In diesem typischen Emmentaler Dörfchen scheint die Zeit auf den ersten Blick stehen geblieben zu sein. Passend zum idyllischen Ortsbild hat Familie Stalder noch bis vor einem Jahr ihre Milchkühe gehalten: In einem 40-jährigen Anbindestall wurden die 32 Milchkühe mit dem Standeimer gemolken und der Mist mit Mistgabel und Schubkarren zum Misthaufen gebracht.
«Früher klingelte der Wecker täglich um zwanzig vor fünf Uhr und dann rannten wir einfach: Füttern, misten, Melken. Wir durften nicht trödeln, denn wir wussten, dass wir die Milch um sieben Uhr in der Sammelstelle abliefern müssen», erklärt Michael Stalder.
Heute kann der Landwirt eine Stunde länger schlafen und steht nicht mehr unter Zeitdruck. Das Melken übernimmt jetzt ein Melkroboter und die Milch wird vom Lastwagen direkt auf dem Hof abgeholt. Auch das Misten im neu gebauten Laufstall erfolgt nicht mehr von Hand und beim Füttern hilft ein Futtermischwagen. «Wir trauern dem Anbindestall nicht nach, in keinem Punkt», stellt Katrin Stalder bereits zu Beginn des Treffens klar. Während den nächsten zwei Monaten wird auch das Futterzuschieben maschinell gemacht, denn anlässlich von Lelys Tagen der offenen Tür (siehe Kasten unten) dürfen Stalders den Futterzuschieber Lely Juno testen.
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Ein Umgewöhnen für alle
Das anfänglich geplante Projekt, den bestehenden Anbindestall umzubauen, war nicht bewilligungsfähig. Daher wurde ein komplett neuer Laufstall gebaut.
Als der Neubau vor einem Jahr einzugsbereit wurde, gewöhnte man die Kühe langsam an ihn. Der Startschuss fiel an einem Freitagmorgen im März 2024. Während den ersten drei Tagen wurden die Kühe noch im Anbindestall gemolken, verbrachten aber den ganzen Tag in ihrem neuen Zuhause und konnten dort die Liegeboxen, den Laufhof und auch den Futtertisch austesten. «Es war eigentlich wie bei der Vollweide, wo man die Tiere nur zum Melken in den Stall nimmt», erklärt Michael Stalder.
In dieser Zeit lernten die Kühe, dass sie das Kraftfutter im Roboter bekommen: Stalders sperrten die Kühe in den Laufhof und führten jede einzeln an der Halfter durch den Roboter. Dieser besitzt ein Anlernprogramm, bei dem die Tiere erstmals mit der Umgebung und den Geräuschen vertraut werden können: Der Lely-Roboter gibt die berechnete Kraftfutterration und lässt den ganzen Melkprozess ablaufen, fährt dabei aber mit seinem Arm nicht unter die Kuh, berührt also das Euter nie.
Nach drei Tagen – am Montagmorgen – wurden die Kühe zum letzten Mal vom Laufstall in den Anbindestall geholt und dort gemolken. Vor dem abendlichen Melken trieben Stalders die Kühe aber in den Laufhof, wo sie wieder durch den Roboter zurück in den Stall gelangten – nur diesmal inklusive Melken. Zwei Techniker von Lely unterstützten Familie Stalder dabei und zeigten Stalders, wie das Melken im Roboter funktioniert. «Es hatte ein paar Kühe dabei, die beim ersten Mal nicht alle Milch gegeben haben. Diese hat man dann ins Fressgitter gelassen, nach einer Weile wieder geholt und nochmals durch den Roboter geführt», erklärt Michael Stalder.
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Die älteste Kuh macht es vor
Das Anlernprogramm wendet der Lely Astronaut auch beim Anmelken von Rindern an. Er sei froh, diese Aufgabe dem Roboter abgeben zu können, denn im Anbindestall habe dies manchmal sehr viel Nerven benötigt, meinte Michael Stalder. «Denn das Schöne am Roboter ist, dass er nicht zurückgibt. Er hat auch immer die gleiche Laune und gibt nie ein Tier auf», so Stalder weiter.
Interessanterweise waren meistens die Kühe, bei denen die Familie am meisten Bedenken hatte, diejenigen, die sich am schnellsten an den Roboter gewöhnten. So auch die Kuh Marona: Sie war die älteste Kuh im Stall und Vater Werner Stalder meinte «nehmt doch diese Kuh nicht noch in den neuen Stall, tut ihr dies doch nicht an.» Doch Marona ging zielgerichtet zum Roboter «und war die erste Kuh, die im Roboter gemolken wurde», erinnert sich Tochter Salome stolz an ihre Lieblingskuh.
Betriebsspiegel
Michael und Katrin Stalder mit ihren Kindern Lena, Manuel und Salome; Eltern Werner und Ruth Stalder
Ort: Rüedisbach BE
Viehbestand: 46 Milchviehplätze, 40 Aufzuchtplätze, 94 Mastschweine
Milchleistung: 8700 kg pro Kuh und Jahr; 4,5 % Fett, 3,4 % Eiweiss
LN und Kulturen: 33ha LN mit Kunstwiese, Getreide, Silomais, Hochstammbäumen, Wald
Photovoltaik: Dachleistung von 236kWp, Wechselrichterleistung von 200kW; so kann ein grosser Teil der auf dem Hof benötigten Energie selbst produziert werden
Technik wird zentral
Auch das Misten ist mit dem Roboter stark vereinfacht worden: Der Lely Collector kennt sieben verschiedene Routen und nimmt jede Stunde eine Route in Angriff, die Routen und die Häufigkeit können manuell programmiert werden. So mistet der Roboter beispielsweise die Fressachse vor allem in der Nacht, damit die Kühe tagsüber ungestört fressen können.
