Ende September erhielten die ersten 15 Betreiber von noch offenen Güllelagern im Kanton Luzern von der Dienststelle Umwelt und Energie (UWE) eine Verfügung zur Sanierung. Es ist der Start des über mehrere Jahre laufenden Vollzugs der Massnahme M1 im neuen Ammoniak-Massnahmenplan, welche der Regierungsrat Anfang Juni 2020 in Kraft gesetzt hat.
Der Plan umfasst insgesamt neun Massnahmen. M1, nämlich die Sanierung der rund 1200 noch offenen Luzerner Güllelager, sei aber wirkungsvoll, weil eine der Hauptquellen für die zu hohen Ammoniakemissionen. 13 Prozent aller Emissionen stammen aus offenen Hofdüngerlagern, noch mehr entweichen aus Stall und Laufhof mit 41 Prozent und bei der Hofdüngerausbringung mit 44 Prozent.
Kosten selber tragen
Angeschrieben wurden vorerst jene Bauern mit den grössten Güllelagern, erklärt Paul Hürlimann, Abteilungsleiter beim UWE. Der weitere Versand erfolgt etappenweise in grösseren Tranchen, und zwar nicht regionsspezifisch, sondern gemäss Grösse der abzudeckenden Güllelager.
Die Lager würden nach Dringlichkeit abgedeckt, je grösser die Fläche, umso höher die Emissionen. Und Schweinegülle emittiere deutlich mehr Ammoniak als reine Rindergülle. Deshalb würden die Betreiber in drei Prioritätsstufen zur Sanierung aufgefordert, heisst es im mitversandten Merkblatt (siehe Kasten). Gerechnet wird mit Kosten von bis zu 30 Mio Franken, welche die Betreiber selber zu tragen haben.
Der Nutzen überwiegt
Laut einer Erhebung von Ecoplan von 2019 über die volkswirtschaftliche Beurteilung der Revision der Luftreinhalteverordnung sind noch rund 17 Prozent aller Güllelager in der Schweiz nicht abgedeckt, das seien rund 7000.
Kalkuliert wurden jährliche Gesamtkosten für die Abdeckung von rund 10,6 Mio Fr. oder jährliche Kosten von rund 1500 Franken pro Güllelager. Die Folgekosten auf die Ökosysteme und die Gesundheit könnten aber um 34 Mio Fr. pro Jahr verringert werden. Dies, weil die Gesamtemissionen von Ammoniak aus der Landwirtschaft durch die Abdeckung der Güllelager um zwei Prozent reduziert würden.
Vielen Bauern nicht bewusst
Er habe derzeit viele Anfragen, wer wann was abzudecken habe, sagt der Luzerner Ammoniak-Beauftragte Markus Bucheli. Offensichtlich sei vielen Bauern noch nicht klar, was auf sie zukomme. Dass neue Güllelager abzudecken sind, sei bekannt. Ebenso gilt bei anstehenden Bauprojekten, so bei Stallumbauten oder auch Wohnprojekten in der Landwirtschaft, dass offene Güllelager gleich saniert werden.
«Die Abdeckpflicht für offene Güllelager kommt ohnehin bald schweizweit.»
Markus Bucheli, Luzerner Ammoniak-Beauftragter, über die künftige Auflage in der Luftreinhalteverordnung.
Früher mitfinanziert
Neu sei, dass der Kanton Luzern nun alle bestehenden Lager abdecken will, teils vorgezogen von der geplanten Luftreinhalteverordnung (LRV), welche dies ab 2022 mit Frist bis 2030 für obligatorisch erklären will, in allen Kantonen. Vor Jahren gab es für Abdeckungen von Güllelagern in zahlreichen Kantonen noch Beiträge. So im Kanton Luzern bereits ab 2009, im Rahmen des vom Bund genehmigten Ressourcenprojekts Stickstoff. Wie Markus Bucheli erklärt, reichten aber nur wenige Luzerner Bauern ein Gesuch für Beiträge ein, bis Ende 2014 lediglich 78. Von den eingereichten Gesuchen wurden vier zurückgezogen und fünf abgelehnt.
Am meisten wurde mit Spannbeton-Hohlelementen abgedeckt, aber auch die Zeltdach-Abdeckung oder Ortbetondecken seien beliebt gewesen (s. Kasten). Der durchschnittliche Beitrag betrug rund 16 200 Franken. Damit seien im Schnitt 60 Prozent der ausgewiesenen Kosten entschädigt worden, weiss Bucheli.
Zug und Schwyz forcierten
In der übrigen Zentralschweiz, mit eigenem Ressourcenprojekt Ammoniak von 2010 bis 2015, wurden viel mehr Gülleabdeckungen finanziert als in Luzern. So wurden 107 Abdeckungen mitfinanziert, viel mehr als erwartet, heisst es im Schlussbericht von 2015. Vor allem in Schwyz und Zug hätten die Behörden die Bauern viel proaktiver auf diese Möglichkeit gedrängt, als es noch finanzielle Unterstützung gab, bestätigen sowohl Bucheli wie auch Michael Kohli, Geschäftsinhaber der gleichnamigen Firma in Gisikon. «Luzern hat dies etwas verschlafen», bedauert Kohli.
