Dass wir Fleisch bewusst und nicht täglich konsumieren sollten, wissen heute die meisten. Doch müssen es stattdessen Fertigprodukte sein, die das tierische Original nachahmen?
Menschen, die gerne mit frischen und möglichst unverarbeiteten Lebensmitteln kochen, werden die Fleischersatzprodukte kaum eines Blickes würdigen. Sie tischen traditionelle fleischlose Gerichte wie Wähe, Omeletten oder Spätzli auf. Oder kreieren selbst gluschtige Variationen von Vegiburgern aus Getreide, Bohnen oder Linsen oder eine Polenta-Pizza mit Gemüse und Käse. Solche Gerichte liefern genügend hochwertiges Protein und können so Fleisch ersetzen.
Möchte man weniger Fleisch essen, ohne seine Kochgewohnheiten ganz umzustellen, sind die Fleischersatzprodukte unter Umständen eine Alternative. Dann gibt es statt Rindsburger eben einen Burger mit pflanzlichen Zutaten oder eine Rösti mit veganem Geschnetzeltem.
Wie gesund?
Doch sind diese Produkte gesund? Oder sind sie mit vielen Geschmacksverstärkern und Zusatzstoffen versetzt, damit sie schmecken? Festzuhalten ist: Seit den ersten labbrigen Tofuwürstchen, die es vor 50 Jahren nur im Reformhaus gab, hat die Lebensmittelindustrie bei den Fleischalternativen eine grosse Entwicklung gemacht. An der Zusammensetzung und Verarbeitung wurde lange getüftelt, damit die Produkte eine angenehme Konsistenz aufweisen und gut schmecken.
Bei den Zutaten, dem Verarbeitungsgrad und den Zusatzstoffen gibt es aber grosse Unterschiede. Entsprechend können in Bezug auf den Gesundheitswert nicht alle pflanzlichen Eiweisslieferanten in den gleichen Topf geworfen werden. So sind Hülsenfrüchte, Tofu und Tempeh natürliche Lebensmittel und an und für sich gesund.
Teils stark verarbeitet
Ein Teil der Fleischersatzprodukte ist jedoch stark verarbeitet und besteht aus vielen und zum Teil industriell hergestellten Zutaten. Solche stark verarbeiteten Produkte sollten nicht häufig konsumiert werden. Wenn sie in die Menüplanung aufgenommen werden, ist eine Kombination mit regionalen, vollwertigen Lebensmitteln wie Kartoffeln und viel Gemüse zu empfehlen.
Doch wie nachhaltig sind stark verarbeitete Produkte? Zum Teil werden die Zutaten importiert und die Verarbeitung braucht Energie. Je nach Ausgangsprodukt und Verarbeitungsart zeigen Ökobilanzen eine grosse Spannbreite. In der Regel haben verarbeitete vegetarische Produkte eine bessere Ökobilanz als Fleischprodukte.
Weniger Ressourcen
So belaste die Herstellung von Falafeln, Vegiburgern oder Sojagehacktem die Umwelt rund zwei- bis viermal weniger als tierische Pendants. Die Produktion der pflanzlichen Alternativen benötigt weniger Ressourcen, wie Boden (Landflächenverbrauch), Energie und Wasser und verursacht weniger Treibhausgase.
Bei der Rindfleischproduktion darf nicht vergessen werden, dass die Tiere Teil des geschlossenen biogenen Kohlenstoffkreislaufs sind: das ausgeschiedene Methan wird in Form von CO2 via Pflanzenassimilation wieder dem Rind als Futter zugeführt. Im Grasland Schweiz erreicht die Rindfleischproduktion demnach gute Ökobilanzwerte.
Zutatenliste prüfen
Selber kochen mit ursprünglichen, frischen und regionalen Lebensmitteln wie Hülsenfrüchten hat Vorrang. Fleisch aus regionaler Produktion und Verwertung des ganzen Tieres haben ebenfalls Platz in der ausgewogenen, gesamthaft wirtschaftlichen und nachhaltigen Ernährung. Falls man doch zu einem Fertigprodukt greift, sind folgende Kriterien zu beachten:
- Das Produkt hat weniger als fünf Zutaten.
- Das Produkt ist reich an Protein.
- Das Produkt enthält wenig oder keine Zusatzstoffe.
- Das Produkt enthält Zutaten, die bekannt sind (z. B. Erbsen, Linsen, Weizen). Wenn man sich unter einer Bezeichnung nichts vorstellen kann, ist es ein industriell verarbeitetes Produkt (z. B. rehydriertes Sojaproteinkonzentrat).
- Das Produkt wurde nicht stark verarbeitet. So ist zum Beispiel Tofu wenig verarbeitet, Quorn ist hingegen in industriellen Prozessen stark verarbeitet.
- Das Produkt enthält wenig Salz, Fett und Zucker. Richtwerte: unter 1,3 g Salz; unter 15 g Fett pro 100 g.
- Falls ein Nutriscore vorhanden ist: Bewertung A oder B wählen. Der Nutriscore bewertet nicht den Verarbeitungsgrad und auch nicht die Zusatzstoffe, sondern nur den Nährwert.
- Fleischersatz mit frischem, saisonalem Gemüse und Salat kombinieren.
- Auf die Herkunft Schweiz achten.
Informationen zu Alternativen
Welche pflanzlichen Proteinlieferanten gibt es? Wie gut verträglich sind Fleischersatzprodukte? Was verbessert die Bekömmlichkeit von Hülsenfrüchten? Antworten auf häufige Fragen wie diese finden sich auf der Website «healthy3.ch», einer Initiative der Organisation «Gesundheitsförderung Schweiz».
Weitere Informationen finden Sie hier.
Neue Schweizer Studie
Sind Fleisch- und Milchersatzprodukte besser für Gesundheit und Umwelt? Das wollte eine Studie der schweizerischen Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung (TA-Swiss) wissen. Der Bericht wurde vergangene Woche vorgelegt. Das Fazit: «Mit gewissen Vorbehalten kann der Verzehr von Alternativfleisch empfohlen werden», heisst es in der Zusammenfassung der Studie. «Allerdings sind bestimmte Nährstoffe vom menschlichen Organismus schwerer zu verwerten, als wenn sie von tierischen Produkten stammen.
Gemäss der Studie kann der Verzehr von Alternativfleisch «mit gewissen Vorbehalten» empfohlen werden. Der Ersatz von Milchprodukten sei dagegen nur bedingt zu empfehlen. «Auch schneiden die Alternativen – mit Ausnahme der Sojadrinks – im Hinblick auf die Versorgung mit Proteinen und Calcium schlechter ab als die Referenzprodukte, sofern ihnen nicht eigens entsprechende Zusätze beigemischt werden.»
Weitere Informationen finden sich auf der Website von TA-Swiss