Noè Zardi möchte die Landwirtschaft resilienter machen, ohne die bisherige Praxis auf den Kopf zu stellen. «Es muss ohne grosse Investitionen gehen, sonst wird das schnell überwältigend», ist der Tessiner überzeugt. Sein Ansatz ist eine App für optimierte Bewässerung, die auf lokalen Sensordaten, Wettervorhersagen und Modellen basiert.

Via Polentamais-Mühle

Noè Zardi ist ETH-Atmosphären- und Klimawissenschaftler. Sein Start-up Weatherbound, in dem er die gleichnamige Bewässerungsapp entwickelt, ist aber unabhängig von der ETH. «Meine Familie hat eine Polentamais-Mühle im Tessin», schildert Zardi. Sein Hobby sind traditionelle Mühlen, für die er sich als Co-Präsident der Vereinigung Schweizer Mühlenfreunde engagiert. So kam er in Kontakt mit der Landwirtschaft. Mit Weatherbound will er das theoretische Wissen seines Studiums mit dem praktischen von Bauern verknüpfen. Dafür arbeitet Zardi mit seinem Team aus zwei Hydrologinnen, einer Biologin und zwei IT-Fachmännern mit sieben landwirtschaftlichen Partnerbetrieben zusammen.

Als er sein Studium abgeschlossen hat, gab es wettertechnisch «ein paar krasse Sommer», wie Noè Zardi sagt. «Wir haben an der ETH viel über Modelle gesprochen. So etwas wollte ich mit der traditionellen, bodenständigen Praxis in der Landwirtschaft zusammenbringen.» Dazu gehört etwa, dass die Wetterstationen von Weatherbound nicht möglichst alles messen, «sondern nur das, was für die Landwirt(innen) relevant ist.» Namentlich sind das etwa Temperatur, Niederschlag, Sonneneinstrahlung oder Wind, sowie Bodenfeuchtigkeit und Wachstumsdaten der Kultur.

Alle Daten fliessen in ein Modell, das in Verbindung mit Wettervorhersagen das Wasserdefizit errechnet und Empfehlungen zu Bewässerungszeitpunkt und benötigter Wassermenge gibt. Herzstück sind dynamische Schwellenwerte, die je nach Wachstum der Kultur und den aktuellen Bodenverhältnissen angepasst werden. «Weatherbound ist noch nicht ganz fertig entwickelt», erklärt Zardi. Dereinst soll die App aber mit einer Kalender- und Alarmfunktion ausgestattet sein und die Fernsteuerung der Bewässerung – unabhängig von der eingesetzten Infrastruktur – ermöglichen. Der Start-Up-Gründer rechnet mit deutlichen Einsparungen von Wasser, Zeit und Energie.

Nächstes Jahr fertig

Die Fertigstellung der Weatherbound -App ist für Frühling 2026 geplant. Wer Interesse hat, kann gerne mit den Entwicklern Kontakt aufnehmen. «Wir möchten Bedürfnisse abholen und in Dialog treten», versichert Noè Zardi. Kostenlos werde die App nicht, es gibt ein jährlich zu bezahlendes Abo. Hinzukommt die Investition in die Wetterstation, die sich nach Bedarf mit mehr oder wenigen Sensoren ausbauen lässt und den Landwirt(innen) gehört (kein Leasing). Weatherbound übernimmt Wartung und Service der Station.

Die Messdaten der Praxisbetriebe hätten bereits gezeigt, dass gewisse Kulturen den Boden regenerieren und dessen Wasseraufnahme verbessern. «Kultur und Bodenbearbeitung beeinflussen den Wasserhaushalt stark – das habe ich alles in den letzten Jahren gelernt», sagt Noè Zardi. Für ihn als Meteorologe ist das neu, aber handfeste Daten könnten auch Landwirte überraschen, denen solche Fakten klar sind. «Leichtere Maschinen, mehr Humus durch eine veränderte Düngung – sowas sieht man in den Daten sofort, schon nach einem Jahr.» Die physikalischen Messungen zeigten eine angepasste landwirtschaftliche Praxis – das begeistert Zardi. «Wir reden von Physik, aber im Feld stimmen die Daten mit dem Gefühl der Landwirte überein.»

Verbessert die Strukturen

Längerfristig würde es Zardi begrüssen, wenn nicht nur Bewässerungsinfrastrukturen, sondern auch digitale Helfer zu deren optimiertem Einsatz agrarpolitisch unterstützt wurden. «Unsere Lösung ist im Grunde schon eine Strukturverbesserung», findet er. Seine Vision: «Die Landwirtschaft behalten, wie man sie kennt – aber besser.»

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