Nun sei der Druck in Luzern mit noch immer 1200 ungedeckten Lagern eben viel höher als in anderen Kantonen. Auch jetzt seien die Luzerner Bauern immer noch sehr zögerlich und würden abwarten, bis ihnen die Verfügung ins Haus flattere. Mit ein Grund sei wohl auch, dass wegen der aktuellen baulichen Auflagen zur Ammoniakreduktion dieser «Joker» für die Bewilligungsfähigkeit von Baugesuchen nicht voreilig verspielt sein will. Bekanntlich muss nach einem Bauprojekt im Kanton Luzern die Ammoniakreduktion 20 Prozent tiefer liegen als vor dem Bau. Die Abdeckung von Güllelagern ist eine der Massnahmen, um dies zu erreichen.
Es wird nach Priorität saniert
Bis 2030 sind im Kanton Luzern alle noch offenen 1200 Güllelager abzudecken.
In erster Priorität sind dies grosse Lager mit mehrheitlich Schweinegülle, mit einer Oberfläche von mehr als 140 m2, das entspricht einem Durchmesser von über 13,4 m. Gerechnet wird mit 500 Anlagen. Die Sanierungsfrist beträgt ab Verfügung drei Jahre bis spätestens 2025.
In zweiter Priorität sind es kleinere Lager mit mehrheitlich Schweinegülle mit einer Oberfläche von weniger als 140 m2, sowie Lager für ausschliesslich Rindergülle mit mehr als 140 m2 Fläche. Gerechnet wird mit rund 350 Anlagen. Die Frist zur Sanierung beträgt ab Verfügung drei Jahre, bis spätestens 2027.
In dritter Priorität schliesslich sind alle übrigen offenen Güllelager zu sanieren, ebenfalls innert drei Jahren ab Verfügung, spätestens bis 2030.
Gemäss Merkblatt sind auch die geschätzten rund 250 Güllelager betroffen, die nicht mehr genutzt werden. Diese seien gemäss Raumplanungsgesetz rückzubauen. Oder es müsse eine Bewilligung eingeholt werden für eine andere landwirtschaftliche Nutzung wie Regenwasserspeicher.
Alle Betreiber werden nun in den nächsten Jahren gemäss Priorität angeschrieben und gebeten, mit einem Entwurf des Entscheides das rechtliche Gehör wahrzunehmen. Dafür stehen 90 Tage zur Verfügung. Verpflichtet sich der Betreiber, die Abdeckung innert zwölf Monaten vorzunehmen, ist dies mit einem Rückmeldeformular zu bestätigen. Erfolgt dies nicht, erlässt das UWE einen kostenpflichtigen Entscheid, die Gebühren betragen gemäss dem der Redaktion vorliegenden Muster rund 750 Franken. Ab Entscheid gilt die dreijährige Sanierungsfrist, wobei der Entscheid beim Kantonsgericht angefochten werden kann.
Das UWE weist im Merkblatt auch darauf hin, dass mit der anstehenden Anpassung der Luftreinhalteverordnung (LRV) per Januar 2022 die Abdeckung von bestehenden Güllelagern in der ganzen Schweiz bis 2030 zur Pflicht wird. Deshalb werde dann auch die Direktzahlungsverordnung angepasst. Mit Verweis auf die LRV werde dies somit eine Vorgabe im ökologischen Leistungsnachweis. Sind Güllelager nicht abgedeckt, könne dies künftig zu Kürzungen bei den Direktzahlungen führen.
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Silodach auf einem emaillierten Güllelager. Zeltabdeckungen eignen sich vor allem bei grossen Durchmessern. (Bild Kohli AG)
Beton ist am günstigsten
Gemäss Merkblatt des UWE sind mehrere technische Möglichkeiten für die Abdeckung von Güllelagern denkbar: Schwimmfolien, Zeltdach aus Kunststoff, individuelle Holzabdeckung oder Stahlkonstruktion, Spannbeton-Hohldecken-Konstruktion oder Ortbetondecke. Michael Kohli von der Kohli AG empfiehlt auf Betonlagern einen Betondeckel. Voraussetzung sei allerdings, dass mit Lastwagen und Pneukran zugefahren werden könne.
Gar nicht ratsam seien teilschwimmende Abdeckungen, weil Schneelast und Wind grosse Risiken seien. Auch Edi Arnold von der Firma Arnold Partner in Schachen empfiehlt Beton, das sei am preisgünstigsten bis zu Durchmessern von maximal 16 m. Darüber brauche es Zeltkonstruktionen, welche bis 30 m und mehr Durchmesser möglich sind. Im Berggebiet seien auch Holzkonstruktionen sinnvoll, wo die Zufahrten mit den langen Betonelementen nicht möglich sei.
Arnold erwähnt in diesem Zusammenhang ein laufendes Projekt, das vom Bund begleitet werde. Durch Ansäuerung der Gülle soll der pH-Wert gesenkt werden, was die Ammoniakemission um bis zu 80 % reduziere. So könnte teils im Berggebiet auf die technisch anspruchsvolle Abdeckung von Güllelagern verzichtet werden. Entsprechende Versuchsergebnisse sollen nächsten Frühling vorliegen. Kostenmässig sei für ein durchschnittliches Güllelager von 14 m Durchmesser für die Abdeckung mit rund 18 00 Franken zu rechnen, erklären die beiden Anbieter. Pro m2 gilt ein Preis von 120 bis 140 Franken.