«Nur ein wochenlang nasser April mit viel Pilzdruck kann uns nun noch retten». Laut Christian Siegrist, Geschäftsführer «Wald Seetal Habsburg» tickt im Luzerner Wald eine Zeitbombe. Die geschwächten Wälder seien den Borkenkäfern ausgesetzt, diese beginnen bereits wieder zu wüten. Dabei seien die von den gefrässigen Insekten verursachten Schäden im Herbst teils erst jetzt ersichtlich. Immer wieder würden dürre Fichtenbestände entdeckt. Und das warme Frühlingswetter begünstige nun die Entwicklung von neuen Generationen von Käfern. Siegrist rechnet mit einer explosionsartigen Vermehrung bis zum Sommer.

Frischbefall bekämpfen

Umso wichtiger wäre es, alle frisch befallenen Käfertannen –die Insekten fressen sich derzeit nicht nur in Fichten, sondern auch in Weisstannen – rasch zu entfernen. Fällen, abführen, verwerten ist eine Variante. Wenigstens entrinden oder das Holz hacken und abführen eine andere. Nur, das gelingt je länger je weniger.

Der Absatz von Holz bereitet grosse Mühe. Im Gegensatz zum Sturmereignis Lothar 1999, wo ein Absatz ins Ausland noch möglich war, sei derzeit der Holzmarkt in ganz Europa gesättigt, die Lager übervoll. Nur ganz punktuell und regional sei es noch möglich, Käufer zu finden. Belastet sei nicht nur der Rundholzmarkt, sondern auch bei Industrie- und Energieholz bestünden wenig Absatzmöglichkeiten. «Es gibt schlicht keine Nachfrage mehr für die nun anfallenden grossen Mengen an Käferholz», weiss Siegrist.

Die Zeit drängt

Die Schilliger Holz AG, der grösste Schweizer Abnehmer, sei immer noch daran, Holz vom Wintersturm Burglind abzuführen. Sicher bis Juli, sagt Einkäufer Valentin Stäheli. «Anderseits brauchen wir auch laufend etwas Frischholz.» Schilliger sei durchaus bereit, frisches Käferholz zu übernehmen. Er weist aber auf zeitliche Engpässe hin. «Käferholz fällen und lagern ist das eine, abführen das andere. Beides muss schnell gehen, innert Wochen, sonst nimmt das Holz Schaden.» Stäheli plädiert dafür, kurzfristig Folgeschäden durch Käferholz zu vermeiden. Langfristig müsse mehr Schweizer Holz verwertet und die Kapazitäten erweitert werden können.

Auf die Klimawirkung der Waldpflege weist Lukas Gerig, Betriebsförster bei Wald Seetal Habsburg hin. «Wenn wir nichts machen, geht auch bei der CO2-Bindung nichts.»

Folgeschäden vermeiden

Auch Ruedi Gerber, Präsident Wald Luzern, rät dazu, befallene Käferbäume aus den Wäldern zu räumen. Die Folgeschäden würden ein Zehnfaches ausmachen. Allerdings sei es nicht einfach, dass Laien den Befall rechtzeitig erkennen könnten. Und die Förster seien derzeit angesichts der sich dramatisch häufenden Schäden schlicht überfordert, rechtzeitig zu reagieren. «Wenn die Rinde abfällt und die Bäume dürr sind, ist es bereits zu spät.» Solches Holz könne auch stehen gelassen werden. Dabei rücken aber Fragen der Sicherheit und der Erwartungen der Gesellschaft in den Vordergrund. «Die Bevölkerung wird sich wohl daran gewöhnen müssen, dass grössere Waldbestände einfach dürr und braun werden und stehen bleiben», meinte Ruedi Gerber. Das betreffe dann nicht mehr nur die Waldeigentümer, sondern Spaziergänger, Biker und viele weitere Waldnutzer.

Infos an Medien und Politik

«Wald Luzern» organisierte zusammen mit den Betriebsförstern der regionalen Waldorganisationen kurzfristig letzten Freitag einen Medientermin im Herzigwald bei Rain, um Politik und Bevölkerung wachzurütteln, wie Gerber betonte. Dabei war auch eine gewisse Ratlosigkeit und Ohnmacht spürbar.

«Wir haben keine Feuerwehr im Wald, die wäre jetzt wichtig«, meinte Gerber. Borkenkäfer frühzeitig zu bekämpfen wäre zwar sinnvoll, in einem überlasteten Holzmarkt sei das aber schwierig, und es stellten sich auch Fragen zur Finanzierung, meinte Bruno Röösli von der Luzerner Dienststelle Landwirtschaft und Wald Lawa. «Wenn die Natur nicht mitmacht, stossen alle Konzepte an Grenzen.»

Die Luzerner Waldwirtschaft rechnet in den nächsten Monaten mit dramatischen Schäden, vor allem in unteren Lagen. Für die Schutzwälder, die machen im Kanton Luzern ein Viertel der Waldfläche aus, stehe etwas Geld zur Verfügung. 1,2 Millionen Franken für Überwachung und Bekämpfung, erklärt Bruno Röösli von Lawa. Für die restlichen Wälder gibt es allerdings derzeit keine Unterstützung. Das möchten die Waldeigentümer ändern. Sie verweisen auf die Strategien in anderen Kantonen und wollen diesbezüglich auch im Luzerner Kantonsrat Druck machen.