Extremwetterlagen beeinflussen nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Sicherheitsstandards in der Bergmechanisierung. Besonders das nasse Jahr 2024 stellte neue Herausforderungen an die Nutzung von Maschinen in steilen Hanglagen. Wie wirken sich veränderte Wetterbedingungen auf die Unfallrisiken aus? Und welche innovativen Technologien können sowohl die Arbeitssicherheit als auch den Schutz der Biodiversität verbessern? Wir haben bei Thomas Anken von Agroscope Tänikon nachgefragt.
Wie beeinflussen die sich verändernden Wetterbedingungen wie im nassen Jahr 2024 die Sicherheitsstandards in der Bergmechanisierung?
Thomas Anken: Interessanterweise hatten wir in sehr trockenen Jahren wie 2021 und 2022 sehr viele Traktorstürze, die tödlich endeten. Deshalb hat die BUL auch die Kampagne «Schon geschnallt?» initiiert. Bei nassem Boden besteht Rutschgefahr, doch bei Nässe und weichem Boden sind die Fahrer besser vorgewarnt, weil man es auch an den Schuhen spürt. Dass Gras oder Heu bei trockenem Boden, wo die Pneustollen nicht greifen, wie Gleitmaterial wirken, wird leider unterschätzt.
Inwiefern spielt der Schutz der Biodiversität eine Rolle bei der Planung und Durchführung von Bergmechanisierungs-Projekten?
Die Biodiversität wird vor allem durch die Nutzungsintensität – Düngung und Anzahl Schnitte – bestimmt. Welche Technik für die Futterernte eingesetzt wird, spielt da keine zentrale Rolle. Ausnahme sind die Aufbereiter, die Insekten stark dezimieren können. Umgekehrt nimmt aber die Verwaldung besonders auf Steilflächen stark zu. Da wünschten wir uns bessere Technik, um die Verbuschung und den Verlust an Biodiversität zu bremsen.
Welche innovativen Technologien oder Verfahren wurden in der Vergangenheit entwickelt, um sowohl die Sicherheit der Menschen als auch den Schutz der Biodiversität in der Bergmechanisierung zu verbessern?
Die technische Ausstattung mit zuverlässigen Bremsen, kraftschlüssigen Getrieben, tieferen Schwerpunkten, Stollenrädern beim Motormäher, Heuschieber – da hat sich sehr viel getan. Wer in den Bergen unterwegs ist, stellt aber häufig fest, dass dies dort, wo einfach mechanisiert werden kann, erfolgt und mit einer hohen Intensität verbunden ist, welche wiederum die Biodiversität mindert. Andererseits werden kaum mechanisierbare Steilflächen immer weniger bewirtschaftet. Sie verbuschen, was die Biodiversität ebenso vermindert. Es benötigt also einen sorgfältigen Umgang mit extensiv genutzten Flächen von hoher Biodiversität.
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung von Technologien, die sowohl die Effizienz der Bergmechanisierung steigern als auch den Biodiversitätsschutz und die Sicherheit der Arbeiter(innen) in den Vordergrund stellen?
Um die Verbuschung in Schach zu halten, stelle ich mir autonom fahrende Fahrzeuge vor. Sicher, die müssen groben Steinen und anderen Hindernissen ausweichen, könnten aber viele Flächen effizient mähen. Das ergibt dann ein Mosaik von Flächen mit hoher Biodiversität. Es muss ja nicht alles «sauber geputzt» sein – im Gegenteil. Ein Konflikt besteht bei den Mulchgeräten, die wegen der Biodiversität stark in Verruf sind. Da müssten je nach Standort noch Systeme entwickelt werden, mit denen das Gras effizient von der Fläche genommen werden kann. Da könnte man sich kleine Ballenpressen vorstellen, die es schon auf dem Markt gibt. Ich bin aber klar der Meinung, dass Mulchen die bessere Lösung ist, als die Verwaldung zu gewähren.
Könnten Sie Beispiele für erfolgreiche Projekte nennen, die in der Vergangenheit realisiert wurden? Was waren die Schlüsselfaktoren für deren Erfolg?
Die grossen Fortschritte bei den Freischneidern sind eine grosse Hilfe bei der Offenhaltung. Andererseits sind auch die starken hydrostatischen Motormäher eine grosse Hilfe. Diese lassen sich ebenfalls mit robusten Mulchern ausstatten. Da gibt es durchaus verschiedenste Erfolge. Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) unterstützt diese Anstrengungen mit der Plattform «Bergversetzer». Diese Aufgabe ist und bleibt gross und bedingt ein grosses Engagement der Landbewirtschaftenden, die Freude an ihrer Kulturlandschaft haben und diese entsprechend pflegen.
Wie wichtig ist die Schulung und Sensibilisierung der Arbeiter(innen) auf diese Themen?
Der Maschineneinsatz am Hang ist trotz der besseren Technik nach wie vor mit vielen Gefahren verbunden. Gute Schulung und Sensibilisierung sind zentral. Es sollte nicht zuerst einen Unfall benötigen, bis die entsprechenden Massnahmen getroffen werden. Sicherheitsgurte auf Traktoren sollten gerade im Hang so selbstverständlich sein wie auf der Strasse. Der Schutz der Biodiversität bedingt andere Massnahmen, da geht es vor allem darum, die Intensität der Bewirtschaftung möglichst gut an den Standort anzupassen.
Welche Initiativen gibt es, um das Bewusstsein für diese Themen in der Branche zu fördern?
Für die Sicherheit ist die BUL klar die Nr. 1. Sie initiiert immer wieder Kampagnen, orientiert an Kursen etc. Weiter sind auch die kantonale Beratung und die Landtechnikbranche aktiv.