Die Gründe für die Stilllegung eines Betriebs sind laut Jessica Kathriner mangelnde finanzielle Mittel oder familiäre Situationen, die keine unmittelbare Hofnachfolge möglich machen würden. Meistens handle es sich dabei um eine Zwischenlösung, weil man den Betrieb in der Familie behalten möchte und der nachfolgenden Generation nicht den Einstieg in die Landwirtschaft verbauen möchte. Kathriner hat sich mit der Reaktivierung von solchen Betrieben im Rahmen ihrer Semesterarbeit an der HAFL auseinandergesetzt.
Finanzierung ist nicht so einfach
Damit aber aus einem stillgelegten landwirtschaftlichen Betrieb wieder ein funktionierendes Unternehmen entsteht, braucht es einiges an Effort. Eine Herausforderung ist die Finanzierung, beispielsweise weil der Betrieb aus einer Erbengemeinschaft herausgelöst werden muss. Auch sind Mittel nötig, um Ökonomiegebäude oder das Betriebsleiterhaus, wenn sie einige Jahre leer standen, wieder in Schuss zu bringen. Nicht vergessen darf man die Anschaffungen von Inventar wie Maschinen oder Geräte, die einen Betrieb erst zum Laufen bringen. Auch ein Tierbestand muss zuerst aufgebaut werden.
Mangel an Erfahrung
«Eine weitere Herausforderung ist der Mangel an Erfahrung von Einsteigern», sagt Jessica Kathriner. Auch wenn man die landwirtschaftliche Ausbildung absolviert habe, fehle oft die Erfahrung, wie auf einem eine lange Zeit «stillgelegten» Betrieb wieder standortangepasst gewirtschaftet werden könne.
Pächtern zu kündigen, kann zu Unfrieden führen
Wichtig sei zudem ein wohlwollendes Umfeld, sowohl was Kunden, Abnehmer, Handel als auch die Nachbarn betreffe. Meistens sind letztere wenig erfreut, wenn ihnen Pachtland aufgrund von Eigenbedarf gekündigt wird. «Die zwischenmenschlichen Beziehungen sind vor allem beim Einstieg in die landwirtschaftliche Tätigkeit nicht zu unterschätzen», sagt Jessica Kathriner.
Sie führte im Rahmen ihrer Semesterarbeit mehrere Interviews mit Wiedereinsteigern – und sagt: «Es braucht eine gewisse Portion Mut, sich mit den Nachbarn zusammenzusetzen, beziehungsweise verständlich zu machen, warum man wieder einsteigen will – ohne dass es zu Streitigkeiten kommt.» Ohne Netzwerk funktioniere aber ein Betrieb nicht.
Unrealistische Vorstellungen von Quereinsteigern
Eine wichtige Erkenntnis aus der Semesterarbeit ist, sich beim Wiederaufbau zuerst auf gewinnbringende Betriebszweige zu fokussieren. «Die Existenzsicherung ist zentral und steht oftmals im Spannungsfeld mit den ursprünglichen Ideen», bestätigt Jessica Kathriner. Unrealistische Vorstellungen, insbesondere von Quereinsteigern, seien meistens mit hohen Risiken behaftet. Oft werde die sehr hohe Arbeitsbelastung bei gleichzeitig tiefem Stundenlohn und geringer Freizeit unterschätzt. Auch fehle es vielfach an praktischem Fachwissen im Alltag sowie an einem realistischen Bild des administrativen Aufwands, der mit einem Betrieb verbunden sei.
«Es ist schwierig, einen klein strukturierten Betrieb in der Talzone im Vollerwerb zu führen, vor allem, wenn noch erschwerte Bodenbedingungen und klein parzellierte Felder dazu kommen», sagt Kathriner.
Hauruck-Übungen vermeiden
In ihrer Semesterarbeit stellte sie fest, dass reaktivierte Betriebe eher extensiv betrieben werden, da die Betriebsleiter häufig noch einem Nebenerwerb nachgehen. Das scheint ein realistischer Weg für den Einstieg zu sein.
Jessica Kathriner rät allen, die einen Betrieb reaktivieren wollen, Betriebsvoranschläge für verschiedene Bewirtschaftungsvarianten zu rechnen. «Auch darf die Reaktivierung eines Betriebs keine Hauruck-Übung sein», fügt sie an. Also: «Setzen Sie sich frühzeitig damit auseinander. Diskutieren Sie mit Ihrer Familie und Verwandten Ihre Strategie und nehmen Sie frühzeitig Kontakt zu den Amtsstellen, zur Betriebsberatung und den Agro-Treuhandstellen auf.»