Es gab kürzlich einige Meldungen bei der Redaktion, wieso denn in den letzten Wochen bei schönstem, teils windigem Frühlingswetter, vereinzelt sogar an Samstagen und in Siedlungsnähe, dicke Gülle mit dem Werfer und Prallteller auf Wiesen «gefleddert» werde. Sogar in Tallagen auf gut geeigneten Parzellen für Schleppschlauchverteiler. Solches Verhalten von Berufskollegen sei dem Image der Landwirtschaft nicht gerade dienlich, vor allem da die tierintensive Landwirtschaft wegen hohem Ammoniakausstoss ohnehin am Pranger stehe, wurde selbst von Bauern moniert.

«Die Sensibilisierung der Bauern ist regional recht unterschiedlich.»

Fredy Bölsterli sieht noch Potenzial in den Schwyzer Regionen March und Höfe.

Der Einsatz nimmt zu

Ist es Unwissenheit und Bequemlichkeit, werden die Umtriebe gescheut oder ist es schlicht zu teuer und umständlich, zum Güllen den Schleppschlauch einzusetzen? Trotz der Ressourceneffizienzbeiträge, die es dafür gibt? Und wird in letzter Zeit wieder mehr herkömmlich gegüllt, statt auf moderne umweltschonende Applikationstechniken zu setzen?

Die BauernZeitung erkundigte sich bei den Landwirtschaftsämtern der Region nach dem Stellenwert und Anteil des Schleppschlauch-Einsatzes und nach der Entwicklung in den letzten Jahren. Nein, der Eindruck täusche, dass weniger mit dem Schleppschlauch gegüllt werde, wurde aus allen befragten Zentralschweizer Kantonen und dem Aargau gemeldet. Entweder seien die Flächen und Anzahl Betriebe recht stabil, oder es würden gar von mehr Betrieben mehr Flächen so begüllt (siehe Tabelle).

Für den tierintensiven Kanton Luzern schätzt Franz Stadelmann von der Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa), dass wohl bereits rund die Hälfte aller Gülle emissionsmindernd ausgebracht wird. Die Flächen schwanken zwar leicht, die Anzahl Betriebe und ausbezahlten Beiträge seien aber recht konstant. «Neueinsteiger gibt es allerdings kaum.» Aus dem Aargau wird von einer jährlich zunehmenden mit dem Schleppschlauch begüllten Fläche berichtet. «Wer über die nötige Einrichtung verfügt, wird diese auch nutzen», sagt Daniel Müller von Landwirtschaft Aargau. Das effektive Potenzial und der Anteil Betriebe seien aber eher schwierig zu ermitteln. «Von welcher düngbaren Fläche nach Abzug der steilen Lagen und Wiesen mit vielen Bäumen gehen wir aus? Und von welchen Betrieben, auch viehlose, die Gülle zuführen?». Aussagekräftiger sei der Anteil flüssiger Hof- und Recyclingdünger, welcher mit emissionsmindernden Verfahren ausgebracht werde. Im Aargau wird ein Anteil von rund 60 Prozent geschätzt, verglichen mit den deklarierten Mengen der Schleppschlauchbeiträge. Die Zielgrösse des Bundes liege bei 70 Prozent.

Es gibt Kantonale Beiträge

Im Kanton Zug sei die Bereitschaft für den Schleppschlauch hoch, besonders in den vielen siedlungsnahen Gebieten, betont Stefan Rohrer vom Landwirtschaftsamt. «Auch machen sich die Betriebsleiter bereits Gedanken, wenn 2022 das Obligatorium in Kraft tritt, wie sie das auf ihren Betrieben umsetzen wollen.» Zug unterstützt im Übrigen im Rahmen des noch bis 2030 laufenden Massnahmenplans Ammoniak die Techniken Schleppschuh und Gülledrill mit kantonalen Beiträgen. «Auch wenn der Bund Ende 2021 mit seinen Beiträgen für emissionsmindernde Gülleausbringung aufhört.» Es sei denkbar, dass auch andere Techniken anerkannt würden, wie bodennahes Ausbringen mit groben ­Tropfen, wie bei Pflanzenschutzspritzen, sagt Rohrer. Martina Schmid vom Landwirtschaftsamt ergänzt, dass es durchaus immer wieder kritische Stimmen gegenüber dem Schleppschlauch gebe. Nicht nur wegen der Topografie oder der Anschaffungskosten, sondern auch beim Einsatz von dicker Gülle. So wegen Rückständen auf Pflanzen, welche zu Problemen bei der Fütterung und Tiergesundheit führen könnten.

