Es klingt wie eine Geschichte aus einem Abenteuerroman: Drei Freunde bauen sich basierend auf einem Aebi-Transporter ein eigenes Motorfahrzeug und fahren damit am anderen Ende der Welt zuerst durch eine riesige Wüste und danach hoch hinauf auf einen Vulkan. Das Ziel der drei Wagemutigen: Sie wollen nicht nur den bisherigen Höhenweltrekord für Fahrzeug-Fahrten brechen, sondern das Ganze auch noch auf eine umweltfreundliche Art tun, denn ihr selbst konstruiertes Expeditionsfahrzeug, der sogenannte Terren, ist ein reines Elektro-Nutzfahrzeug.
Diese Abenteuergeschichte entspringt nicht der wilden Phantasie eines Autors, sondern dem realen Leben – und sie wird gerade erst geschrieben. Am 26. August 2022 informierte das dreiköpfige Schweizer Team von DDP Innovation im st.-gallischen Thal über den Zwischenstand seines Projektes Peak Evolution und gewährte einen Blick auf das spannende Expeditionsfahrzeug.
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Das Potenzial von Elektrofahrzeugen zeigen
Die bislang geschriebenen Kapitel dieser Erfolgsgeschichte wären an und für sich bereits beachtlich. Die Ostschweizer Brüder David und Patrik Koller haben mit ihrem Freund David Pröschel in den vergangenen dreieinhalb Jahren jede freie Minute aufgewendet und jeden Rappen umgedreht, um ihre Vision eines elektrobetrieben Mehrzweck-Transporters Wirklichkeit werden zu lassen.
Nun, wo das Fahrzeug fertig ist, wollen die drei jungen Männer damit weit fort und hoch hinaus. Ihr Ziel ist es, mit dem Terren im Januar 2023 den 6893 m ü. M. gelegenen Kraterrand des Vulkans Ojo del Salado in der chilenischen Atacama-Wüste zu erreichen. Begleitet werden sie auf diesem herausfordernden Abenteuer unter anderen vom renommierten Dokumentarfilmer Claudio von Planta, dessen Filme weltweit auf Beachtung stossen.
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Mit ihrem Vorhaben wollen Koller, Koller und Pröschel zeigen, wozu moderne Elektro-Nutzfahrzeuge in der Lage sind. Das ist aus landtechnischer Sicht interessant, denn obwohl ihr Gefährt im Moment eher nach einem Abenteuer-Fahrzeug für die «Dakkar Rallye» aussieht, haben die jungen Abenteurer den Bau ihrer Maschine mit einem Aebi-Transporter begonnen.
Die Erfordernisse grosser Höhen
Das nach dem rätoromanischen Wort «Terren» (Boden) benannte Fahrzeug basiert auf einem Transporter VT450 von Aebi Schmidt. Doch mit diesem Modell hat das an der Präsentation gezeigte Vehikel nicht mehr viel zu tun. Für die Expedition mussten die drei Köpfe hinter DDP Innovation das Fahrzeug schliesslich an die Erfordernisse einer so hoch gelegenen Wüste anpassen, wo es keine Infrastruktur, keine Autogaragen und keine Hotels gibt.
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Die Motoren ersetzten die umweltbewussten Tüftler durch zwei Elektromotoren mit jeweils 140 kW Leistung, was zusammen 380 PS entspricht – die Leistung des ursprünglichen Dieselmotors wurde mehr als verdoppelt. Nicht nur das Umweltbewusstsein, sondern auch das ehrgeizige Ziel spricht indes für einen Elektroantrieb: Im Gegensatz zum Verbrenner ist er nicht auf Sauerstoff angewiesen. Das Klima beschert dem Terren auch gutes Schuhwerk: Die eigens von Nokian entwickelten extrabreiten Reifen eignen sich sowohl für warme Temperaturen als auch für die Kälte der Atacama-Wüste.
Ein komplett überarbeitetes Fahrzeug
Dank eines Drehmoments von 35 000 Nm und seiner Reifen könne der Terren mit seinem Gesamtgewicht von rund 10 Tonnen eine Steigung von 100 % erklimmen, schreibt das Start-up-Unternehmen in einer Mitteilung. Das Fahrzeug bringt im Leerzustand 4 Tonnen auf die Waage, es sind also 6 t Zuladung möglich.
Den Antriebsstrang des Allradvehikels haben die Drei komplett überarbeitet, so dass der Totalenergieverbrauch im Vergleich zum ursprünglichen Modell um 75 % reduziert werden konnte. Die Zugkraft konnte dadurch sogar noch um 20 t erhöht werden.
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Die 90 kWh-Batterie wurde am tiefsten Punkt des Fahrzeugs befestigt und kann über zwei Starkstrom-Ladebuchsen geladen werden. Mit an Bord ist ein mehrteiliges Solarladesystem: Eine Anlage auf dem Dach der Camperbox, wo das Team schlafen wird, liefert 1,4 kW. Zusätzlich stehen stationäre 28 Quadratmeter Solarpanels zur Verfügung, so dass insgesamt 7 kW Strom produziert werden können.
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Der Terren eignet sich für die Berglandwirtschaft
Nach dem Rekordversuch sei der Terren mit wenigen Anpassungen bereit für den Einsatz in der Berglandwirtschaft, zeigen sich David Pröschel, David Koller und Patrik Koller zuversichtlich. Mit ihrem Unternehmen DDP Innovation wollen sie im st.-gallischen Sevelen zukunftsweisende Automobiltechnologien auf der Grundlage erneuerbarer Energien entwickeln. Die drei kennen also die Bedürfnisse der modernen Berglandwirtschaft – auch wenn die hiesigen Berge etwas weniger hoch sind als der Ojo del Salado.
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