Die Lage am Stadtrand ist unerwartet idyllisch. Der Betrieb von Christian Kuhn in Zürich-Seebach liegt in Blickweite dichter Überbauungen. Rund um die Gebäulichkeiten ist von Urbanität aber wenig zu spüren.

Fällarbeiten, Grün, Kompost

Der ehemalige Feuerwehrmann am Flughafen hat sich hier gut eingerichtet, auch wenn er sich immer wieder aufregt über gewisse städtische Einflüsse. Umgekehrt hat die zentrale Lage unbestrittene Vorteile. Dies wusste sich der 57-jährige Meisterbauer zunutze zu machen. Sein Lohnunternehmen hat nicht weniger als zehn Mitarbeitende.

Die Firma Kuhn bietet der Standortgemeinde als Hauptkunde Fällarbeiten, Unterhalt von Grünflächen und Handling von organischem Dünger, sprich Kompost. Mit dem Kompost hat alles angefangen, später kamen das Böschungsmähen und die Landschaftspflege dazu. So konnte Kuhn etwa die Pflege von drei Kilometern Limmatufer übernehmen.

Wegen der zunehmenden Komplexität des Betriebs hat Kuhn eine GmbH gegründet, um das Risiko für das Privatvermögen zu reduzieren. Es folgte dann der Ausbau der Gebäulichkeiten. Das Projekt für den Bau einer Betriebshalle nahm nicht weniger als zwölf Jahre in Anspruch.

Da parallel der Betrieb weiterwuchs, wurde die Halle schrittweise vergrössert und konnte 2011 mit der stattlichen Grundfläche von 30 mal 72 Metern fertiggestellt werden. «Ein Meilenstein», sagt Kuhn.

Galloways und Hühner

Für die Realisierung brauchte es unter anderem Kompromisse und mindestens acht Mutterkühe. Diese musste er anschaffen, da es dem Stadtbetrieb – man höre und staune – an einem Kanalisationsanschluss fehlte. Die Kühe hält er im Winter in seiner Halle, im Sommer wird die Galloway-Herde von einem Kollegen in der Unterländer Gemeinde Embrach ZH gehalten.

Das Fleisch vermarkten Kuhns direkt ab Hof, ebenso die Eier der zwanzig Hühner. Hier kann man vom Galloway-Fleisch auch Einzelportionen bestellen, da die Mischpakete für das durchschnittliche Stadtzürcher Tiefkühlfach zu umfangreich und deshalb ungeeignet sind.

«Absoluter Glücksfall»

Nach längerer Suche ist es dem Eigentümer gelungen, die operative Verantwortung für das Lohnunternehmen an ein unternehmerisches Jungtalent abzutreten. «Jan Müller wurde 2017 vom jüngsten Mitarbeiter direkt zum Chef befördert und macht das sehr gut», so Christian Kuhn.

Mit dem Druck hatte der Patron zunehmend Mühe. «Ich habe gemerkt, du kommst an den Anschlag mit Landwirtschafts- und Lohnbetrieb», begründet Kuhn den Schritt. Deshalb habe die Familie über mögliche Lösungen diskutiert. «Wir brauchten drei Jahre, bis wir den richtigen Mann gefunden haben», so Kuhn, «ein absoluter Glücksfall.»

Geschäftshandy übergeben

Das Problem des Abgebenkönnens habe er gelöst, indem er nach einer Einführungsphase von drei Monaten sein Geschäftshandy übergeben habe und mit der Frau in die Ferien gefahren sei. «Ab sofort hat kein Schwein mehr angerufen», erinnert sich Kuhn schmunzelnd. Daran habe er sich schon gewöhnen müssen. Im Tagesgeschäft ist er immer noch aktiv, regelmässiger Austausch mit dem Geschäftsführer ist auf dem Programm und hilft bei der reibungslosen Organisation.