Der Schleppschlauch habe sich auch in Schwyz gut etabliert. Die Teilnehmerzahl wie die Fläche sei kontinuierlich gestiegen, was auch von der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung sehr geschätzt werde, sagt Fredy Bölsterli vom Amt für Landwirtschaft. Allerdings sei die Sensibilisierung der Bauern regional sehr unterschiedlich. Grosses Potenzial hätten die für den Einsatz prädestinierten Regionen March und Höfe. Dieses Problem werde sich jedoch mit der Schleppschlauchpflicht ab 2022 von selbst lösen.

«Viele Bauern sind gefordert, bis 2022 eine Lösung zu finden.»

Bruno Abächerli und Damian Gisler mahnen die Obwaldner und Urner Bauern.

In Hanglagen beschränkt möglich

In den Innerschweizer Kantonen Uri, Nid- und Obwalden ist die mit dem Schleppschlauch begüllte Fläche ebenfalls jährlich gestiegen. Die Landwirtschaftsämter betonen allerdings, dass der Einsatz aufgrund der vielen Hang- und Steillagen und wegen der starken kleinflächigen Parzellierung begrenzt sei. Verwiesen wird auch auf die hohen Kosten. Der Kanton Nidwalden fördert den Einsatz zusätzlich zum Bundesbeitrag von 30 Franken pro ha noch mit einem kantonalen Beitrag von zehn Franken pro Hektare.

Bei den Beratungsveranstaltungen sei in den vergangenen Jahren stets über die vielen Vorteile des Schleppschlauchs, nämlich weniger Ammoniakverluste, weniger Geruch und grössere Ausbringflexibilität, informiert worden. Auch wurde an den Pflichteinsatz auf bestimmten Flächen ab 2022 gemahnt.

In den Kantonen Uri und Obwalden schätzen die Leiter der Landwirtschaftsämter, Damian Gisler und Bruno Abächerli, dass rund die Hälfte der Bauern, die den Schleppschlauch ab 2022 aufgrund der Topografie einsetzen müssen, dies schon heute tun. «Die restlichen sind gefordert, bis dann eine Lösung zu finden.»

Tabelle Entwicklung Einsatz Schleppschlauch: (Ausbringfläche in ha)

Kanton

2016

2017

2018

2019

LU

93170

96159

92670

95690

AG

30921

33462

34439

35659

SZ

14250

14976

15334

15858

NW

3539

3946

4082

4180

OW

3405

4233

4683

4971

UR

2017

2093

2071

2078

ZG

8391

10882

9897

10250

 

Wirkung des Schleppschlauchs

Der Bundesrat hat im Februar das Schleppschlauchobligatorium ab 2022, gegen den Widerstand des Schweizer Bauernverbandes, beschlossen und dies in der Luftreinhalteverordnung geregelt. Der Einsatz eines Schleppschlauchsystems reduziere die Ammoniakemissionen um 30 bis
50 Prozent im Vergleich zum Breitverteiler. Gleichzeitig gelangen so zwei bis drei Kilogramm mehr N in den Boden, und es könne von einer Ertragssteigerung im Grasland von 2,5 Prozent ausgegangen werden. Emissionsmindernde Ausbringverfahren werden seit 2008 finanziell unterstützt. Über 40 Prozent der Gülle würden heute mittels emissionsmindernden Verfahren ausgebracht, schätzt der Bund. Die obligatorische Anwendung von emissionsarmen Techniken zur Gülleausbringung – dort
wo es die Topografie erlaubt (Hangneigung bis 18 Prozent) – führe zu einer Steigerung dieser so ausgebrachten Gülle von 40 auf 70 Prozent.