Erneuerbare Energien werden in der Schweiz verschieden gefördert, beispielsweise über das System der Einspeisevergütung. Diesem droht aber per Ende 2022 das Aus; eine Förderlücke wäre die wahrscheinliche Folge. Nun rückt aber ein Entscheid der Umweltkommission des Nationalrats eine Lösung in greifbare Nähe.
Förderung ist unabdingbar
Noch in diesem Jahr will der Bundesrat die Botschaft zum neuen Energiegesetz ans Parlament überreichen. Darin soll auch geregelt werden, in welcher Form der Bund erneuerbare Energien künftig fördern will. Zuversicht schöpfen die Befürworterinnen und Befürworter von Biomasse-Anlagen aus einem Entscheid der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (Urek-N). Die Kommission habe «die spezielle Lage der Biomasse-Anlagen erkannt und schlage eine Sonderlösung vor», schreibt Ökostrom Schweiz. In ihrem Erlassentwurf sieht die Kommission nun einen Betriebskostenbeitrag für Biomasse-Anlagen vor. Mit dieser Sonderlösung soll die bestehende Stromproduktion aus solchen Anlagen gesichert und der Zubau gefördert werden, weshalb auch Neubauprojekte profitieren würden.
Frau Thomas, die UREK-N hat sich für einen Beitrag an die Betriebskosten von Biogas-Anlagen ausgesprochen. Nun muss auch der Ständerat über den Vorschlag entscheiden. Mit welchem Ausgang rechnet Ökostrom Schweiz?
Fabienne Thomas: Es ist sehr erfreulich und wichtig, dass die Mitglieder der Umwelt- und Energiekommission des Nationalrats die spezielle Situation der Biomasse-Anlagen erkannt haben und eine Lösung vorschlagen, mit denen bestehende landwirtschaftliche Biogas-Anlagen weiter betrieben und neue gebaut werden können. Wir gehen davon aus, dass auch der Gesamtnationalrat und danach die Mitglieder des Ständerates diese Weitsicht übernehmen werden. Wie genau die Förderung dann aussehen wird, ist allerdings noch offen.
In welcher Form würden Betreiber*innen von Biogas-Anlagen von den Beiträgen profitieren?
Die Betriebskostenbeiträge, mit welchen Biogas-Anlagen nach Wunsch der UREK-N gefördert werden sollen, ergänzen die Investitionsbeiträge, welche für alle erneuerbaren Energien (auch Photovoltaik, Wind und Kleinwasserkraft) geplant sind. Welche Teile der Betriebskosten angerechnet werden können, wird der Bundesrat in der Verordnung regeln.
Ist bereits bekannt, in welchem Umfang Fördergelder fliessen könnten?
Nein, das ist noch nicht bekannt. Zuerst muss diese bemerkenswerte Speziallösung noch den ganzen politischen Prozess durchmachen, dann steht das im Gesetz. Der Bundesrat regelt danach in der Verordnung die Höhe der Beiträge und die Bedingungen, an welche diese geknüpft sind.
Welche weiteren Förderungsmassnahmen könnten flankierend ergriffen werden, um insbesondere Landwirte zu einer Investition zu motivieren?
Zusätzlich zur geplanten Förderung über das Energiegesetz gibt es die Möglichkeit, dass Betreiber von Biogas-Anlagen Beiträge für den Klimaschutz bekommen, welchen sie mit dem Betrieb der Anlage leisten. Hierfür ist es wichtig, dass im Juni das CO2-Gesetz angenommen wird. Weiter ist Ökostrom Schweiz dabei, die Rahmenbedingungen in der Raumplanung möglichst so zu beeinflussen, dass der Bau und Betrieb von Biomasse-Anlagen (auch Holz) einfacher und effizienter wird.
Was motiviert Landwirte, eine Biogas-Anlage zu betreiben?
Mit einer landwirtschaftlichen Biogas-Anlage als weiteren Betriebszweig werden hofeigene Ressourcen in erneuerbare Energie umgewandelt. Diese kann auch auf dem eigenen Betrieb genutzt werden und führt zu einer Unabhängigkeit. Der Betrieb einer Biogas-Anlage ist eine Chance um den Hof zu diversifizieren und damit breiter abgesichert zu sein. Die Hofdünger verfügen nach der Vergärung über bessere Eigenschaften. Vielen Betreibern von Biogas-Anlagen ist zudem wichtig, dass sie mit dem Betrieb einer Biogas-Anlage aktiv einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Was sind die Herausforderungen beim Betrieb einer Biogas-Anlage?
Eine Biogas-Anlage ist relativ komplex. Wer eine solche Anlage betreiben möchte, sollte in erster Linie grosses Interesse für diese Technologie und etwas technisches Flair mitbringen. Neben der Sicherung der Finanzierung, sind die Hürden für eine Bau- und Betriebsbewilligung zu nehmen. Wichtig ist auch, dass man sich von Anfang an Gedanken zur Fütterung der Anlage macht. Woher kommen Mist und Gülle, sowie Ernteabfälle, mit denen ich meine Bakterien in der Anlage füttern kann? Am Schluss ist das aber für viele Bauern keine Hexerei, sie sind es sich ja gewohnt, gut zu Tieren zu schauen. Diejenigen in der Biogas-Anlage sind einfach etwas kleiner.
Das Interview wurde schriftlich geführt.
Ökostrom Schweiz berät Interessierte
Fabienne Thomas ist stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsleitung des Verbandes Ökostrom Schweiz. Der Verband ist genossenschaftlich organisiert; seine über 150 Mitglieder sind Landwirte und gleichzeitig auch Klima- und Energiewirte.
Wer an der Verwertung des eigenen Hofdünger in einer Biogasanlage oder gar am Bau einer eigenen Biogasanlage interessiert ist, kann sich bei Ökostrom Schweiz unter info(at)oekostromschweiz.ch oder 056 444 24 92 melden. Weitere Informationen zum Verband finden sich auf dessen Webauftritt.