Das Berner Pflanzenschutzprojekt (BPP) befindet sich im letzten Jahr, Ende 2022 ist das Projekt zu Ende. Für die Verantwortlichen Grund genug, den Medien den aktuellen Stand des BPP zu präsentieren. Und wo könnte dies besser geschehen, als direkt am Ort des Geschehens, nämlich mitten im Monitoringgebiet. So geschehen am Donnerstagvormittag, 7. April, in Büren zum Hof. Eines macht Michael Gysi, Vorsteher des Amts für Landwirtschaft und Natur (Lanat) deutlich: «Dies ist ein Zwischenbericht, kein Abschlussbericht. Das ist ganz wichtig.»
Die Ziele sind klar definiert
Das Berner Pflanzenschutzprojekt hat drei qualitative Zielsetzungen. Diese sind:
- Die Reduktion von Risiken durch Pflanzenschutzmittel (PSM), insbesondere in Oberflächengewässer und dies ohne massgebende Beeinträchtigung des Produktvolumens.
- Sensibilisierung der Landwirt(innen) auf negative Umwelteinwirkungen von PSM.
- Etablierung von PSM-Risiko-Reduktionsmassnahmen in der Landwirtschaft.
Die Kontrolle über die Erreichung der Ziele geschieht mittels Monitoring in Zusammenarbeit mit dem Amt für Wasser und Abfall (AWA) und den Bewirtschaftern im Monitoringgebiet. Zwei Einzugsgebiete (Ballmoosbach bei Zuzwil und Chrümmlisbach bei Bätterkinden) und die Ausläufe von drei Kläranlagen werden dabei mit regelmässigen Messungen untersucht. Die Ergebnisse werden mit den Daten der Bewirtschafter aus dem Einzugsgebiet abgeglichen, führt Karin Oesch, Geschäfsführerin Berner Bauernverband, aus. Erfeulicherweise habe die Beteiligung der Betriebe seit 2017 stetig zugenommen. Waren es damals noch 2646 Betriebe, die durchschnittlich 1,9 der angebotenen Massnahmen pro Betrieb umsetzten, waren es Ende 2021 bereits 3601 Betriebe die durchschnittlich 2,7 Massnahmen umsetzten. Damit sei das Projekt insgesamt auf Kurs. Aber: «Bei den Querstreifen und dem Herbizid -Verzicht sind wir unter den Erwartungen», bedauert Michel Gygax, Leiter Pflanzenschutzfachstelle. Bei den Querstreifen am Feldrand wurde die Zielsetzung zu 53 Prozent, die Massnahme Herbizid-Verzicht nur zu 41 Prozent erreicht.
Beiträge für Waschplätze werden weiter bezahlt
Die Anzahl der realisierten Waschplätze konnte gesteigert werden und wird weiter wachsen. So wird für heuer mit zusätzlichen 200 neuen Waschplätzen gerechnet. «Wir sind auf Kurs, das ist erfreulich» betont Michel Gygax. Im Jahr 2017 wurden von 31 Gesuchen an acht Betriebe Beiträge bezahlt. 2021 waren von 166 Gesuchen 91 beitragsberechtigt. Auch nach dem Ende des Projekts werden Waschplätze im Rahmen der Strukturverbesserungen durch Bund und Kanton weiterhin unterstützt, erklärt Michael Gysi. Und auch das Monitoring wird noch zwei Jahre weitergeführt, um die Wirkung zu verfolgen.
