Die grösste Plackerei bei einem Stallneubau, die am meisten Nervenkraft und Beharrungsvermögen erfordert, ist oft nicht der Aushub, das Fundament, die Handwerker oder das Wetter, sondern die Planungs- und Bewilligungsphase. Das war auch bei der Familie Schär der Fall. Die Planungsphase inklusive der Behandlung der Einsprachen dauerte rund drei Jahre – der eigentliche Bau insgesamt acht Monate.

Roboter mit Weidezugang

Aber nun steht er, seit anderthalb Jahren in Wittenwil. Der Tag der offenen Tür war im August. Rund 2500 Besucher besichtigen den neuen Stall. Dabei gibt es einiges zu sehen. Der 16 Meter hohe Holzbau wird von einem dunkelroten Scheunendach gekrönt, das einen schönen Akzent in die Landschaft setzt.

Der Laufstall, umgeben von Wiesen, erstreckt sich auf einer Länge von 54 m und bietet Platz für 70 Kühe. Die Kühe haben jederzeit Zugang zur Weide – sofern denn der Roboter damit einverstanden ist.

Beim Roboter handelt es sich um einen Lely Astronaut A5 der zusammen mit einem Weidetor so programmiert ist, dass die Kühe die ersten vier Stunden nach dem Melken raus dürfen. Will eine beispielsweise nach sechs Stunden raus, muss sie zuerst am Melkroboter vorbei. Sauber gehalten wird der Stallboden von einem Mistroboter Collector 120. Der Festboden wird gesaugt und auf dem Spaltenboden stösst der Roboter den Mist ins Gülleloch.

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Mit Kameraüberwachung

Das Betriebsleiterpaar Astrid und Beat Schär stehen in der Futterachse, wo gerade der Lely Juno seine Runde dreht und den Kühen das Futter zuschiebt. Hinten an der Stallwand ist eine Videokamera mit weitem Schwenkbereich montiert. Sie hat den Juno im Blick. Ist zu wenig Dürrfutter da, liefern Schärs nach.

Die netzbetriebene Kamera ist eine von vier. So hat Beat Schär über das Smartphone die strategisch wichtigsten Stallbereiche im Blick – also neben dem Juno auch den Melkroboter, die Kälber- und die Abkalbebox.

Schärs sind nämlich nicht rund um die Uhr im Stall. Das Betriebsleiterhaus mit dem Abferkelstall ist knapp sieben Minuten vom neuen Stall entfernt. «Wir hatten unten einen alten Anbindestall und mussten Bauen», erzählt Beat Schär. Als sich die Gelegenheit ergab, den Betrieb in Wittenwil zu kaufen, war denn auch klar, dass Schärs Bauen und weiterhin Milch produzieren wollen.

«Das Beste am Stall ist das Tierwohl», sagt Astrid Schär und ist immer wieder fasziniert davon, wie ruhig es im Stall zu und her geht. Das Augenmerk der Familie Schär liegt nicht auf Spitzenmilchleistungen, sondern auf gesunden Kühen mit guten Klauen. Dreiviertel vom Jahr ist zudem ein Muni in der Herde. So läuft alles rund.

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Dürrfutterqualität garantiert

Der deckenlastige Heulagerraum ist in vier Zellen unterteilt. Für gute Dürrfutterqualität sorgt die Heutrocknung, einerseits durch den Zwischenraum zwischen Sonnendach und Unterdach, andererseits durch einen HSR-Luftentfeuchter.

Der Stall ist im Sommer nach allen Seiten hin offen und tipptopp durchlüftet. Im Winter werden die winddichten Blachen geschlossen und die Schiebetore. «Ja klar sind im Winter die Temperaturen im Stall frostig, aber den Kühen ist es so am wohlsten», sagt Beat Schär.

Kraftakt hat sich gelohnt

Astrid und Beat Schär haben einiges dafür getan, dass der Stall in nützlicher Frist entstand. Der grosse Anteil an Eigenleistung ist bewundernswert und kann nicht jedermann erbringen. Alle Betonarbeiten, ausser die Güllelöcher, hat Schär mit drei Mitarbeitern ausgeführt, inklusive Installation aller Stalleinrichtungen und der Bodenroste.

«Wir hatten auch keinen Architekten», erzählt Beat Schär. Die Pläne machte die Bäuerin Barbara Oertig aus Schmidshof. Lely war für die Abflüsse und Roboter zuständig. Den Holzbau übernahm die Holz- und Elementbau Krattiger GmbH und sprach sich bezüglich Heutrocknung mit der Griesser AG ab.

Die Bauführung übernahm der ehemalige Landwirt und Polier Ueli Kessler aus Lustdorf, der notabene mit 83 Jahren immer nach dem Rechten schaute. Auch Paul Klaus, der ihm den Hof verkaufte, half tüchtig mit und nicht zu vergessen die eigene Verwandtschaft, die Hand anlegte. «Bauen ist meine Leidenschaft», gibt Beat Schär zu. Das allerwichtigste sei, wenn man vieles in Eigenleistung und im Alleingang mache, dass man gute Leute um sich habe und Ratschläge und Expertentipps eins zu eins umsetze.

Betriebsspiegel
Betriebsleitung: Astrid und Beat Schär, Jakobstal, Wittenwil TG
LN: 52 ha, Futterbau und etwas Ackerbau 
Tierhaltung: rund 70 Milchkühe, 110 Muttersauen, 280 Legehennen
Arbeitskräfte: Betriebsleiter mit Ehefrau plus Maja SchärBetriebszweig: Hofladen mit Eierverkauf, verantwortlich dafür ist Beat Schärs Mutter

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