«Das ist wie eine Versicherung, die man hoffentlich wenig braucht», meinte Christian Wolf, Präsident Maschinenring Ostschweiz, zum Nutzen von Notstromaggregaten. Auf vielen Bauernhöfen mit moderner Mechanisierung ist die Anschaffung solcher Geräte in den letzten Monaten zum Thema geworden, um bei möglichem Stromausfall gewappnet zu sein. Melkroboter, Lüftungen für Schweine und Geflügel, Fütterungs- und Tränkeautomaten, Silofräsen oder auch die Heubelüftung und Gülletechnik bedingen eine zuverlässige Stromversorgung. Bleibt diese aus, kann es schon nach kurzer Zeit kritisch werden.
Netztrennstelle einbauen
Was vor dem Kaufentscheid zu klären ist und wie sich die aktuelle Situation bei der Stromversorgung präsentiert, darüber wurde an einer kürzlichen gutbesuchten Fachtagung des Maschinenrings Luzern bei der Betriebsgemeinschaft von Vater Beat und Sohn Thomas Feierabend in Niederwil bei Rickenbach informiert.
Aufdem Betrieb steht seit kurzem ein neues zapfwellenbetriebenes Aggregat mit 85 kV Leistung. «Wir haben die Energiekrise kommen sehen und deshalb an der Suisse Tier letzten Herbst ein neues Gerät bestellt», sagt Beat Feierabend. Das bisherige, nach dem Sturm Lothar angeschaffte mit 30 kV Leistung, habe den Bedürfnissen nicht mehr genügt. Seither kamen weitere Betriebsgebäude dazu, es wurde ein Melkroboter und zwei Harvestore-Silos und weitere Geräte mit hohem Leistungsbedarf installiert. Das bisherige Gerät sei auch technisch veraltet gewesen, noch ohne die dringend empfohlene automatische Spannungsregulierung (AVR). Dieses wird aber nach wie vor verwendet, für den Schweinemast-Stall ausserhalb des Dorfes.
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Strom für Haus und Hof
Mit der Installation von PV-Anlagen auf den Scheunendächern wurde auch die gesamte Stromsteuerung optimiert. Für ein Notstromaggregat hat der Elektriker eine Netztrennstelle einzubauen, damit der Generator Haus und Hof mit Strom versorgen kann. Unmittelbar neben dem Hauptzähler wird das öffentliche Netz mit einem Schalter getrennt. Bei einem Hof mit PV-Anlagen muss zudem sichergestellt sein, dass die PV-Anlage ebenfalls getrennt wird, da diese im Notbetrieb nicht Strom produzieren darf. Zu beachten sei auch, dass bei Notstrombetrieb Grossverbraucher schrittweise hochgefahren werden, um Lichtbogen und Verbrennungen zu vermeiden, erklärte Feierabend.
Sinnvollen Bedarf ermitteln
Bei der Ermittlung des nötigen Bedarfs sollte nicht auf maximale Leistung gesetzt werden. «Schliesslich laufen nie alle Maschinen gleichzeitig am Strom», meinte Thomas Feierabend. Aber gleichwohl sollte ein Notstromaggregat so konzipiert sein, dass die wichtigsten Gerätschaften genügend mit Strom versorgt werden können. Als Faustregel für den Kraftbedarf gilt der Faktor Zwei, das heisst für den Betrieb eines 80 kV-Gerätes sollte der Traktor 160 kW leisten können. Falls Traktoren für den Betrieb des Generators während längerer Zeit laufen müssen, sei natürlich auch ein genügender Vorrat an Diesel sicherzustellen. Sinnvoll sei auch, den Stromverbrauch regelmässig zu messen, bei modernen Installationen kann dieser per Handy abgelesen und so optimiert werden.
BG Feierabend
Betriebsleiter: Beat und Thomas Feierabend
Ort: Niederwil, Rickenbach LU
Nutzfläche: 50 ha LN, davon 30 ha offene Ackerfläche (Silomais, Raps, Gerste, Futterweizen, Triticale)
Tiere: 75 Milchkühe, 500 Mastschweine.