Die Kühe dürfen in der Vegetationsperiode meistens Vormittags auf die Weide. Ein Weidetor ist nicht eingerichtet. Mit nur rund 45 Kühe gehe es aber gut ohne, meint Michael Stalder. Dafür muss vor dem Auslassen am Computer kontrolliert werden, ob noch eine Kuh dringend gemolken werden muss. Falls ja, führt Stalder diese zum Melkroboter, sodass es dann für die ganze Herde auf die Weide gehen kann.
Der bürokratische Aufwand hält sich trotz viel Technik im Stall in Grenzen: Obschon am Computer täglich die Daten des Roboters angeschaut werden müssen, nehme dies nicht viel Zeit in Anspruch – wer möchte, könne sich aber auch stundenlang mit den gemessenen Daten des Roboters befassen.
Wenn Probleme auftauchen, meldet sich der Melkroboter bei Familie Stalder per Nachricht oder Anruf – wenn es sein muss auch Nachts. Doch letzteres wirklich nur in dringenden Fällen. Grössere Störungen kämen selten vor. Und wenn, dann kann Michael Stalder zu jeder Uhrzeit den Techniker oder eine Hilfehotline von Lely anrufen. Bis jetzt konnte aber jedes Problem durch die Fernwartung und telefonischen Anweisungen behoben werden.
«Lely hat immer gesagt, die Umstellung sei für den Bauer grösser als für die Kühe», erinnert sich Michael Stalder. Damit sich für die Kühe nicht alles auf einmal änderte, kauften sich Stalders zwei Winter vorher einen Futtermischwagen. So konnten sich die Kühe bereits früher an die neue Futterration gewöhnen.
Einen Nachteil habe der Laufstall aber: Besonders wenn mehrere Kühe gleichzeitig stierig sind, muss man die Tiere in die Separationsbox nehmen oder gar in die Liegeboxen binden, da das Risiko von Verletzungen bei ständigem gegenseitigem Bespringen im Laufstall zu gross wäre.
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Melkroboter bringt Flexibilität
Die Realisation eines Neubaus mit moderner Technik war nötig, damit der Stall zukunftsfähig ist. Im Anbindestall waren Michael und Katrin Stalder auf die Hilfe der älteren Generation angewiesen. In die Ferien zu fahren, war für die Familie nicht denkbar. Dank der Arbeitserleichterung im neuen Stall gewinnt die Betriebsleiter-Familie ein Stück Lebensqualität zurück. «Wir bauten den Stall für uns, und nicht im Hinblick auf einen Hofnachfolger. Aber die Chance, dass jemand weiterfahren möchte, ist nun sicher grösser, als wenn unsere Kinder nur sehen, wie anstrengend und zeitintensiv die Arbeit im Anbindestall ist», erklärte das Betriebsleiterpaar.
«Früher waren wir an Familienfesten immer die Ersten, die nach Hause mussten. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Für unser Familienleben ist das ein grosser Gewinn. Die erste Weihnacht ohne festes Zeitlimit war für unsere Kinder einmalig. So sagten sie auf der Hinfahrt «So und heute gehen wir als die Letzten nach Hause!», erzählt Katrin Stalder schmunzelnd. Aber auch wenn die Technik viele Arbeiten übernimmt, muss jemand in den Stall, denn «schauen muss man trotzdem noch, weil es sind immer noch Kühe – sie kalben ab, sind stierig, können lahm gehen und so weiter. Wir sind aber sicher flexibler als zuvor», so Stalder weiter. Am meisten an einen zeitlichen Rhythmus gebunden ist dabei das Kälbertränken. Durch die Arbeitserleichterung kann nun aber auch eine Person alleine den Stall machen. So bleibt Michael Stalder im Sommer manchmal auf dem Feld, während Katrin Stalder in den Stall geht.
Auch wenn also immer noch Milchkühe auf dem Betrieb von Stalders stehen, hat die Zeit auch ihre grossen, positiven Veränderungen mit sich gebracht. So hat sich auch in diesem kleinen Emmentaler Dörfchen die Zeit weitergedreht.
Lelys Tage der offenen Tür
Am 26. und 27. April lädt Lely zu seinen Tagen der offenen Türe auf dem Milchviehbetrieb von Michael und Katrin Stalder in Rüedisbach BE ein. Alle Besucher sind am Samstag von 14 bis 22 Uhr sowie Sonntag von 10 bis 17 Uhr herzlich zu einer Stallbesichtigung eingeladen. Mit Fachpersonal von Lely und Infoplakaten vor Ort möchte Lely über die Milchwirtschaft informieren. Um den Hunger und Durst zu stillen, lädt die Festwirtschaft zum Verweilen ein. Für den Nachwuchs sorgt ein Unterhaltungsprogramm mit Wettbewerb und Hüpfburg.
Adresse
Michael und Katrin Stalder
Ferrenberg 245
3474 Rüedisbach BE