René Niederberger vom Ribi in Dallenwil NW braucht viel Heisswasser auf seinem Milchwirtschaftsbetrieb mit angegliederter Milchsammelstelle. So für die Reinigung der Melkanlage und der Milchtanks. Der bisherige 30-jährige Elektroboiler sei veraltet gewesen.
Darin wurde mit hoher Anschlussleistung und Nachtstrom Wasser auf bis 75 Grad erwärmt, um tagsüber genügend 60 Grad warmes Wasser für die Reinigung zur Verfügung zu haben. Die Abschaffung des Nachtstromtarifes sei ja bei allen Energieversorgern eine Frage der Zeit, und auch wegen des hohen Stromverbrauchs suchte Niederberger nach Alternativen zum stromfressenden Elektroboiler. Die Warmwasseraufbereitung benötigt auf Milchviehbetrieben rund einen Viertel des jährlichen Stromverbrauchs.
Nur noch einen Drittel Strom
In der Fachpresse las er von der finanziellen Unterstützung von Wärmepumpenboilern (WPB), welche Agro Clean Tech (ACT) im Rahmen des Energie-Effizienzprogramms von ProKilowatt anbietet. So installierte er im August gleich zwei solcher Boiler, einen in seinem Milchraum, einen weiteren bei der Milchsammelstelle in der gleichen Scheune. Vorteil der Wärmepumpenboiler sei, dass nun kontinuierlich 60-grädiges Wasser in den beiden je 300 Liter fassenden Speichern erwärmt wird, und das nur noch mit einem 220-Volt-Anschluss.
Dank viel Eigenleistungen hatte Niederberger lediglich je 3000 Franken Investitionskosten. Daran zahlte ACT je einen Drittel. Er rechnet damit, dass er dank der WPB noch einen Drittel des bisherigen Stroms für die Warmwasserbereitung benötigt, die Geräte seien in rund sechs Jahren amortisiert.
Förderung
Förderbeiträge für Wärmepumpenboiler gibt es, wenn Wasser mit einem Elektroboiler von mindestens 200 l Inhalt geheizt wird, ohne weitere Energiequelle wie Wärmerückgewinnung über die Milch, Solarenergie oder Holzenergie, und täglich mehr als 200 l Wasser für die Reinigung der Anlagen benötigt werden. Werden Elektroboiler durch einen Wärmepumpenboiler ersetzt oder diesem vorgeschaltet, kann der Stromverbrauch um mindestens die Hälfte reduziert werden. Je nach Milchmenge und Boilervolumen werden 1000 bis 1200 Franken an einen Wärmepumpenboiler bezahlt. Das Förderprogramm von ACT startete im November 2021 und dauert noch bis November 2024.
Weitere Informationen: www.agrocleantech.ch
Sommer viehlos
Der Bergbetrieb Ribi liegt in der Bergzone I, das Land liege aber bis zur Bergzone IV. Bewirtschaftet werden 12 ha LN, davon sind die Hälfte Ökoflächen. Im Stall stehen 17 Kühe, das Jungvieh wird mit sechs Monaten in den Aufzuchtvertrag gegeben, die trächtigen Rinder kommen kurz vor dem Abkalben retour. Die Kühe werden zur Sömmerung auf eine Alp gegeben. Jährlich werden auf dem Heimbetrieb rund 180'000 kg produziert, dazu kommen 30'000 kg Milch während der Sömmerung.
Zur angegliederten Milchsammelstelle liefern 18 Bauern, davon 14 vom Wiesenberg per Pipeline. Zwei Tanks stehen in der Sammelstelle, mit einem Volumen von 6000 Litern. Den Sommer über wird täglich von den ZMP abgeführt, über den Winter, wenn weniger Milch von den Wiesenberger Betrieben fliesst, jeden zweiten Tag.
Lukrative Kaninchenmast
Landwirtschaftlicher Nebenerwerb ist die Kaninchenmast mit 100 Muttertieren. Der Stall bietet rund 800 Mastplätze in je 50er-Boxen. Pro Wurf werden rund 400 Jungtiere gemästet, bei Würfen alle sieben Wochen ergibt das jährlich gegen 5000 Mastkaninchen. Die Tiere werden bei der spezialisierten Metzgerei Kyburz im Aargau geschlachtet und das Fleisch an die Migros vermarktet. Heikel sei nicht die Marktlage, sondern die Mast, wegen sehr hohen hygienischen Anforderungen. Niederberger ist aber erfahren, mästet bereits seit zwölf Jahren Kaninchen.
Dazu kommen weitere Nebenerwerbe. So arbeitet Niederberger im Dorf als Betriebsmechaniker, und über den Winter betreut er zwei nahe Holzheizwerke mit Wärmeverbünden.