Waschplätze haben ein grossen positiven Effekt
Dass die zunehmende Zahl von Spritzenwaschplätzen einen positiven Effekt auf die Gewässerbelastung hat, zeigt Claudia Minkowski, Leiterin des Gewässerschutzlabors, eindrücklich auf. Untersucht wurden die Ausläufer der ARA Ins, der ARA Lyss sowie des Zusammenschlusses Abwasserregion Langetental (ZALA)Eymatt in Aarwangen, auf über 100 unterschiedliche Pestizide. Bei allen drei Kläranlagen zeigt die zunehmende Anzahl an Waschplätzen teilweise markante positive Effekte. Das Monitoring bei den beiden Gewässern sei sehr aufwändig gestaltet worden. Beim Ballmoosbach konnte etwa 2019 ein markanter Rückgang der PSM-Konzentrationen im Gewässer ermittelt werden. Beim Chrümmlisbach sieht die Situation jedoch unverändert aus. Gründe sind die viel steilere Hanglage im Gebiet des Bachs, mehr Niederschläge und zahlreiche Entwässerungsschächte in den Feldern und an den Wegrändern, über die bei Regen PSM rasch in die Gewässer gelangen können. Eine wirkungsvolle Massnahme dagegen sind Querstreifen. Diese werden nun seit 2021 im Gebiet gezielter angelegt. Eine weitere Erkenntnis aus den Untersuchungen ist, dass nur vier bis zwölf Stoffe der über 100 Mittel für das Risiko verantwortlich sind.
Dominik Füglistaller von der Hochschule für Agrar-Forst- und Landwirtschaft (HAFL) ist wissenschaftlicher Begleiter des BPP. Er zeigt den Medienschaffenden die Auswirkungen der agronomischen Massnahmen auf den Ertrag der Kulturen auf (wir berichteten bereits darüber).
Die Erfahrungen von betroffenen Landwirten
Zwei beim Projekt teilnehmende Landwirte erzählen über ihre Erahrungen. Für Thomas Iseli aus Jegenstorf ist klar: «Wir wollen nicht Umweltsünder sein», daher mache er beim BPP mit. Er ist sich dem Risiko der PSM und dass auch bereits kleinste Mengen auf der Strasse ins Wasser gelangen und gemessen werden können, bewusster geworden. Wie fein die Messmethoden sind, erklärte Markus Lüscher draussen bei der Besichtigung einer Feldspritze. So könne ein in den Bodensee gegebener Würfelzucker mit den heutigen Methoden nachgewiesen werden.
Das Abwägen, was nun schwerer wiegt
Landwirt Thomas Iseli zeigt den Medienleuten auch die Zerrissenheit auf, welche die tägliche Arbeit mit sich bringen könne. Setzt er etwa weniger PSM ein und verzichtet teilweise auf Totalherbizid, könne das jedoch unter Umständen und wetterbedingt mehr Fahrten durchs Feld und damit einen höheren CO2-Ausstoss bedeuten, als wenn er eine Parzelle mit Glyphosat behandelt hätte. Berufskollege Urs Bürgi aus Limpach macht deutlich: «Wir wollen Umwelteinflüsse vermeiden, müssen aber auch qualitativ hochstehende Produkte erzeugen.» Denn diese verlange der Abnehmer. Er gibt unumwunden zu, dem Monitoring zunächste mit Skepsis begenet zu sein. «Doch jetzt fühlen wir uns wie das Feldlabor für die ganze Schweiz», bemerkt er stolz. Er hat die positiven Auswirkungen der Massnahmen und des eigenen Verhaltens gesehen. Bei ihm hat ein Umdenken stattgefunden betreffend der Punkteinträge. Dass er dafür auc hmal von Berufskollegen Spott erntet, so nach dem Motto: «Der da ist ein schlechter Bauer, der hat viel Unkraut im Feld», nimmt er mit einem Schulterzucken hin. Was ihn hingegen stört ist das Gefühl, dass seit seiner Ausbildung viel weniger PSM zum Einsatz komme: «Dennoch sollen wir schuld sein am Rückgang der Insekten», bedauert er und fragt sich, welche Rolle wohl der Klimawandel dabei spiele.
Zum Schluss zieht der Lanat-Vorsteher Michael Gysi das Fazit, dass die Weiterbildung und Beratung im Bereich Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zentral ist. «Gewässerschutz muss in der Bildung und Beratung weiter gestärkt werden», betont er.