Mit der doppelten Nutzung landwirtschaftlicher Flächen durch das Pflanzen von Baumreihen hat die Lehmann AgroForst AG in Mattstetten BE nichts am Hut. Der Name entstand, bevor AgroForst in diesem Zusammenhang ein Begriff war und verweist daher vielmehr auf zwei Tätigkeitsfelder des Lohnunternehmens: Land- und Forstwirtschaft.

Mittlerweile ist auch der Bereich Kommunalarbeiten dazu gekommen. Mitte April konnten Besucher(innen) die diversen Maschinen und die Heizzentrale des Wärmeverbunds an den «Tagen der offenen Türen und Tore» in Augenschein nehmen.

Gute Verdichtung

Lehmann AgroForst ist vor allem bekannt für seine Masballenpressen. Das kommt nicht von ungefähr, schliesslich hat Fritz Lehmann, der heute noch als Mitarbeiter im Einsatz steht, die Geschichte dieser Maschinen geprägt (siehe Kasten). «Fürs Pressen arbeiten wir mit anderen Lohnunternehmern zusammen», erklärt Pascal Schori, Mit-Inhaber von Lehmann AgroForst. Man plane jeweils so, dass die Maschine einen Tag lang in einem Gebiet betrieben werden kann. «Je nach Substrat und Zufahrt pressen wir 35 Maisballen pro Stunde», so Schori. Eine ordentliche Verdichtung brauche etwas mehr Zeit, gibt er zu bedenken, komme aber der Haltbarkeit der Silage zugute. «Wir haben immer auf Qualität gesetzt, bei den Maschinen und auch bei den Folien – das lohnt sich», ist er überzeugt.

Ein weiter Kundenradius mit Landwirten im Emmental, Jura und bis nach Olten/Härkingen sowie ein langjähriger Stamm von Mitarbeitenden für die intensive Erntezeit geben dem Unternehmen recht. «Wir können in der Saison auf einen Pool von Leuten zurückgreifen, die jedes Jahr wiederkommen», schildert Mit-Inhaber Markus Bill. So sind in dieser Zeit 15 Mitarbeitende für das Lohnunternehmen im Einsatz, das ganzjährig über 4,5 Fixstellen verfügt.

Der tüftelnde Patron Fritz Lehmann hat der Firma nicht nur zu Bekanntheit im Zusammenhang mit Maisballenpressen verholfen, sondern auch zu einem bodenschonenden Überladewagen. Er fährt im Hundegang hinter dem Maishäcksler her, was einerseits die Überfahrt eines begleitenden Traktorgespanns einspart und andererseits verhindert, dass Wagen und Häcksler in derselben Spur den Boden belasten. «Der Überladewagen hat auch Hangausgleich», berichtet Fritz Lehmann, «da haben wir alles gegeben, was ging.» Landtechnik-Hersteller hätten sich aber aus Kostengründen nicht dafür interessiert. Zumal es fürs Koppeln dieses Überladewagens auch kostenintensive Aufrüstungen am Häcksler brauche.

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Stoppeln zertrümmern

Eine andere Zusatzausrüstung im Maschinenpark von Lehmann AgroForst gibt es hingegen ab Stange: Ein Maishäcksler ist mit einem «Stalk Buster» ausgerüstet. Dabei handelt es sich um eine Art rotierende Stahlkeule, die ins Maisgebiss integriert ist und die Stoppeln zertrümmert. Das hindert den Maiszünsler daran, im Stoppelfeld zu überwintern. «Weil das Schlegeln der Maisstorzen vor der Überfahrt geschieht, ist es effizienter», erklärt Pascal Schori. Es bleiben keine Stoppeln intakt, weil sie durch die Räder des Häckslers in die Erde gedrückt und so ausser Reichweite gebracht worden wären. Das 8-reihige Maisgebiss arbeite durch den Stalk Buster nicht langsamer. Ein pneumatisches Drucksystem sorgt für den nötigen Anpressdruck und lässt den Erntefortsatz der Bodenkontur folgen.

Neben Qualität ist die Ausrichtung an Kundenwünschen ein weiterer Grundsatz von Lehmann AgroForst. Vor diesem Hintergrund hat das Unternehmen eine All-in-one-Kartoffelsetzmaschine angeschafft.