Luzern startet mit Agripeik
Peik ist eine professionelle Energieberatung für KMU, die von Energie Schweiz lanciert wurde. Diese wird unter dem Namen Agripeik auch für Landwirtschaftsbetriebe angeboten, unterstützt durch Agro Clean Tech. Die Beratung zeigt Bauern, wo sie beim Energieverbrauch stehen und wie sie Energie sparen können. Diese Beratung wird finanziell unterstützt von Energie Schweiz und auch von Kantonen. Nach der Agripeik-Energieberatung wird auch eine Umsetzungsbegleitung angeboten. Landwirte werden so von der Planung über Realisierung von Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und der Förderung von erneuerbaren Energien bis hin zur energetischen Optimierung des laufenden Betriebes unterstützt.
Beratung ab 2023
Ab nächstem Jahr soll diese Beratung auch im Kanton Luzern angeboten werden, so vom Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband (LBV), unterstützt vom Kanton. Gemäss einer Umfrage des LBV bei den Bauernfamilien im Frühjahr 2022 wünschen eine Mehrheit, dass sich der Verband mehr für Förderprojekte im Energiebereich einsetzen soll. Es sei mehr Energie in der Landwirtschaft selber zu produzieren, so auch mit Agri-Photovoltaik, und die Bauern wünschen mehr Unterstützung in Energiefragen.
Viele Tiere – viel Energie
Die Luzerner Landwirtschaft habe ein grosses Energiesparpotenzial, meint der LBV. So wegen der schweizweit höchsten Tierintensität. Tierhaltung sei mit einem grossen Energiebedarf verbunden. So brauchen Ferkel und Küken hohe Temperaturen bei der Aufzucht mit entsprechend hohem Energieverbrauch. Auch die Milchkühlung sei ein grosser Energiefresser.
PV-Anlage erweitern
René Niederberger hat weitere Pläne im Energiebereich, will nicht nur Strom sparen, sondern mehr eigenen produzieren. Auf dem Wohnhaus hat er bereits eine 13-kWp-Photovoltaik-Anlage, geplant ist eine weitere Anlage auf dem Scheunendach, insgesamt gegen 70 kWp Leistung. Die Offerten liegen bereits vor.
«Aargauer Energieberatung ist derzeit deutlich mehr gefragt»
Der Bauernverband Aargau (BVA) engagiert sich seit Jahren im Bereich Energie, bietet auch eine Hotline an oder vermittelt umfassende Beratungen auf Bauernhöfen an die kantonale Energieberatung und unterstützt solche finanziell.
Ralf Bucher, wie hat sich die Nachfrage für Energieberatungen entwickelt, ist der aktuelle Hype spürbar?[IMG 2]
Ralf Bucher: Ja, ich hatte bis vor dem Kriegsausbruch in der Ukraine im Februar rund eine Anfrage pro Monat, aktuell sind es zwei pro Woche.
Welche konkreten Anliegen haben Bauern?
Die Themen und Fragen sind vielfältig: Soll ich eine PV-Anlage realisieren? Soll ich aus der KEV aussteigen, weil die Preise auf dem Markt jetzt höher sind? Soll ich einen Notstromgenerator anschaffen? Was macht der Bauernverband zur Energieproblematik und gegen die hohen Preise? Hauptsächlich geht es aber um Photovoltaik-Anlagen in der Landwirtschaft, dazu wissen wir auch am besten Bescheid.
Der Kanton Aargau bietet eine umfassende Energieberatung an, welche vom Bauernverband finanziell unterstützt wird. Wie gefragt ist diese?
In der Tat ist auch dafür die Nachfrage grösser geworden, könne aber laut Auskunft der Zuständigen bewältigt werden. Allerdings scheint eine umfassende Energieberatung auch auf Bauernhöfen nach wie vor weniger gefragt als punktuelle Anfragen.
Was konkret macht der Bauernverband bezüglich der aktuellen Energieproblematik?
Die hohe Dynamik im Energiemarkt braucht viel Know-how. Wir werden deshalb die Zusammenarbeit mit bestehenden Fachleuten wie Energieberatung Aargau, PV-Anlage-betreiber, Ökostrom Schweiz für Biogas weiter intensivieren und politisch dafür sorgen, dass die Bedürfnisse der Landwirtschaft nicht vergessen gehen.
Es gibt ja schon eine Fülle von Tipps zum Stromsparen auch auf Bauernhöfen, so von Agro Clean Tech. Was empfehlen Sie?
Die kurzfristigen Tipps von Agro Clean Tech wie Beleuchtung auf LED umstellen und Wasserleitungen isolieren sind gut. Zu empfehlen sind auch Wärmepumpenboiler, die ja gefördert werden. Und Photovoltaik-Anlagen auf Scheunendächern würde ich mit einer Abwärmenutzung für die Heubelüftung ausstatten, sofern eine Heubelüftung vorhanden ist. Das bringt auch viel.
Für Solarstrom erhalten die Bauern jetzt deutlich höhere Preise rückvergütet. Das senkt die Amortisationsdauer solcher Anlagen deutlich. Allerdings bleibt die Zuleitung häufig ein Problem, vor allem bei Grossflächenanlagen. Und das Nadelöhr sind aktuell die fehlenden Fachkräfte und die Wechselrichter. Das soll aber kein Hinderungsgrund sein, gleichwohl jetzt eine Anlage zu planen.