Die Karte des Schlags «Halti Hubel» sieht aus wie ein abstraktes Kunstwerk. Damit hat Christoph Schori den Traktor gefüttert, bevor er im Strip-Till-Verfahren Mais gesät hat – je nach Zone zwischen 95 und 110 Körnern/m2. Heute präsentiert sich ein einheitlicher Bestand im Feld und Schori stellt klar: «Handgelenk mal Pi ist das ganz sicher nicht.»

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Voraussetzungen gegeben

Für die teilflächenspezifische Aussaat, wie sie der Landwirt und Lohnunternehmer aus Seedorf BE praktiziert, wären die Voraussetzungen in der Schweiz flächendeckend gegeben. «Seit zehn Jahren sind 90 Prozent der Maschinen mit der nötigen Technik ausgerüstet», gibt Christoph Schori zu bedenken. Die technischen Zutaten sind ein GPS-Empfänger und eine Sämaschine, welche die Saatstärke fahrstreckenunabhängig (ohne Bodenrad) regeln kann. Damit ist der Traktor in der Lage, seine Position auf dem Feld zu bestimmen, und das Saatgut wird einer Karte entsprechend teilflächenspezifisch dosiert.[IMG 6]

Auch die Erstellung dieser Applikationskarte ist keine Hexerei. Basis dafür ist eine Ertrags-Karte mit TS-Daten oder Biomasse. Es gibt verschiedene Anbieter für solche Karten aus der Landtechnik- und im Ausland auch aus der Saatgut-Branche. Man kann eine Biomassekarte aber auch selbst mit im Internet frei verfügbaren Satellitendaten erstellen. Eigentlich wäre es ideal, Erntedaten vom selben Schlag mit derselben Kultur aus der letzten Fruchtfolge-Periode zu haben, «also etwa von vor 15 Jahren», so Christoph Schori. Da das offensichtlich eher schwierig sein dürfte, sind Erträge anderer Kulturen oder eben Biomassekarten ein gangbarer Weg. Schori selbst nutzte etwa die Ergebnisse des Rapsdruschs als Datenquelle für seine Ertragskarten.

Keine Fehler

So dient die Masse des Bestands bzw. der Ertrag auf einer Fläche als Indikator für das Potenzial des Bodens. «Die Daten sind aber nur so viel wert wie die Bewirtschaftung», bemerkt Christoph Schori. Bei Fehlern funktioniert die Näherung nicht mehr, etwa wenn die Düngung nicht gestimmt hat oder ein Schädling der Kultur zugesetzt hat.

Ein Umrechnungsschritt münzt die Biomasse- oder ErtragsKarte in eine Applikationskarte um: Wie viel braucht es, um diese Werte zu erreichen? «Die Applikationskarte ist für jede Massnahme anzupassen, sei es fürs Säen, Düngen oder das Ausbringen von Wachstumsreglern», ergänzt der Lohnunternehmer. Pro Parzelle sei das eine Sache weniger Minuten, «wirklich kein grosser Aufwand», findet er. In der Umsetzung mache es keinen Unterschied, ob im Bedienungsfeld des Traktors ein einheitlicher Wert fürs ganze Feld eingegeben oder eine Karte hochgeladen wird.

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Bessere Nährstoffnutzung

Das Ziel beim Ganzen ist nicht das Einsparen von Saatgut, wie Christoph Schori betont. Es gehe vielmehr darum, das vom Boden vorgegebene Potenzial optimal zu nutzen: Wo es hoch ist, wird mehr gesät, und weniger dort, wo der Boden z. B. sandig ist. Das Gleiche gilt auch für die Düngung. «In Zonen mit weniger Potenzial ist die Saatdichte tiefer und es kommt weniger Dünger hin – es ist eine verbreitete Fehlannahme, das Gegenteil sei der Fall», erklärt der Lohnunternehmer. Benedikt Kramer von der Agridea, der sich seit Längerem mit teilflächenspezifischer Aussaat beschäftigt, vergleicht es mit einem Akku: «Ein schlechterer Boden ist wie ein kleinerer Akku. Der braucht weniger Strom zum vollständigen Aufladen als ein grosser.» Mit diesem Vorgehen bleiben mehr wertvolle Nährstoffe für Bereiche, in denen die Pflanzen sie am besten nutzen können, und gleichzeitig geht weniger auf schlechteren Böden durch Auswaschung verloren. «Die Effizienz der Nährstoffnutzung steigt», fasst Schori zusammen. Zudem wird unnötige Konkurrenz um knappes Wasser reduziert.[IMG 3]

