«Am Anfang steht immer eine gute Idee», sagt Bruno Gautschi, während er im Pausenraum der grossen Firmenhalle einen Kaffee trinkt. Dem gelernten Fahrzeugschlosser ist die Freude an Maschinen und am Tüfteln anzumerken, wenn er spricht. Ihm gegenüber sitzt sein Bruder Reto, der den Faden sogleich aufnimmt: «Viele Projekte starten damit, dass ein Bauer mit einer guten Idee oder einem konkreten Bedürfnis zu uns kommt. Dann setzen wir uns hin und schauen, wie sich die Sache umsetzen lässt.»
Mit einer guten Idee und einem Bedürfnis hat auch das Lohnunternehmen der Familie im solothurnischen Herbetswil gestartet. Was mit einer einzigen Maschine begonnen hat, ist heute zu einem stattlichen Unternehmen herangewachsen. Doch Gautschis führen nicht nur landwirtschaftliche Arbeiten für Dritte aus, sondern ergänzen ihr Lohnunternehmen mit einer eigenen Schlosserei sowie mit Fahrzeug- bzw. Landmaschinenbau.
Bis zur entscheidenden Grösse gewachsen
Wie die meisten Lohnunternehmen ist auch die Firma Gautschi Landwirtschaftliche Arbeiten AG aus einem Landwirtschaftsbetrieb heraus entstanden. Heinz Gautschi, Vater von Bruno und Reto, führte als Meisterlandwirt einen Betrieb und kaufte 1994 einen Feldhäcksler. Bald begann er, mit der grossen Maschine auch Arbeiten für andere Bauern auszuführen.
«Das wurde mehr und immer mehr, und irgendwann ist die Sache so gross geworden, dass wir den Landwirtschaftsbetrieb und das Lohnunternehmen getrennt haben. Für dieses haben wir 2009 eine eigene AG gegründet», erzählen die Brüder. Die Stärken ihres Lohnunternehmens liegen vor allem in der Gras- und Maisernte. Dort bieten Gautschis ihren Kunden einen Vollservice mit allem, was dazugehört. Dabei amtet Vater Heinz als Inhaber der AG, während seine Söhne Mitinhaber sind und das aktive Geschehen auf dem Landwirtschaftsbetrieb und in der Werkstatt leiten.
«In letzter Zeit haben die Schlosserei und der Fahrzeugbau zunehmend an Bedeutung gewonnen und sind zu einem eigenen Standbein geworden», sagt Reto Gautschi und erklärt, wie die Familie ihre Arbeiten aufteilt. Als diplomierter Agronom hat er den Landwirtschaftsbetrieb übernommen, der nur zwei Fahrminuten vom Firmengelände entfernt liegt. Sein Bruder Bruno ist derweil Werkstattleiter beim Lohnunternehmen und in der Schlosserei. Dadurch ergänzen sich die Brüder optimal und haben gleichzeitig alles sauber aufgeteilt.
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Die Stärken werden ausgebaut
Im Lohnunternehmen und der Schlosserei beschäftigen die Brüder Gautschi neun Vollzeit-Mitarbeitende, darunter zwei Landwirte und zwei Landmaschinenmechaniker. Ihnen steht ein stattlicher Fuhrpark mit verschiedenen modernen Maschinen zur Verfügung.
Worauf achten die beiden Brüder, wenn sie Maschinen ersetzen oder ihre Fahrzeugflotte erweitern wollen? «Eine Neuanschaffung ist immer ein Stück weit ein Risiko», holt Bruno Gautschi aus. Ersatzinvestitionen würden deshalb vor allem auf den Hauptstandbeinen getätigt; «bei uns natürlich in Sachen Ernte, auf diesem Gebiet bauen wir aus. In Bereichen, die nicht zu unseren Kernkompetenzen gehören, tätigen wir hingegen keine grossen Investitionen mehr.»
Im Allgemeinen betrachte man bei den Kalkulationen für Neuanschaffungen auch die jeweils aktuellen Trends, ergänzt sein Bruder. So seien im Moment die verschiedenen Silierverfahren sehr gefragt und folglich für das Unternehmen interessant.
Während Gautschis ihre Traktoren bei Bedarf laufend ersetzen, wird bei anderen Investitionen längerfristig geplant, etwa dann, wenn eine neue Maisballenpresse benötigt wird. Bei derartigen Neuanschaffungen geben die Brüder jeweils Bekanntem den Vorzug: «Beim Kauf von Spezialmaschinen vertrauen wir grundsätzlich auf Hersteller und Modelle, die sich bei uns bereits bewährt haben und die wir deshalb aus eigener Erfahrung kennen», sagt Bruno Gautschi.
