Wer jetzt seine Felder güllt, ist ein unverbesserlicher Umweltverschmutzer. Und macht sich zudem strafbar. Denn dass jetzt im Dezember und auch Januar die Vegetationsruhe unterbrochen wird, dass also die Temperatursummen genügend hoch sind, ist nicht realistisch. Diese beiden Wintermonate gelten denn auch grundsätzlich als Vegetationsruhe. Anders war das im Oktober und November, die milden Tage wurden genutzt, um die Güllegruben zu leeren. Und Diskussionen, ob man nun güllen darf oder nicht, wird es wie alle Jahre wohl wieder ab Februar geben.
Checkliste wieder angepasst
Inzwischen wurde die Luzerner «Checkliste für den Umgang mit Hof- und Recyclingdüngern im Winter» schon wieder angepasst. Die aktuellste Version datiert vom November 2020, schon im November 2019 gab es Anpassungen. Und damals hagelte es Kritik (siehe BauernZeitung vom 13. Dezember 2019). So wurde bemängelt, dass Luzern die Ausnahme «Güllen vor Vegetationsbeginn» auf Anfang 2020 verschärfte. So weil kein Gülle- oder Mistaustrag vor dem 1. März möglich war, ausser die Temperatursumme war erreicht. In anderen Kantonen wurde auf diesen Fixtermin verzichtet.
«Bedürfnisse im Grünland sollen mit Güllen im Herbst erfüllt werden können.»
Franz Stadelmann vom Lawa plädiert für Lagerkapazität.
Anzeigen wegen Güllen
Im Kanton Luzern gab es vor allem im Frühjahr 2019 mehrere Strafanzeigen wegen vorzeitigem Güllen. Und den Bauern drohten Strafen von mehreren tausend Franken. Da sei die Umweltpolizei etwas übereifrig gewesen, findet Stefan Heller, Geschäftsführer Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband (LBV). Er wehrte sich für die betroffenen Bauern. Zu Verurteilungen sei es schliesslich kaum gekommen, mehrere Anzeigen wurden zurückgezogen, nachdem der Straftatbestand bezüglich unzeitigem Güllen offenbar doch nicht so klar erwiesen war.
«Unsicherheit im Frühjahr bleibt bestehen.»
LBV-Geschäftsführer Stefan Heller wünscht klarere Richtlinien von den Kantonen.
Leichte Anpassungen
In der neuesten Version der Checkliste von November 2020, kürzlich im Newsletter der Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa) publiziert, erfolgte nun eine geringfügige Lockerung der Auflagen. So gilt die Temperaturregelung generell erst ab dem 1. Dezember. Diese besagt, dass die Vegetationsruhe als beendet gilt, wenn die Tagesmitteltemperatur im Durchschnitt während mindestens sieben aufeinander folgenden Tagen über fünf Grad liegt. Angepasst wurde auch die Regelung im Frühjahr (siehe Kasten).
Diskussion um Temperatur
Stefan Heller begrüsst die Flexibilisierung und Differenzierung im Frühjahr und dass die Temperatursumme erst ab 1. Dezember gilt. Die Rechtsunsicherheit im Frühjahr bleibe aber bestehen. So zum Vollzug und zur Messbarkeit der Temperatursumme. Es gebe schliesslich grosse regionale Unterschiede, auch zwischen Flächen an Sonnseiten oder Schattenlagen. «Wenn ein Bauer vor dem 1. März güllt, und nicht sicher ist, ob die Temperatursumme an seinem Standort erreicht ist, steht er immer noch mit einem Bein im Gefängnis», findet Heller. Er würde es begrüssen, wenn der Kanton je nach Region genau bekannt geben würde, ob nun gegüllt werden darf oder nicht. Obwohl dies wohl mit einem grossen administrativen Aufwand verbunden wäre.
Franz Stadelmann vom Lawa ist sich bewusst, dass die Zugänglichkeit zu den Daten für die Berechnung der Temperatursumme beschränkt ist. Aber für die Gunstlagen im Talgebiet und um die Seen seien sehr wohl Daten von den Messstationen erhältlich, woraus die Bauern ersehen könnten, ob die Temperatursumme erreicht sei. Landwirtinnen könnten auch selber ohne finanziell grossen Aufwand eine Messstation schaffen, wenn sie für ihre Region oder ihren Betrieb mehr Sicherheit möchten. Wenn schliesslich glaubhaft nachgewiesen werden könnte, dass die Temperatursumme vor Ort erreicht sei, könne das durchaus Bestand als Beweismittel bei einer allfälligen Anzeige haben.
Im übrigen sollten die Bedürfnisse im Grünland mit Güllen im Herbst erfüllt werden können, so dass nicht vorzeitiges Güllen von Wiesen und Weiden im frühen Jahr nötig sei. Vorausgesetzt, es steht genügend Hofdünger-Lagerkapazität zur Verfügung, was heute eigentlich selbstverständlich sein sollte.
Gülleunfälle vermeiden
Stefan Heller findet die Diskussionen um frühzeitiges Güllen im Frühjahr wegen Nichterreichen der Temperatursumme überhaupt unverhältnismässig, da dies kaum je zu einer Gewässerbelastung führe. Viel belastender auch für den LBV seien die Gülleunfälle, von denen es gerade kürzlich leider wieder einige gab. Ursache sind häufig Fehlmanipulationen oder Defekte an Einrichtungen. Da müsse auch der Berufsverband in den eigenen Reihen nach wie vor viel aufklären und sensibilisieren, damit solche Gülleunfälle möglichst vermieden werden können.
Ausbringung im Frühjahr
Der Termin, ab welchem im Frühjahr Hofdünger ausgebracht werden dürfe, wird in der neuen Checkliste differenziert. So wird den besonderen Bedürfnissen im Pflanzenbau Rechnung getragen, auch wenn die Temperatursumme noch nicht erreicht wird. Der Austrag von Gülle ist grundsätzlich ab dem 1. März möglich. Bei Wintergetreide und Raps kann unter guten Bedingungen ab dem 15. Februar Gülle ausgebracht werden. Bei Mist und Kompost gilt neu der 1. Februar, davon ausgenommen ist Geflügelmist. Zusätzlich gelten aber weiterhin die bisherigen Auflagen, dass Flächen weder begüllt noch bemistet werden dürfen, wenn diese nass und nicht aufnahmefähig, gefroren (Schraubenziehertest) oder schneebedeckt sind sowie nach Intensivniederschlägen.