Die erste Parzelle hat Christoph Schori vor vier Jahren teilflächenspezifisch bewirtschaftet, seit diesem Jahr arbeitet er gesamtbetrieblich auf diese Weise. Weizen, Raps und Mais wachsen bei Schori auf insgesamt 35 ha und sind somit allesamt mit variabler Dichte gesät worden. Hofdünger liefern die 300 Mastschweine des Betriebs. «Ich dünge am liebsten einmal früh zum Vegetationsbeginn mineralisch», erläutert der Landwirt. Als Unterfussdüngung werden die Nährstoffe bei der Saat optimal platziert, später ergänzt mit Güllegaben. Für die Mengen orientiert sich Schori an dem, was mit dem Erntegut abgeführt wird, um die Vorräte im Boden für die nächste Kultur zu ergänzen.

300–500 kg/ha Mehrertrag

Christoph Schori hat zuerst Landmaschinenmechaniker gelernt und ist sehr technikaffin. Das sind gute Voraussetzungen für den teilflächenspezifischen Anbau, zumal angesichts der vorhandenen Technik. «Das Züg bruche, wo me het», sagt Schori dazu. Benedikt Kramer ergänzt, dass die positive Wirkung des Verfahrens nicht besonders gross sein muss, damit es sich lohnt. Man müsse allerdings aufpassen bei solchen «Eh-schon-da-Kalkulationen», wenn die Grundvoraussetzungen der Technik bereits vorhanden sind. Die Ergebnisse von Versuchen und Erfahrungen im Ausland fielen zwar generell positiv, aber unterschiedlich aus. Eine Übersichtsstudie kam zu dem Schluss, dass die Saatstärke je nach Zone um 15 bis 20 Prozent variiert werden sollte. In Österreich resultierte bei mehreren Versuchen mit Körnermais in den meisten Fällen ein Mehrertrag zwischen 300 und 500 kg/ha und in Deutschland verzeichnete man bei einem zweijährigen Praxisversuch im Durchschnitt einen um gut 4 Prozent höheren Ertrag bei Silomais.

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Erstaunt von Unterschieden

Besonders vielversprechend ist teilflächenspezifisches Arbeiten bei stark heterogenen Flächen. Die Schweiz ist für ebendies bekannt. «Die Unterschiede auf meinen Flächen habe ich schon von Auge gesehen», sagt Christoph Schori, «ich war dann aber erstaunt, wie gross sie auf der Karte tatsächlich waren.» Beim Raps zeigte die Ertragskarte Werte zwischen 0 und 6,1 t/ha auf dem «Halti Hubel». Vielleicht werde er seine Umrechnungskurve von Ertrag zu Saatstärke bzw. Düngermenge noch etwas anpassen. In diesem Jahr machte ihm der nasse Frühling einen Strich durch die Rechnung. Denn durch starke Bestockung wuchs der Weizen überall etwa gleich dicht, obwohl je nach Zone zwischen 70 und 250 Körner/m2 gesät worden waren.

Ein Allheilmittel sei diese Technik nicht und Benedikt Kramer will sie im Zusammenhang mit politischen Forderungen nicht als Heilsversprechen verstanden wissen. Trotzdem, teilflächenspezifisches Arbeiten hilft dabei, Ressourcen wie Wasser und Nährstoffe effizienter zu nutzen. Kramer sieht z. B. auch für Biobetriebe Potenzial, mit begrenzten Mitteln zu haushalten. Teilflächenspezifisch liesse sich ebenfalls mit Zuckerrüben oder Kartoffeln arbeiten.

Christoph Schori ist mit den Ergebnissen auf seinem Betrieb zufrieden. Trotz weniger Saatgut und Dünger auf bestimmten Zonen seien Ertrag und Qualität ansprechend und nicht gesunken. In potenteren Zonen sei eine Steigerung denkbar. «Wie viel Mehrertrag es gibt, ist zurzeit noch schwierig abzuschätzen», meint er. «Aber ich bin überzeugt, dass es der richtige Weg ist.»