Die Landwirtschaft wäre prädestiniert für die eigene Energieproduktion und -versorgung. Bei den landwirtschaftlichen Fahrzeugen ist die Nutzung von Strom und alternativen Treibstoffen jedoch wenig präsent. Der selber produzierte Strom wird vor allem für die hofeigene Infrastruktur genutzt. Doch was sind die Gründe und welche Möglichkeiten gibt es, um dies zu ändern? Darüber referierte Roger Stirnimann, Dozent für Agrartechnik an der HAFL, am 16. Januar 2023 an einem Anlass der Kommission Landtechnik des Verbands Thurgauer Landwirtschaft.
Der Dieselmotor passte überall
Dass die Landtechnik bei der Energiewende scheinbar im Rückstand ist, liegt unter anderem an den verschiedenen Fahrzeugtypen (Grösse, Leistung, Lastanforderungen usw). Zudem sind die Produktionszahlen im Vergleich zu Autos und Lastwagen tief. Gemäss Roger Stirnimann werden pro Jahr gerade mal 2500 Feldhäcksler weltweit hergestellt.
«Bevor wir über alternative Antriebssysteme sprechen, müssen wir definieren, was alternativ heisst.»
Roger Stirnimann, Dozent Agrartechnik an der HAFL
Ein Hybridfahrzeug, das mit Strom aus Kohlekraftwerken und Diesel betrieben wird, sei nicht unbedingt umweltfreundlicher als ein mit fossilen Brennstoffen betriebenes Fahrzeug. «Der Dieselmotor ist ein Alleskönner und hat einfach überall gepasst», sagte Stirnimann. Das Problem liege nicht am Verbrennungsmotor, sondern an den verwendeten fossilen Energieträgern. Doch es gibt Alternativen: Dieselmotoren können auch mit flüssigen Alternativtreibstoffen betrieben werden. Deren Hauptvorteil ist, dass an der Fahrzeugarchitektur nichts geändert werden muss.
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Mit hofeigenem Biogas fahren
Mit Methan betriebene Gasmotoren sind im LKW-Bereich bereits stark verbreitet, und auch bei den Traktorenherstellern tut sich etwas. «Gasmotoren bieten die Chance, Biogas vom eigenen Betrieb als Fahrzeugtreibstoff zu nutzen», erklärte Stirnimann. Allerdings muss das Biogas dafür zuerst aufbereitet, sprich das CO2 ausgeschieden werden.
- Komprimiertes Methan (CNG): Gastraktoren mit CNG eignen sich für den mittleren Leistungsbereich. New Holland brachte 2022 den ersten grösseren Traktor auf den Markt, ausgestattet mit einem Sechszylindermotor mit 6,7 l Hubraum und einer Maximalleistung von 180 PS. Ein Nachteil sind die eingeschränkten Einsatzzeiten.
- Flüssiges Methan (LNG): Bei Gastraktoren mit speziellen, vakuum-isolierten Doppelwandtanks kann Methan in Flüssigform mitgeführt werden. Die höhere Energiedichte ermöglicht längere Einsatzzeiten.
Viel ausprobiert wird derzeit im Bereich Wasserstoffverbrennungsmotoren. Viele Hersteller sehen die Verwendung des kohlenstofffreien Wasserstoffs in Verbrennungsmotoren als wirtschaftlichste und praktikabelste Lösung, um kurz- und mittelfristig CO2-Reduktionen zu erzielen.
Batteriebetrieb bei Kleingeräten
Batterie-betriebene Fahrzeuge eignen sich für kleinere Maschinen, die in Hofnähe eingesetzt werden. Je grösser das Fahrzeug wird, umso grösser ist der Platzbedarf für die Batterien und ihr Gewicht. Eindrücklich war die von Stirnimann gezeigte Grafik zu verschiedenen Fahrzeugen: Ein Traktor mit einer Nennleistung von 300 kW bräuchte ein Batterievolumen von 9 m3, das Batteriegewicht beträgt 13 t. «Für grosse Fahrzeuge nicht praktikabel», kommentierte der Referent.
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Bei leistungsstarken Landmaschinen sieht er derzeit keine Alternative zu Verbrennungsmotoren und alternativen Flüssigtreibstoffen. Für Traktoren und kleine Gerätschaften hingegen gebe es je nach Fahrzeug und Anwendung verschiedene alternative Antriebslösungen. «Bei kleinen Fahrzeugen mit der Batterieelektrik, im mittleren Bereich mit Gasantrieben», betonte Stirnimann. Das Thema bleibt also spannend, die Hersteller haben noch viel zu tun.
