Mit einer Solaranlage auf dem Scheunendach liebäugelte Milchbauer Marcel Arnold schon vor vielen Jahren, die hohen Kosten schreckten ihn aber lange ab. Im 2019 machte er sich aber an die Planung und holte mehrere Offerten ein. Er entschied sich für Alectron, die einzige Firma, welche auch ein Sonnendach integrierte, damit er unter den Solarmodulen die warme Luft für die Heutrocknung nutzen kann. Geeignete Dachfläche stünden auf dem Bodenacherhof in Wikon sehr viele zur Verfügung. Mit Modulen belegt wurde aber nur ein Teil der beiden Dachhälften, zusammen immerhin 64 kWp. Limitierend war die Anschlussleitung der CKW.

Eigener Strom ist günstiger

Geplant wurde im Februar, bereits im April 2019 ging die Anlage ans Netz, gefördert mit der Einmalvergütung. Anfänglich löste Arnold für den rückgespiesenen Strom nur wenige Rappen. Weil der Börsenpreis aber stark stieg, allerdings auch stark schwankt, wurde selbst die Rückvergütung, mit nun deutlich über zehn Rappen, wirtschaftlich interessanter.

Kalkuliert wurde mit Gestehungskosten für den Solarstrom von rund 8,5 Rappen. Die Rechnung gehe somit längstens auf. «Die Photovoltaikanlage ist die beste Milchkuh.» Eine Rendite von über 8 Prozent hat Arnold berechnet.

«Nur wer mitmacht, kann auch mitreden.»

Marcel Arnold über seine Motivation als Emmi Bauernbotschafter

Letztes Jahr verbrauchte Arnold rund 42 000 kWh Strom, davon konnte er 60 Prozent selber decken, den Rest der gesamten Solarproduktion von rund 65 000 kWh spies er ins Netz ein, zu interessanteren Preisen als noch ein Jahr zuvor. Insgesamt lag er rund 400 Franken im Plus, heisst, die Stromrechnung für den bezogenen Strom wurde mehr als bezahlt mit dem Erlös für abgelieferten Solarstrom.

Christian Muff ist überzeugt vom Potenzial der Sonnenergie. (Bild Josef Scherer) Erneuerbare Energie "Eigener Solarstrom macht Freude" Wednesday, 6. March 2019 Künftig will Arnold seine Stromproduktion weiter optimieren, so lässt er derzeit eine Anlage an der Scheunenfassade rechnen, um im Tagesverlauf, aber auch im Winter, noch mehr Strom zu erhalten. Und weil die nahe Trafostation inzwischen ausgebaut wurde, sei auch die Stromleitung weniger ein Engpass. Arnold könnte die PV-Anlage deshalb um rund 15 kWp erweitern. Und um den Anteil Eigenverbrauch weiter zu steigern, überlegt er sich einen Batteriespeicher. Dafür gäbe es gar Unterstützungsbeiträge seitens der Kreditkasse, die Fristen dafür seien aber viel zu lang und die Massnahme somit zu wenig flexibel.

Speicher statt Generator

Arnold bedauert die unflexiblen Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien. Das Potenzial, gerade auf Bauernbetrieben, wäre noch hoch. Batterien könnten mithelfen, die Netze zu entlasten und Stromausfälle von einigen Stunden zu überbrücken. Die Technik für Inselbetrieb sei durchaus vorhanden, Arnold erwähnt auch bidirektionales Laden von Elektrofahrzeugen. Gerade auf Bauernbetrieben, wo das Auto tagsüber oft herumstehe, wäre dessen Batterie ein idealer Zwischenspeicher.

«Wer heute eine PV-Anlage plant, sollte die Speichermöglichkeiten zur Optimierung des Eigenverbrauchs unbedingt in Betracht ziehen.» Statt einen Notstromgenerator anzuschaffen, sei ein Speicher wohl sinnvoller.

Neben dem meisten Strom produziert Arnold auch die Wärme selber. «Mit 12 ha Wald haben wir genügend Energieholz.» Schon seit der Aussiedlung 2002 wird das Wohnhaus deshalb mit Holzschnitzeln beheizt.

Den Betrieb konnte Arnold vor zehn Jahren übernehmen, er wurde vorher in einer Generationengemeinschaft geführt. Nun arbeitet sein Vater im Angestelltenverhältnis mit.

Betrieb Bodenacherhof

Betriebsleiter: Marcel und Nadine Arnold mit drei Kindern
Ort: Bodenacherhof, Wikon LU
Fläche: 25 ha LN, davon 1,5 ha Naturschutzfläche, 4 ha Saatgetreide, 0,8 ha Futterrüben, 1,6 ha Mais, neu Speisehafer, Rest Kunstwiese.
Viehbestand: 40 RH-Kühe (Leistung 9500 kg), mit Aufzucht und Mastkälbern 65 Stück Vieh. 320 000 kg silofreie Milch an Emmentaler-Käserei Schlierbach.

«Zeigen, wie wir produzieren»

Aufzeigen, welcher Aufwand in der Herstellung von Milch steckt, war für Arnold die Motivation, seit 2018 als Emmi Bauernbotschafter mitzumachen.