Betriebsspiegel Kuhn GmbH
Name: Christian und Inge Kuhn
Ort: Zürich-Seebach
LN:  26 ha, 6 ha Dauergrünland inkl. BFF, 20 ha Ackerbau (Weizen, Mais, Rüben und Raps)
Viehbestand: 16 Galloway-Mutterkühe, total 35 Tiere
Lohnunternehmen: Fällarbeiten, Unterhalt von Grünflächen und Kompostierung, ausgelagert in einer GmbH
Arbeitskräfte: 10 Festangestellte

Dienstleister für Gärtner

Geschäftsführer Jan Müller beschreibt das Tätigkeitsfeld als typisch kommunal. Man beschränke sich im Sommer bewusst auf «Mähen, Fällen und Kompost». Gärtnerarbeiten lässt die Kuhn GmbH weg. «Wenn wir den Gärtnern ‹dreinfunken›, rufen sie uns nicht mehr an», sagt Müller, «wir betrachten uns primär als Dienstleister für die Gartenbauunternehmen».[IMG 2]

Beim Böschungsmähen ist man unterdessen hoch spezialisiert. Die Mähwerke am Ausleger sind auf die spezifischen Bedürfnisse der Stadt zugeschnitten. Hier wird hohes Gewicht auf Insektenschonung gelegt, deshalb wird mit Mähbalken gearbeitet und nicht gemulcht. Zudem dürfen keine Insekten abgesaugt werden, wie Müller erläutert. Dafür tüftelt man in der hauseigenen Werkstatt an der Perfektionierung der Geräte. Die Firma sucht für die Stadt zudem Landwirt(innen), welche bereit sind, Kompost zu übernehmen. Der entsprechende Maschinenpark steht bereit.

Offene Nachfolge

Offen ist die Zukunft des Unternehmens. Man diskutiere über Nachfolgelösungen, sagt Kuhn.

Die Lohnunternehmer und ihr Verband: «Es ist ein hartes Business»
In der Schweizer Landwirtschaft spielen Lohnunternehmen eine immer wichtiger werdende Rolle. Sie übernehmen für die Landwirtinnen und Landwirte Dienstleistungen von der Saat bis zur Ernte – führen aber auch Transporte oder Kommunalarbeiten – vom Baumschnitt bis zur Schneeräumung – durch. Die Firma von Christian Kuhn ist ein gutes Beispiel dafür.
Etwa 620 Lohnunternehmer
Die Lohnunternehmer lasten ihre Maschinen deutlich stärker aus als ein einzelner Betrieb. Entsprechend ersetzen sie die Maschinen schneller, und den Auftraggebern stehen die modernsten Maschinen zur Verfügung. Ebenso können die Lohnunternehmen mit ihrer Expertise aufwarten, etwa im immer komplexeren Bereich des Pflanzenschutzes. Vermehrt übernehmen die Lohnunternehmer in solchen Bereichen auch eine Beraterfunktion.
«Es ist ein hartes Business», sagt Kirsten Müller, Geschäftsführerin des Verbands Lohnunternehmer Schweiz, an der GV der Schweizer Agrarjournalisten von letzter Woche. Am Lohnunternehmer-Verband zeige sich gut die Entwicklung der Branche, so Müller. 2003 mit gerade mal 50 Mitgliedern gestartet, umfasst er nun deren 370.
Wie viele Lohnunternehmen es in der Schweiz gibt, ist unbekannt. «Es existieren keine offiziellen Zahlen dazu. Es ist schon schwierig, zu definieren, wann jemand ein Lohnunternehmer ist», sagt Müller. Es gebe Mitglieder, die nicht einmal Mehrwertsteuer abrechnen, und andere, die stattliche KMU sind. Der Verband hat dennoch Schätzungen angestellt und geht davon aus, dass rund 60 % der Lohnunternehmer im Verband vertreten sind. Somit läge deren Zahl total bei rund 620.
Neuer Präsident gesucht
Am 11. August feiert der Verband sein 20-jähriges Bestehen auf dem Betrieb von Fernand Andrey. Er übt zusammen mit dem anderen Vizepräsidenten Daniel Haffa derzeit interimistisch die Führung des Verbands aus. Präsident Christian Kuhn ist anlässlich der GV vom März nach knapp zwei Jahren im Amt «aus persönlichen Gründen» zurückgetreten. lid/akr