«Es kann doch nicht sein, dass wir zur Abdeckung der vielen Hundert Güllesilos nur Betonelemente oder Zeltblachen verwenden können», nervt sich Markus Kretz, seit letztem Herbst Präsident des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands. Gerade im Kanton Luzern mit so viel Holz, auch Käferholz, und vielen bäuerlichen Waldeigentümern sollte doch auf diesen einheimischen und nachhaltigen Rohstoff auch für solche Bauten gesetzt werden, ist er überzeugt. So suchte er nach einem Holzbauer, welcher seine Idee unterstützte und stiess bei der Erni Gruppe Schongau, welche neben Holzbau auch auf Planung und Spenglerei setzt, auf offene Ohren.
Viele Vorteile für Holz
So wurde ein Konzept erarbeitet und im Dezember erstmals von Projektleiter Alex Keller von der Erni AG einigen Interessierten, so von Behörden und Bauernverband, vorgestellt. Vorteile einer Holzkonstruktion seien, dass ein einheimischer nachwachsender Rohstoff verwendet werden könne und dass die Wertschöpfung in der Region bleibt. Andere Systeme wie Spannbeton-Hohldecken-Elemente werden nämlich häufig importiert, deren Recycling sei ungelöst, erklärt Keller. Vorteilhaft sei weiter das geringe Gewicht von Holz, die schnelle Montage und dass Holzelemente auf Beton- und Email-Silos einsetzbar sind.
Die Konstruktion ist selbsttragend ohne Mittelstütze, je nach Durchmesser ist der Aufbau der Brettschichtholzträger höher. Die verleimten feuchtebeständigen Träger (BSH 24) könnten bis 21 m Silo-Durchmesser oder auch mehr verlegt werden. Abgedeckt wird mit auf die Binder verschraubten spezialbeschichteten rostgeschützen Trapezblechen, ebenfalls ein Schweizer Produkt. Verwendet werden könne Holz aus der Region, meist Fichte, auch Käferholz sei möglich. Die Leimbinder werden extern in einem spezialisierten Werk hergestellt, bearbeitet werden diese bei der Erni AG im Werk in Schongau. Auch der Transport, so auch ins Berggebiet, sei eher weniger problematisch als bei Varianten mit Betonelementen.
Eigenleistungen möglich
Keller weist auch auf den einfachen Unterhalt einer solchen Abdeckung hin, indem Bleche abgeschraubt werden, um den Zugang beispielsweise ins Silo oder zum Rührwerk zu ermöglichen. Beim Bau seien durchaus Eigenleistungen möglich. So auch, indem eigenes Holz geliefert werden kann oder Mithilfe bei der Verkleidung. Auf solche Abdeckungen könne auch eine Fotovoltaikanlage montiert werden.
Beim Systemvergleich wird angegeben, dass die Lebensdauer eher höher als bei anderen Abdeckungen und auch die Schnee- und Nutzlast grösser sei. Die Investitionen bewegen sich gemäss Konzept zwischen jenen für Schwimmfolien und festen Konstruktionen wie Beton, konkret bei rund 135 Franken pro m2.
Pilotanlage kurz vor Bau
In den nächsten Wochen soll die erste Pilotanlage erstellt werden. Der Bauherr habe sich für die Variante Holz überzeugen lassen, nachdem er zuerst eine Lösung in Beton wollte, sagt Initiant Markus Kretz. Zu decken ist aufgrund der neuen Ammoniakauflagen (siehe Kasten) ein offenes Güllesilo mit 17 m Durchmesser. Benötigt werden dafür 13 m3 Konstruktionsholz, die Dachfläche beträgt 214 m2. Die Aufbauhöhe liegt bei diesem Durchmesser bei rund 1,2 m. Zusätzlich soll dort auch die Wand des Betonsilos neu mit Holz verkleidet werden. Die Belüftung sei gesichert, die offenen Flächen unter den Trapezblechen liegen unter den erlaubten maximal sechs Prozent der Silofläche.