Lange Lieferfristen
DerMaschinenring Ostschweiz ist einer der grossen Anbieter von Notstromaggregaten, verkauft solche schon seit 2013, wie Thomas Cadonau von der Tochterfirma MBR Solar erklärte. Noch nie sei die Nachfrage so hoch gewesen wie jetzt. Bis vor kurzer Zeit wurden Geräte des österreichischen Herstellers Schneeberger vertrieben. Wegen Engpässen bei der Produktionskapazität und Lieferfristen von über einem Jahr wurde auf den italienischen Hersteller Genno gewechselt. Auch dessen Aggregate seien aber nicht sofort erhältlich. «Wer heute bestellt, sollte aber im 1. Quartal 2023 bedient werden können», meinte Cadonau. Niemand garantiere heute allerdings einen Liefertermin, auch bei anderen Gerätschaften nicht.
Für ein Notstromaggregat mit 40 kV Leistung, was für durchschnittliche Betriebe genüge, sei mit Kosten von rund 7000 Franken zu rechnen. Dazu kommen elektrische Installationen, so dass die Investition rund 10 000 Franken bedingt. Diese «Versicherung» koste somit rund 500 Franken jährlich. Bei Geräten mit 80 kV Leistung sind es gegen 14 000 Franken Investitionskosten.
Batterien unwirtschaftlich
Grosses Thema seien derzeit auch Batteriespeicher, um den produzierten Solarstrom später nutzen zu können, meinte Christian Wolf von MBR Solar. Dies sei mengenmässig und zeitlich aber nur beschränkt möglich sei, so Tagesstrom für den Nachtbedarf. «Sommerstrom für den Winter zu speichern ist auf Bauernhöfen völlig unrealistisch und unwirtschaftlich.» Zudem bräuchte es für einen Betrieb mit 55 Kühen eine Speichergrösse von 70 bis 100 kW, somit Investitionen von 60 000 bis 100 000 Franken.
Die Speicherkosten würden derzeit 10 bis 20 Rappen pro kWh ausmachen. Wolf hat berechnet, dass bei einer Batterie mit 44 kV Leistung Kosten von 19 Rappen/kWh resultieren, allein für die Stromspeicherung. «Erst wenn die Speicherkosten irgendwann einmal bei 5 Rappen liegen, macht das Sinn», so sein Fazit. Je nach Risiken für einen Stromausfall und Stromabhängigkeit auf einem Betrieb sei es deshalb sinnvoller, in ein Notstromaggregat anstatt in Stromspeicher zu investieren.
Die Wartefristen sind lang für Photovoltaik-Anlagen
MBR Solar, eine Tochterfirma des Maschinenrings Ostschweiz, gehört zu den schweizweit grössten Installateuren für Solaranlagen, jährlich sind es über 300, erklärte Präsident Christian Wolf. Die Nachfrage sei derzeit enorm hoch, die Wartezeiten lang. Für 2023 ist MBR Solar bereits ausgebucht. Wenn die Anfragen so zahlreich bleiben, wohl auch bald für das Jahr 2024.
Grosse Abhängigkeit
Wolf wies auf die grosse Abhängigkeit der Schweiz im Energiemarkt hin. «Und wir beziehen fossile Energie meist von ‹Schurkenstaaten›», meinte Wolf. Bei Strom sei die Schweiz die Drehscheibe Europas, mit mehr Importen als Exporten. Die aktuelle Preisentwicklung sei auch von Spekulation getrieben. Er plädierte für mehr Eigenversorgung mit erneuerbarer Energie, gerade in der Landwirtschaft sei das Potenzial für Solaranlagen noch gross.
Kein KEV-Ausstieg
Mit den ab 2023 geplanten Fördermassnahmen soll es interessanter werden, grössere Anlagen nicht nur für den Eigenverbrauch zu Bauen. «Die Zuleitung bleibt aber eine Herausforderung.» Es bestehe künftig die Möglichkeit, aus der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) auszusteigen, womit offenbar derzeit viele Solarbauern aufgrund der hohen Marktpreise liebäugeln. Wolf mahnte aber zur Vorsicht, wer mehr als 20 Rappen KEV pro kWh erhalte, lebe komfortabler und sicherer in der KEV und sollte von einem Ausstieg absehen. «Die aktuellen Preise sind ein Hype und ein Risiko».