«Fest steht, wir müssen uns verbessern», sagte Rolf Kuhn von der Kommission Landtechnik des Verbands Thurgauer Landwirtschaft VTL eingangs der Informationsveranstaltung zur emissionsarmen Gülleausbringung. Diese fand vor einer Woche auf dem Betrieb von Armin Göldi in Amriswil statt und wurde von der Kommission Landtechnik gemeinsam mit dem BBZ Arenenberg und dem Verband Thurgauer Milchproduzenten durchgeführt.
Kantonale Beiträge
«Schweizweit stammen 90 Prozent der Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft. Im Kanton Thurgau geht man sogar von etwa 97 Prozent aus», hielt Martin Zeltner, Abteilungsleiter Luftreinhaltung beim Amt für Umwelt, in einem Referat fest. Vor diesem Hintergrund und im Auftrag des Bundes sei der «Massnahmenplan Ammoniak aus der Landwirtschaft Kanton Thurgau 2021–2030» erarbeitet worden.
Ziel ist es, die Ammoniakemissionen bis 2030 um 18 Prozent zu senken. Um dies zu erreichen, seien konkrete Massnahmen zu ergreifen. Etwa, dass die Gülle ab Anfang 2022 nur noch mit dem Schleppschlauch oder einer noch emissionsreduzierenderen Technik ausgebracht werden darf (siehe Kasten unten). Für diese will der Bund in Zukunft keine Ressourceneffizienzbeiträge (REB) mehr zahlen. «Auf kantonaler Ebene werden Schleppschuh und Gülledrill jedoch mit zusätzlichen 15 Franken pro Hektare und Ausbringung gefördert werden», versicherte Zeltner. Im Hinblick auf die Beschaffung der entsprechenden Gülleausbringtechnik durch die Betriebe meinte er, bei Lieferengpässen sei eine Auftragsbestätigung vorzuweisen, die vor dem 30. September ausgestellt ist.
Thurgau als Vorreiter
Mit dem Massnahmenplan Ammoniak will der Kanton Thurgau mit zwölf verschiedenen Massnahmen die Ammoniakemissionen bis 2030 um 18 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 2015 senken. Zur Erreichung dieses Ziels sollen eine Reihe von betrieblichen Massnahmen umgesetzt werden, darunter die emissionsarme Gülleausbringtechnik. Dabei soll die Gülle mit emissionsmindernden Techniken ausgebracht werden, die mindestens eine Reduktion wie beim Schleppschlauch erreichen. Bessere Systeme wie Schleppschuh und Gülledrill werden mit kantonalen Beiträgen gefördert. Die Umsetzung der Massnahme, die inzwischen landesweit beschlossen ist, beginnt ab Anfang 2022. Ausnahmen, die vom Schleppschlauch-Obligatorium befreit sind:
- Betriebe mit einer düngbaren Fläche von unter 3 Hektaren.
- Hangneigungen grösser als 18 Prozent.
- Parzellen mit einer Breite von weniger als 11 Metern.
- Dauerkulturen (z. B. Obstanlagen): Pro Hochstammbaum darf eine Are von der schleppschlauchpflichtigen Fläche abgezogen werden.
Weitere Informationen: www.umwelt.tg.ch, siehe Massnahmenplan Ammoniak
Deutliche Reduktion
Der Frage, wie sich die emissionsarme Güllenausbringung auf den Pflanzenbau auswirkt, ging Daniel Nyfeler vom BBZ Arenenberg in seinem Referat nach. Dazu berief er sich auf zwei in der Schweiz respektive Österreich durchgeführte Feldversuche, welche verschiedene Gülleausbringtechniken miteinander verglichen haben.
«Dabei hat sich gezeigt, dass Verfahren wie Schleppschlauch, Schleppschuh oder Gülleschlitz die Ammoniakemissionen deutlich zu reduzieren vermögen», sagte der Futterbauberater. Während bei der Breitverteilung pro Güllegabe durchschnittlich 6,7 kg Stickstoff verloren gingen, waren es beim Schleppschlauch 4,7 kg, beim Schleppschuh 3,7 kg und bei der Spritzinjektion nur noch 1,3 kg. Auch würden emissionsreduzierende Ausbringtechniken tendenziell höhere Erträge ergeben, wobei der Unterschied zwischen Schleppschlauch und Breitverteiler klein ist. Ausserdem habe sich gezeigt, dass sich die Pflanzenbestände dadurch nicht verschlechtern.
Zudem führten sie zu gleich hoher Futterqualität wie Breitverteiler. Die Bedenken bezüglich der entstehenden «Güllemädli» konnten weitgehend entkräftet werden.
Wasser zum Verdünnen
Daniel Nyfeler gab einige Tipps zum Ausbringen der Gülle:
- Tiefe: Wichtig ist eine möglichst tiefe Ablage der Gülle. Auf diese Weise wird weniger Ammoniak freigesetzt, es gibt tendenziell mehr Ertrag und weniger Rückstände im Futter.
- Zeitpunkt: Auch bei Techniken wie beim Schleppschlauch ist es wichtig, die Gülle früh auszubringen. Wenn diese im Frühling dicker ist, empfiehlt es sich, nach dem Ausbringen quer zu eggen.
- Wasser: Zudem solle die Jauche wann immer möglich mit Wasser verdünnt werden.
- Mähen: Beim Mähen sollte eine Stoppelhöhe von 6–8 cm gewählt werden. Dadurch gelangt weniger Dreck ins Mähgut und die Pflanzen wachsen im Vergleich zu einem tieferen Schnitt deutlich schneller nach.
- Wetter: «Matchentscheidend bleibt jedoch das Wetter», betonte Nyfeler. «Wird die Gülle bei Temperaturen unter 18 Grad, bei Windstille und idealerweise leichtem Regen ausgebracht, hat dies den grössten emissionsreduzierenden Effekt».
Kantone in der Pflicht
Nachdem der Nationalrat letzte Woche beschlossen hat, am Schleppschlauch-Obligatorium festzuhalten, sind die Kantone nun in der Pflicht, dieses per Anfang Januar 2022 umzusetzen. Anders als der Thurgau, der dieses von sich aus in Angriff genommen hat, sind andere Ostschweizer Kantone nicht vorbereitet:
St. Gallen: «Es war eine Überraschung, nach diesem Entscheid hat es im Vorfeld nicht ausgesehen», sagt Gion Fravi vom St. Galler Amt für Umwelt (AFU). «Wie das Obligatorium in der kurzen Zeit umgesetzt werden kann, werden wir sehen.» Förderbeiträge seien keine vorgesehen.
Zürich: «Wir haben den Entscheid des Nationalrats zur Kenntnis genommen und leiten nun die nötigen Schritte in die Wege», so Wolfgang Bollack vom Zürcher Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel). Sobald das weitere Vorgehen klar ist, werde darüber informiert.
Graubünden: «Der Kanton Graubünden wird die Landwirte bei der Einführung des Schleppschlauch-Obligatoriums flankierend unterstützen, zum Beispiel bei der Aufbereitung von Hofdünger», sagt Valentin Luzi vom Bündner Amt für Landwirtschaft und Geoinformation (ALG). Förderbeiträge für den Flächeneinsatz seien nicht vorgesehen.