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All-in-one ist gefragt

«Wir hatten in unserem Gebiet eine grosse Nachfrage, Solo-Maschinen haben die Landwirte oft selbst», erklärt Markus Bill. Die Maschine ist mit einer Beizanlage ausgestattet und schaffe eine Flächenleistung von 1 ha pro zwei Stunden. Am Tag der offenen Türen und Tore ist die Kartoffelsetzmaschine die einzige, die nicht auf Hochglanz poliert ist – sie kommt quasi direkt vom Feld. Trotzdem passt sie bestens ins Bild, denn mit GPS, Überwachungskamera und angepasstem Pflanzabstand in Randreihen bringt sie wie der Rest der Flotte moderne Landtechnik auf den Acker.

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Maisballenpresse erfunden

«Es gab schon Graspressen, aber für Mais waren lediglich Silos bekannt», erinnert sich Fritz Lehmann. Der heute 73-Jährige war in den 1980ern selbst Betriebsleiter und lieferte Milch für die Produktion von Emmentaler. Die Regeln seien angepasst worden und die Produzenten durften neu einen Monat länger Silofutter einsetzen. «Entsprechend haben wir die alten Silos durch grosszügig dimensionierte neue ersetzt», schildert Lehmann. Aber sobald die Kühe im Frühling das Gras rochen, verschmähten sie das konservierte Futter, so seine Beobachtung. Es blieben Reste in den Silos, die heiss wurden und zu gären anfingen. «Ich habe einen Weg gesucht, Maissilage länger haltbar zu machen.»

Ein Tag für 5–6 Ballen
An einer Ausstellung in Deutschland sah Fritz Lehmann den Prototyp einer Maisballenpresse. «Aber die war 50 Meter lang und brauchte einen ganzen Tag, um 5–6 Maisballen zu pressen», erzählt er. «Ich ging nach Hause und sagte zu meiner Frau: Das kann es nicht sein.» Von 1996 bis 1998 brachte er seine Ideen zu Papier. Zuerst wollte er eine Komplettlösung, mit der ein Mann alleine mähen, häckseln und Maisballen pressen könnte. Doch dann schwenkte er um und beschloss, mit einem Göweil-Chassis zu arbeiten. Nach mehreren Absagen bei Herstellern und Marken erklärte sich die Landtechnik Zollikofen zu einer Zusammenarbeit mit Fritz Lehmann bereit – unter der Voraussetzung, dass er die Kosten übernahm. Er überwies also eine stattliche Summe auf ein Konto und der Werkstattchef von Landtechnik Zollikofen konnte die Arbeit an der neuartigen Maisballenpresse als «Fritz’ Projekt» verbuchen.

1999 die erste Maisballe
Eine Occasion-Graspresse aus Deutschland erwies sich als zu schwach für das Vorhaben, damit Maisballen zu pressen. «Wir haben sie auseinandergenommen, die Teile so gezeichnet, wie wir sie für die neue Maschine brauchten und entsprechend lasern lassen», schildert Fritz Lehmann. Im September 1999 entstand in dem Gerät die erste Maisballe. «Allerdings funktionierte die Rückführung noch nicht», so der Tüftler. Daran arbeitete er weitere 10 Tage, bevor die ersten Übungsversuche stattfanden und die Presse sodann im ersten Praxiseinsatz bei einem Landwirt stand. Das nächste Problem: Die Maisballen waren zu schwer, die gängigen Traktoren konnten sie nicht anheben. Lehmann verkleinerte die Presskammer, sodass die Maisballen nicht mehr als eine Tonne wogen.

Dieselbe Presskammer
18 Maschinen wurden nach diesem Plan gebaut, bis die Landtechnik Zollikofen ausstieg. Aus Gründen der Produkthaftung wollte Fritz Lehmann nicht alleine weitermachen. «Es war auch zu teuer», ergänzt er. Heute besitzt die Lehmann AgroForst AG sieben Maisrundballen-Pressen. Die Presskammer darin sei noch immer dieselbe, wie er sie einst konstruiert hat, sagt Lehmann.