Mit Claas-Traktoren im Thal unterwegs
Bei den Traktoren setzen Gautschis hingegen ganz klar auf eine Marke, nämlich Claas. So finden sich in ihrem Fuhrpark vier neue Claas-Arion-Modelle. Einer der Traktoren steht unweit des Betriebs im Einsatz; einer der Lehrlinge ist mit Meliorationsarbeiten für die Gemeinde beschäftigt und hat dazu einen grossen Kipper angehängt. Mittlerweile seien die Claas-Traktoren in der Region Thal fast ein wenig zu einem Markenzeichen ihres Lohnunternehmens geworden, scherzen die Brüder.
Doch Gautschis führen auch Maschinen Marke Eigenbau. Wenn im Lohnunternehmen oder auf dem Landwirtschaftsbetrieb Bedarf nach einem bestimmten Gerät besteht, dann ist Bruno Gautschi in der Lage, auch komplexe Pläne in die Tat umzusetzen. So hat er etwa eigene Dosierwagen gebaut, die eigens auf die Bedürfnisse des Unternehmens abgestimmt sind. «Die Wagen sind Einzelanfertigungen für den Eigengebrauch», meint der Fahrzeugschlosser, fügt aber gleich an, dass man bei Bedarf auch ein Exemplar für einen Kunden fertigen könne.
Ein guter Kundenstamm ist wichtig
«Die Stammkunden – rund 50 Landwirte – sind sehr wichtig für uns, denn das sind diejenigen Kunden, mit denen man langfristig rechnen kann», erklären die Brüder. Nach kurzem Überlegen führen sie an, dass sich der Strukturwandel aber auch hier bemerkbar mache: «Die Zahl der Betriebe nimmt kontinuierlich ab, dafür werden die einzelnen Betriebe grösser.» Trotzdem bleibe die Kundenzahl mit zwischen 350 und 400 Kunden in etwa konstant, berichtet Bruno Gautschi. Miteingerechnet sind in dieser Zahl die Käufer von Stroh und Heu sowie die Kunden der Schlosserei und des Fahrzeugbaus.
In der Landwirtschaft decken Gautschis das Einzugsgebiet des Unternehmens gut ab, wie sie sagen. «Der Markt für landwirtschaftliche Arbeiten steht unter grossem Preisdruck und ist oftmals hart umkämpft. Wir wollen aber nicht jeden Preiskampf mitmachen. Um trotzdem ein gesundes Unternehmenswachstum zu erreichen, gehen wir lieber andere Wege», erklärt Reto Gautschi.
Alles ist gut ausgelastet
So diversifizieren Gautschis lieber ihr Geschäft und investieren in die Schlosserei und den Fahrzeugbau, die das Lohnunternehmen ergänzen. Das bringt verschiedene Vorteile: «Als reiner Lohnunternehmer hat man immer das Problem, dass die Vollzeitstellen in der Nebensaison nicht wirklich ausgelastet sind. Durch die Schlosserei und den Fahrzeugbau können wir sowohl die Infrastruktur als auch die Arbeitskräfte gut verteilen und auslasten.»
Während die Arbeitsspitzen des Lohnunternehmens im Frühling und im Herbst liegen, beschäftigen die Schlosserei- und Fahzeugbau-Arbeiten Gautschis und ihre Mitarbeitenden auch im Winter. Weil die Auftragslage so gut ist, haben sie nun erstmals einen «reinen Schlosser» ohne landwirtschaftlichen Hintergrund angestellt, der die beiden Landmaschinenmechaniker in der Werkstatt ergänzt.
Zu tun gibt es einiges: «Im vergangenen Winter haben wir beispielsweise viele Schleppschlauchverteiler für die Wälchli Maschinenfabrik in Brittnau AG hergestellt. Das hat die Schlosserei ziemlich ausgelastet», blickt Bruno Gautschi zurück. Zwischen den beiden Unternehmen bestünden sehr gute Beziehungen, erzählen die Brüder.
Neues Betätigungsfeld eröffnet
Zudem stossen Gautschis mit der Schlosserei in ein neues Geschäftsfeld vor, eines abseits der Landwirtschaft: Sie erledigen zunehmend auch Arbeiten für «Private», fertigen etwa schöne Hochbeete aus Metall, oder eine Kombination aus Grill und Feuerschale, die Bruno Gautschi entwickelt hat. «Das sind individuelle Anfertigungen, die unseren Kunden über lange Zeit grosse Freude bereiten. Daraus ziehen wir wiederum eine ganz neue Art von Bestätigung und Freude, denn die Arbeiten sind spannend, abwechslungsreich und stossen bei den Kunden auf Begeisterung.» Man darf also auf weitere gute Ideen aus Herbetswil gespannt sein.
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