Wohl keine Baubewilligung
Noch hängig sind Abklärungen, ob es für diese Abdeckung eine Baubewilligung braucht. Derzeit braucht es im Kanton Luzern ein ordentliches Baubewilligungsverfahren für die Abdeckung von Güllelagern mit einem Zeltdach und für individuelle Lösungen, nicht aber für Schwimmfolien, Spannbetonelemente oder eine Ortbetonplatte. Noch nicht geregelt sind Projekte mit Holz, beziehungsweise solche galten bisher als «individuelle Lösungen».
Man sei durchaus offen, Abdeckungen mit Holz ohne Baubewilligung zu tolerieren, «je nach Ausmass und Materialisierung», sagt auf Anfrage Roland Emmen-egger von der zuständigen Dienststelle Raum und Wirtschaft Rawi. Entscheidend sei, neben der Aufbauhöhe, welche mit grösseren Durchmessern zunimmt, auch die Farbe, beispielsweise helles oder dunkles Blech. «Wir haben den Eingliederungsartikel zu berücksichtigen, und ob öffentliche und private Interessen tangiert sind», erklärt Emmenegger. Für Normlösungen gehe er von Bewilligungsfreiheit aus, für den Graubereich müssten nun Regelungen gesucht werden. Definitive Entscheide, wie Holzabdeckungen beurteilt werden, sollen in den nächsten Tagen fallen.
Neu Beiträge an Abdeckung
Gemäss der Strukturverbesserungsverordnung SVV des Bundes ist neu eine finanzielle Unterstützung für die Abdeckung von Güllegruben möglich. Das hat der Bundesrat letzten November entschieden. Vorgesehen sind gemäss SVV 30 Franken pro m2 Abdeckfläche, aber nur, wenn sich auch der Kanton im gleichen Ausmass beteiligt. Neu gibt es im Kanton Luzern also ab sofort 60 Franken pro m2 Abdeckfläche à fonds perdu, bestätigt Martin Christen von der Dienststelle Landwirtschaft und Wald Lawa. Je nach Abdeckungsvariante wird so ein Drittel bis die Hälfte der Investition subventioniert. Das Lawa ist zuständig für den Vollzug, das Gesuchsformular ist bereits online aufgeschaltet.
Christen weist auf die Bedingungen gemäss SVV hin, so sind nur Betriebe über eine SAK beitragsberechtigt und es gelten Einkommens- und Vermögenslimiten. Ebenso wird eine Priorisierung gemäss des Massnahmenplans Ammoniak gemacht. Christen rechnet mit jährlich 100 bis 150 Beitragsgesuchen im Kanton Luzern.
Noch viele offene Güllelager in Luzern und im Aargau
Allein im Kanton Luzern gibt es noch rund 1200 offene Güllelager, in keinem anderen Kanton gibt es so viele. Für den Aargau schätzt Ralf Bucher vom Bauernverband noch rund 300 offene Lager. In anderen Innerschweizer Kantonen wie Zug und Schwyz gibt es hingegen nur mehr wenige nicht abgedeckte Güllenlöcher. Dies, weil die Abdeckung dank finanziellen Beiträgen aus Ressourcenprojekten vor einigen Jahren forciert wurde. In Luzern und Aargau ist das Potenzial hingegen noch sehr gross, denn in den nächsten Jahren sind noch alle offenen Gruben zu decken (BauernZeitung vom 23. Oktober). Im Rahmen des letzten Sommer in Kraft gesetzten Massnahmenplans Ammoniak will der Kanton Luzern diese Abdeckungen stärker vorantreiben. Dies, weil offene Gruben mit 13 Prozent zu den Hauptquellen von Ammoniakemissionen zählen. Bereits haben zahlreiche Luzerner Bauern Verfügungen zur Sanierung bis 2025 erhalten. Weitere Etappen von Verfügungen folgen je nach Priorität. Spätestens 2030 müssen alle noch offenen Lager im Kanton abgedeckt sein.