Seit ihrer Gründung vor fünf Jahren ist es die Aufgabe der Swiss Future Farm (SFF) im thurgauischen Tänikon, neue Smart-Farming-Technologien in der Praxis anzuwenden und den Landwirt(innen) näherzubringen. Dazu gehören auch regelmässige Betriebsführungen und Weiterbildungen. Vor einer Woche führte sie ein Webinar durch, in dem die Zukunft der Robotik auf dem Acker erörtert wurde.
Bei Unvorhergesehenem wird es schwierig
«Ziel eines Ackerroboter ist es, dass dieser die Aufgaben sowohl vom Traktor wie auch vom Fahrer übernimmt», sagte Roman Gambirasio von der GVS Agrar, der als Technikverantwortlicher an der SFF tätig ist. Ein Roboter soll demnach nicht nur mit Antriebskraft ausgerüstet sein, sondern wie ein moderner Traktor auch mit Mess-und Anzeigefunktionen. Darüber hinaus soll er autonom lenken und technische Einstellungen vornehmen können, wofür bei der konventionellen Arbeitsweise der Fahrer zuständig ist.
Auch bereits moderne Traktoren verfügen teilweise über solche Möglichkeiten. «Kniffliger wird es allerdings beim Voraussehen und Überprüfen. Beides ist in der Praxis nach wie vor schwierig durch einen Roboter umzusetzen», so Gambirasio. So ist dieser begrenzt in seinen Möglichkeiten, auf etwas Unvorhergesehenes adäquat zu reagieren, etwa, wenn beim Gefährt ein Stein eingeklemmt ist.
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Ein Spezialist im cleveren Hacken von Unkraut
Bei Robotern im Ackerbau wird unterschieden zwischen Spezialisten und Generalisten: Ein Spezialist ersetzt bestimmte Handarbeiten wie beispielsweise das Hacken von Unkraut. Seine Einsatzmöglichkeiten sind auf wenige Arbeitsgänge beschränkt, die er jedoch perfekt ausführt. Geräte dieser Art sind oftmals leicht gebaut und benötigen wenig Kraftaufwand. Ein Beispiel dafür ist ein Hackroboter, der zwischen Gemüsereihen Unkraut sucht und hackt. Zu dieser Kategorie gehört auch der Farmdroid, der Zuckerrüben mit Hilfe von GPS exakt sät und sich dabei die Positionen merkt, um zu einem späteren Zeitpunkt darum herum Unkraut zu hacken.
Ein Generalist kann vielseitig eingesetzt werden
Ein Generalist, häufig auch Geräteträger genannt, lässt sich dagegen mit verschiedenen Arbeitsgeräten ausstatten. Er ersetzt zugleich Traktor und Fahrer und kann für eine Reihe von Tätigkeiten eingesetzt werden. Seine Leistungsfähigkeit entspricht mit 100 bis 200 PS etwa dem eines Traktors. Zudem verfügt er über eine hohe Nutzlast und wird in der Regel mit Diesel betrieben. «E-Fahrzeuge dagegen sind für diese Leistungsstärke nicht möglich, die Batterien wären zu schwer dafür», so Gambirasio. Ein Beispiel für einen Generalisten ist der Robotti. Dieser ist mit 3,1 Tonnen leichter als ein Traktor, kann in vielen Bereichen eingesetzt werden und weist trotz seiner 150 PS Leistung einen sehr geringen Dieselverbrauch auf.
Auf der Swiss Future Farm gehört er seit rund zwei Jahren zum Fuhrpark. «Unserer Erfahrung nach ist der Robotti sehr vielseitig», sagt der Fachmann. Dass die Räder jeweils zwischen den Reihen fahren, sei ein weiterer Pluspunkt, so Gambirasio. Für Gemüsekulturen eigne er sich besonders. «Sein wohl grösster Vorteil ist jedoch, dass der Robotti 24 Stunden am Stück einsetzbar ist, also weit länger als eine menschliche Arbeitskraft. Weil er autonom arbeitet, hat das Personal mehr Zeit für andere Tätigkeiten.»
Noch gibt es wenig marktreife Modelle
Die Entwicklung von autonomen Geräten macht es möglich, vermehrt Arbeitszeit einzusparen. Daher nicht verwunderlich: «Treiber der Robotik ist vor allem der zunehmende Fachkräftemangel in der Landwirtschaft», sagt Gambirasio. Obwohl an vielen Roboter-Konzepten getüftelt wird, gibt es allerdings noch kaum marktreife Modelle. Zu den wenigen, die auf Bestellung erhältlich sind, gehören Farmdroid und Robotti. Doch für wen lohnt sich die Anschaffung? «Denkbar ist, dass sich Roboter vermehrt bei Lohnunternehmern etablieren werden, während sie sich für kleinere Betriebe weniger rentieren. Bereits heute bieten manche Lohnunternehmer Einsätze mit Drohnen an, beispielsweise zur Applikation mit Pflanzenschutzmitteln in schwer zugänglichen Rebbergen.»
Ein Webinar-Teilnehmer wollte zudem wissen, wie es mit der Aus- und Weiterbildung in Smart-Farming-Technologien an den landwirtschaftlichen Schulen aussieht. «Im Lehrplan sind sie noch nicht verankert», sagte Florian Abt, ebenfalls vom SFF-Operating-Team. «Doch an verschiedenen Betriebsleiterschulen gibt es bereits ein Modul Smart Farming, das Interesse ist steigend.» Ein weiterer Teilnehmer wünschte sich einen Blick in die Zukunft. Roman Gambirasio meinte: «Den Standardtraktor gibt es wohl auch in 20 Jahren noch. Er wird jedoch die Fähigkeit erhalten, autonom zu fahren, was ihn zur Konkurrenz zum Geräteträger macht.» Für bestimmte Aufgaben, etwa für Transportarbeiten, werde es aber weiterhin einen Fahrer brauchen.
Grosse Unterschiede
Spezialist (z. B. Farmdroid)
-erledigt eine spezifische Arbeit (Säen und Hacken)
-Geschwindigkeit > 1 km/h
-leicht gebaut, durch Solarenergie angetrieben
-legt jedes Saatkorn an vorgegebener Position ab
-Investition: günstiger als der Generalist
Generalist (z. B. Robotti)diverse Arbeiten umsetzbar
-Geschwindigkeit 1–6 km/h
-Dieselmotor, hebt 900 kg
-nutzt diverse bestehende Anbaugeräte des Traktors