So präsentiert er den Betrieb und seine Familie auch im Video auf der entsprechenden Emmi-Website. «Wir Bauern sollten zeigen, wie wir produzieren», findet Arnold. Das mache den Dialog einfacher, und fördere gegenseitig besseres Verständnis. Es brauche schliesslich auf allen Stufen eine gute Wertschöpfung. Arnold hat auch feststellen dürfen, dass Abnehmer durchaus offen sind für Ideen und Anregungen. Beispielsweise dass auch Bauern von Auto-Flottenrabatten der Firmen profitieren könnten, oder durch gemeinsame Anschaffungen, beispielsweise Batteriespeicher für Solarstrom. «Wir könnten mit mehr Zusammenarbeit noch einige Synergien nutzen.»

Grosses Interesse in der Zentralschweiz für das Ressourcenprojekt Klimastar Milch 

Weil ihm Nachhaltigkeit grundsätzlich ein Anliegen ist, hat sich Marcel Arnold für das Ressourcenprojekt Klimastar Milch angemeldet (siehe auch Bauernzeitung vom 25. Februar). «Ich will wissen, wo ich mit dem Betrieb stehe, auch im Vergleich zu anderen». Ein Blick von aussen tue immer gut und beuge der Betriebsblindheit vor. Und Arnold möchte auch wissen, welchen Mehraufwand die Massnahmen für eine nachhaltigere Milchproduktion bringen und ob solche Milch am Markt auch mehr Wert ist. «Nur wer mitmacht und Bescheid weiss, kann auch mitreden und Forderungen stellen.»
Am Freitag, 18. März 2022, lief die Anmeldefrist ab, schweizweit können 300 Betriebe bei diesem Projekt mitmachen. Lanciert wird Klimastar Milch von Emmi, Nestlé, Aaremilch und den ZMP.

Viele Grosse angemeldet
Das Interesse im Gebiet der Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) sei sehr gross, sagt André Bernet, Leiter Milchvermarktung ZMP. Angemeldet hätten sich bis Anfang Woche bereits 88 Produzenten mit einer Milchmenge von total 27,7 Mio kg, im Schnitt mit 314 000 kg also überdurchschnittlich grosse Lieferanten. 83 Prozent seien Talbauern und 30 Prozent Delegierte.
Es könnten bei den ZMP aber nur 75 Betriebe mit 15 Mio kg mitmachen, «wir können und müssen also auswählen», sagt Bernet. Die Rückmeldungen aus den Anfang März durchgeführten zwei Online-Informationsveranstaltungen seien durchwegs positiv gewesen. Bei den Interessierten stünden Massnahmen aus den Bereichen Fütterung, Herdenmanagement, Energie und Düngereinsatz im Vordergrund.

Freiwillige Massnahmen
Ziel des Projekts ist es, mit einem massgeschneiderten Massnahmenmix auf Milchviehbetrieben eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 20 Prozent zu erreichen. Die Betriebe bestimmen zusammen mit der Beratung ihren Umsetzungsplan selber. Zur Auswahl stehen dabei Massnahmen wie Optimierung des Kraftfuttereinsatzes und der Wiesenfutterqualität, Milchharnstoff senken und Futterzusätze einsetzen. Zuchtwerte verbessern, vorzeitige Kuhabgänge vermindern, Spermasexing nutzen und Tiergesundheit verbessern sind weitere Möglichkeiten für weniger Emissionen.
Wert gelegt wird auch auf Verminderung der Nahrungsmittel- und Flächenkonkurrenz durch Milchproduktion. Nahrungsmittelkonkurrenz tritt auf, wenn beispielsweise Weizen an Kühe verfüttert wird. Flächenkonkurrenz entsteht, wenn beispielsweise Futtergetreide statt Kartoffeln angebaut wird. Bernet weist darauf hin, dass Nahrungsmittelkonkurrenz für ackerfähige Betriebe nicht zwingend eine grössere Herausforderung sei als für Grünlandbetriebe. Und das Modul Flächenkonkurrenz sei freiwillig.

Viele Zielkonflikte
Marcel Arnold ist sich bewusst, dass auf seiner Fläche statt Milch auch pflanzliche Produkte direkt für die menschliche Ernährung produziert werden könnten. Viele Betriebsstrukturen seien aber gegeben und an Investitionen, Infrastrukturen, aber auch Wissen und Vorlieben gebunden. «Wenn ich umstellen müsste, böte der Betrieb wirtschaftlich keine Existenz mehr.» Zudem gehe es auch um Effizienzfragen. Würde die Milchproduktion ins Berggebiet verlagert, seien die Leistungen pro Fläche dort viel geringer. So bräuchte es mehr Kühe und der Methanausstoss wäre höher, führt er ins Feld.
So gebe es viele Zielkonflikte auf dem Weg zu nachhaltigerer Milch. Und der Fokus sollte nicht nur auf die Produktion gelegt werden. «Es ist ja fragwürdig, wenn im Laden ein Liter grüne Milch mit dem PS-starken SUV eingekauft und am nächsten Tag in die Ferien geflogen wird.» Es brauche deshalb ein Umdenken beim gesamten Konsumverhalten der Gesellschaft. «Und nachhaltige Milch muss mehr Wert sein.»