Die in den vergangenen Wochen für nächstes Jahr angekündigten Kostensteigerungen, so bei den Stromgebühren und den Krankenkassenprämien, geben viel zu reden. Zumal die Haushalte auch in vielen anderen Bereichen höhere Kosten zu tragen haben, beim Wohnen, den Lebensmitteln, bei Treibstoff- und Heizkosten. Das spürt auch die Landwirtschaft, wenn auch je nach betrieblicher und persönlicher Situation mehr oder weniger ausgeprägt als Privathaushalte oder andere Gewerbe.
Unterschiede bei Ausgaben
Bruno Elmiger von der Agrotreuhand Sursee weist auf die enormen Unterschiede bei den Ausgaben beziehungsweise beim Privatverbrauch je nach Bauernfamilie hin. Der bewegt sich beispielsweise für durchschnittliche Luzerner Betriebe je nach Grösse zwischen 60'000 bis 100'000 Franken, im Berggebiet ist es deutlich weniger. Die Einkommenssituation und die privaten Ausgaben würden teils schon auseinander klaffen. Allerdings hänge die Aussagekraft einer Buchhaltung von den darin gemachten Angaben ab, so auch zum Privatverbrauch. Elmiger rät zu einer Analyse der Geldflüsse. Gerade aufgrund der verbreiteten Zahlung mit Karten oder Twint sei vielen gar nicht mehr bewusst, was wofür ausgegeben werde und ob die Ausgaben verhältnismässig seien.
Auch Einnahmen optimieren
Die Kostensteigerungen in den vergangenen Jahren seien tatsächlich markant, nicht nur bei Strom und Krankenkassenprämien, sondern auch bei Treib- und Brennstoffen, Dünger, Maschinen und beim Bauen. Da gebe es durchaus Sparpotenzial, indem mehr verglichen würde. Und er rät auch, die Kosten auf Plausibilität zu überprüfen. Er berichtet von einem Fall, wo über Jahre zu hohe Stromgebühren bezahlt wurden, weil über den falschen Zähler laufend, und das erst bei der Analyse der Stromkosten in der Buchhaltung bemerkt wurde. Elmiger rät allerdings auch, bei steigenden Kosten die Möglichkeiten für eine Erhöhung der Einnahmen zu prüfen. «Nicht alle Abnehmer zahlen ja die gleichen Preise.»
Haushaltkonto führen
Beda Estermann vom BBZN Hohenrain macht auch Budgetberatungen für Bauernfamilien in finanziell engen Situationen. Er weist darauf hin, dass Lebensmittel und Kleider grosse Ausgabeposten seien. Es lohne sich auch, bei Versicherungen und den Autokosten genauer hinzuschauen. In nichtlandwirtschaftlichen Haushalten machen hingegen die Wohnkosten und die Mobilität einen grossen Anteil aus.
Der in landwirtschaftlichen Buchhaltungen ausgewiesene Privatverbrauch sei allerdings mit Vorsicht zu betrachten, weil beispielsweise Nebeneinkommen oder Einkommen der Partnerin häufig nicht ausgewiesen würden. Für die transparente Erhebung des Privatverbrauches müssten alle Einkommen berücksichtigt werden. Er rät gerade jungen Bauernpaaren, die Einkommen separat in Konten zu führen und ein gemeinsames Haushaltskonto zu schaffen. Wer bei den Lebenshaltungskosten sparen wolle, solle genau hinschauen und zuerst Transparenz schaffen. «Vielen Leuten sind ihre effektiven Haushaltsausgaben gar nicht bewusst.»
Tipps zum Kostensparen in Haus und Hof gibt es unzählige, sinnvolle und weniger ratsame. Anzusetzen sei dort, wo die Wirkung am besten, die Nutzen- und Komforteinbusse aber am geringsten ist.
Kosten sparen im Betrieb
Auf Anfrage weist Sandra Helfenstein vom Schweizer Bauernverband für den Bereich Betriebswirtschaft auf die seit vielen Jahren erteilten Ratschläge hin:
Den eigenen Betrieb mit Beratungsunterstützung analysieren und die Produktionskosten vergleichen, um Sparpotenziale zu erkennen
- Überbetrieblich zusammenarbeiten und Geräte gemeinsam anschaffen
- Maschinen mieten statt kaufen, beispielsweise über die App «FarmX»
- Gemeinsam Hilfsmittel wie Dünger und Futtermittel einkaufen
- Einkaufsvorteile nutzen, beispielsweise von Maschinenring Schweiz
Helfenstein weist zudem auf die vielen Möglichkeiten hin, wie Energie gespart werden kann, so auf die Website von Agrocleantech. Und bei den Krankenkassenprämien lohne sich ein Vergleich der Kassen und eine Beratung durch die Versicherungsberatungsstellen der kantonalen Bauernverbände.
Spartipps gegen hohe Stromkosten
Nächstes Jahr steigen die Strompreise noch einmal deutlich an, im Schnitt um 18 Prozent, hat die Elcom Anfang September bekannt gegeben. Allerdings sind die regionalen Unterschiede je nach Energieversorger gross. Ein typischer Haushalt mit einem Verbrauch von 4500 kWh zahlt im kommenden Jahr über 32 Rappen pro kWh, fast 5 Rappen mehr als dieses Jahr.
