück blieb nur geringer Landschaftsschaden zurück.
In den eineinhalb Monaten seit der Ausbringung habe ich das Gefühl, eine positive Reaktion zu sehen: Das Gras ist dunkelgrün und sogar etwas gewachsen, obwohl wir mitten im Winter sind und das Graswachstum in dieser Jahreszeit normalerweise gering ist.
Es gibt nicht nur Vorteile
Unser «Dorf» ist eher ein Weiler, es gibt hier keine Kirche oder Gaststätte. Für die «Landi» muss ich in die Stadt Whangarei fahren, die etwa 25 Autominuten entfernt liegt. Dort erledige ich auch meine wöchentlichen Einkäufe – Lebensmittel sowie alles Notwendige für die Tierhaltung und Instandhaltung der Farm. Was mich ebenfalls häufig ausserhalb der Farm auf den Strassen hält, sind die Freizeitaktivitäten meiner Tochter. Meistens handelt es sich um Musikunterricht, seien es Gesangs- oder Klavierstunden, Auftritte als Sängerin in einem Musical, oder manchmal auch sportliche Aktivitäten.
Und damit kommen wir zu einem Thema, das mir hier in Neuseeland nicht so gefällt: Autofahren! Auch finanziell schlägt dies mit dem grössten Posten im Budget zu Buche, und nur Teile davon kann ich als Kosten dem Geschäft anrechnen. In der Schweiz habe ich mich im Nahverkehr fast ausschliesslich mit dem Fahrrad durchs Leben gestrampelt und auf langen Strecken im öffentlichen Verkehr den «Chauffeur» genossen. ÖV ist in Neuseeland, vor allem verglichen mit der Schweiz, praktisch inexistent.
[IMG 2]Zur Person: Beni Aeschbach (50) wanderte 2009 nach Neuseeland aus. Nach verschiedenen Zwischenstationen, unter anderem auf Milchfarmen, erwarb er 2012 ein Stück bares Land. Nach und nach ist eine Farm entstanden. Auf den 26 ha Land hält er 70 Schafe und 6 Mutterkühe. Zusätzlich arbeitet er als selbstständiger Baumeister von An- und Ausbauten.