50 Prozent in zwei Jahren
Erhöht werden sowohl die Netznutzungs- wie die Energietarife. Die Kostenexplosion um 50 Prozent innert zweier Jahre ist markant, noch 2022 musste für eine kWh im Schnitt rund 21 Rappen bezahlt werden. Auf Bauernhöfen, wo vergleichsweise wenig im Haus, immer mehr Strom aber auf dem Betrieb benötigt wird, schenkt die Kostensteigerung stark ein.
Ein Schweizer Landwirtschaftsbetrieb braucht im Schnitt 20 000 bis 30 000 kWh Strom. Auf tierintensiven und mit viel Elektronik ausgestatteten Betrieben wie auch auf Betrieben mit Verarbeitung oder Kühlung wie im Obst- oder Gemüsebau kann es ein Mehrfaches sein. Die Kostensteigerung der vergangenen zwei Jahre kann somit mehrere Tausend Franken ausmachen. Da lohnt es sich, den eigenen Verbrauch zu analysieren, auf mehr Effizienz zu setzen und zumindest einen Teil des Bedarfes selber mit Solarstrom zu produzieren.
Selber produzieren
Solarstrom kann meistens deutlich günstiger produziert werden, als der Strom vom Netz kostet. Weil die Rückliefervergütung allerdings derzeit tief ist, lohnt es sich kaum, die Anlagen zu gross zu dimensionieren. Vielmehr sollte die Kapazität auf den Verbrauch ausgerichtet werden, zumal dieser auf den Betrieben tagsüber höher ist. Mittelfristig werden wohl auch Speichermöglichkeiten wirtschaftlich, sodass der Tages-Sonnenstrom nachts oder bei nicht sonnigem Wetter genutzt werden kann.
Effizienz steigern
Für den Haushalt sind auf Websites wie Energie Schweiz eine Vielzahl von Spartipps zu finden:
- Duschen statt baden;
- Heiztemperatur senken;
- Wasserkocher statt Pfanne;
- mit tieferen Temperaturen waschen;
- LED statt Glühlampen;
- alte Stromfresser durch Energieeffizientere Geräte ersetzen.
Sparen im Betrieb
Mehr schenken Sparmassnahmen aufgrund des höheren Verbrauches im Betrieb ein. Als wirkungsvolle Sofortmassnahmen werden von Energie Schweiz und Agrocleantech folgende Möglichkeiten vorgeschlagen:
- Durchlauferhitzer statt Elektroboiler oder vorgeschalteter Wärmepumpenboiler;
- Umstellung auf LED-Beleuchtung
- Dämmen von Rohrleitungen.
Wer eine Übersicht über seinen Stromverbrauch möchte, nutzt am besten eine Energieberatung, welche auch von einigen kantonalen Bauernverbänden angeboten wird. Erst aufgrund einer umfassenden Analyse können die wirklichen Stromfresser eruiert und das Sparpotenzial auf dem Betrieb aufgezeigt werden. Empfehlenswert sind auch die vielen Förderprogramme, beispielsweise für Wärmepumpenboiler, Energieeffiziente Ferkelnester oder Ersatz von Kühlgeräten.
Weitere Informationen: www.agrocleantech.ch.
Tipps zu Krankenkassenprämien
Auch für nächstes Jahr steigen die Prämien bei der Krankenversicherung wieder markant, im Durchschnitt um über 8 Prozent, nachdem sie schon im Vorjahr um 6 Prozent wuchsen. Die mittlere Monatsprämie pro Person in der Grundversicherung beträgt nun rund 360 Franken.
In 20 Jahren verdoppelt
Mehr Arztbesuche, mehr ambulante Spitalleistungen und mehr teurere Medikamente hätten zu diesen höheren Kosten geführt, teilte der Bund Ende September mit. In den vergangenen 20 Jahren haben sich die Prämien mehr als verdoppelt. Kinderreiche Bauernfamilien spüren die Kosten, auch wenn die Prämienverbilligung hemmend wirkt. Die Prämienunterschiede in der Grundversicherung sind zwischen den Kassen beträchtlich und Vergleiche und allenfalls ein Wechsel sind empfehlenswert.
Die Versicherer müssen ihre Kundinnen und Kunden bis Ende Oktober über die neuen Prämien informieren, danach können die Versicherten bis Ende November ihre Grundversicherung wechseln oder ihr Versicherungsmodell anpassen.
Günstigere Modelle prüfen
Auch bei der bäuerlichen Krankenkasse Agrisano steigen die Prämien nächstes Jahr – allerdings unterdurchschnittlich – und die Kasse zählt je nach Kanton noch immer zu den günstigen. Agrisano weist auf ihre Kinderrabatte hin und rät zu höheren Franchisen. Wer statt des Standardmodells mit freier Arztwahl bereit ist, andere, preisgünstigere Modelle zu prüfen, hat auch bei Agrisano eine grosse Auswahl: Hausarztmodell, «Telmed»-Modell oder neu das digitale Versicherungsmodell «Agri-smart». Dabei wird zuerst eine App statt physisch ein Arzt konsultiert und erst dann beurteilt, ob ein Arztbesuch nötig ist oder das Problem online gelöst werden kann. Und deutlich tiefere Prämien seien bei längeren Wartefristen in der Taggeldversicherung möglich. Und der wichtigste Tipp von Agrisano zum Kostensparen: «Gehen Sie nur zum Arzt, wenn es wirklich nötig ist.»
Mehr Infos: www.priminfo.ch.