«Aus Holz sollte nicht nur Wärme gewonnen werden, sondern vor allem Strom», findet Hansjörg Bucher aus Escholzmatt LU. Er betreibt mitten im Dorf eine Sägerei mit Hobelwerk, die Firma ist über100-jährig und beschäftigt18 Mitarbeitende. Bucher hat sich auf die Herstellung von Holzschindeln spezialisiert, die erlebten derzeit wieder eine Renaissance, so auch für Fassaden von Neubauten.

Wärme für 400 Bezüger

Seit 26 Jahren liefert Bucher ab einer Schnitzelfeuerung in einem Wärmeverbund auch Heizenergie für das Dorf. Das bald zwei Kilometer lange Wärmenetz mit über 400 Bezügern betreibt die Bucher AG selber. Die beiden Heizkessel seien durch den laufenden Ausbau des Netzes schon vor Jahren an Kapazitätsgrenzen gestossen, zudem falle im Sommer zu viel Restholz an, das irgendwie teuer zwischengelagert werden müsse, sagt Bucher.

125 kW elektrische Leistung und 240 kW thermische Leistung

So meldete er sich schon 2011 für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) an, weil er liebäugelte, mit einer Holzvergaseranlage Strom zu produzieren. Nach diversen Besichtigungen und Planungen nahm er schliesslich im Mai 2015 eine erste Anlage mit Vergaser und Verstromer in einem Blockheizkraftwerk der deutschen Firma Wegscheid in Betrieb. Die liefert 125 kW elektrische Leistung und 240 kW thermische Leistung. Garantiert wurden jährlich 7500 Betriebsstunden. «Effektiv läuft unsere Anlage aber über 8300 Stunden», berichtet Bucher.

Das System begeistert

Das wartungsarme und zuverlässige System begeisterte Bucher, so nahm er im Juni 2018 eine zweite identische Anlage in Betrieb. Nun produziert er jährlich über 2,1 Mio kW Strom und 4,5 Mio kWh Wärme. Der Wirkungsgrad sei dank Strom und Wärme aus Holz mit 82 Prozent sehr hoch. Und die Produktion von ganzjähriger Bandenergie sei ohnehin gefragt.

Der Betrieb ist finanziell attraktiv

Inzwischen laufe die alte Schnitzelheizung nur mehr im Winter für die Spitzenabdeckung, für das Wärmenetz genüge meist die Abwärme aus den beiden Holzvergaseranlagen. Selber benötigt Bucher für die eigenen Betriebe nur 450 000 kW Strom, den Rest speist er ein. Zu guten Bedingungen, dank der KEV erhalte er rund 30 Rappen pro kWh, was eine zügige Amortisation ermögliche. Allerdings habe er als Pionier viel investiert, rund drei Millionen Franken. Bucher rechnet inzwischen mit Gestehungskosten von 15 bis 18 Rappen für den Strom. Wenn dieser selber genutzt werden könne oder im Rahmen von Zusammenschlüssen für den Eigenverbrauch, sei das somit durchaus wirtschaftlich, auch ohne KEV.

 

Es gibt wenig Holz-Strom

Strom aus Biomasse, etwa aus Holz, soll in der Energiestrategie des Bundes einen viel grösseren Stellenwert erlangen. Die Technik sei heute schon ausgereift, die Wirtschaftlichkeit hänge aber von den Rahmenbedingungen und individuellen Voraussetzungen ab, betonen Fachleute.

Braucht gewisse Grösse

Die Herausforderung sei die sinnvolle Nutzung der infolge der tiefen elektrischen Wirkungsgrade anfallenden grossen Wärmemengen übers Jahr, sagt Christoph Rutschmann von Holzenergie Schweiz. Anlagen sollten 6000 bis 8000 Volllaststunden pro Jahr aufweisen, sonst könnten diese kaum wirtschaftlich betrieben werden. Heute macht Elektrizität aus Holz rund 5 Prozent aus, Wärme aus Holz hingegen 95 Prozent. Je nach Technologie sind die elektrischen Wirkungsgrade verschieden. Bei der Vergasung könne von 100 Prozent Energie im Holz 55 Prozent als Wärme und 30 Prozent als Strom gewonnen werden. Das ergebe hohe Gesamtwirkungsgrade von 85 Prozent.

Tiefe Emissionen

Gegenüber anderen Systemen der Holzverstromung ermögliche die Vergasung vergleichsweise einen hohen Anteil Strom bei sehr tiefen Feinstaub-Emissionen, gibt das Bundesamt für Energie an. Schweizweit gibt es gemäss Holzenergie Schweiz derzeit bereits über 30 Anlagen, welche aus Holz Strom produzieren. Wärme und Strom durch Holzvergasung sei übrigens eine schon 150 Jahr alte Technologie, schweizweit gibt es sieben solcher Anlagen.

 

Käferholz aus der Region wird verwertet

Entscheidend sei, dass Abnehmer auch für die Wärme bestehen würden und der Rohstoff Holz aus der nahen Region beschafft werden könne. Neben Sägerei-Restholz bezieht Bucher derzeit auch Käferholz aus den sturmgeschädigten Schutzwäldern der Region und verarbeitet diese zu Schnitzeln für die Holzvergaseranlage. Die sind deutlich grösser als ­herkömmliche Hackschnitzel (G30 bis G90), müssten aber sauber und trocken sein. Getrocknet werden die Schnitzel mit Abwärme aus der Holzvergasung über einem Schlitzboden in den Lagerbunkern in vier Tagen auf unter 10 Prozent Holzfeuchte. Täglich werden rund 35 m3 Schnitzel benötigt. Geeignet sind Fichte, Tanne und Buche. Also Baumarten, die in der Region künftig als Schwachholz wegen der klimabedingten Waldbestandesänderung noch gehäuft anfallen werden.

Pflanzenkohle und Elektrofahrzeuge

Aus der Vergasung bei 600 bis 700 Grad fällt wenig Asche an, dafür 80 Prozent Pflanzenkohle. Die möchte Bucher künftig noch besser vermarkten, auch in der Landwirtschaft. Und er hat weitere Pläne: Alle Betriebsfahrzeuge sollen auf Elektrobetrieb ­umgestellt werden, einen elektrischen Seitenstapler hat er schon. Künftig möchte er auch Altholz verstromen.

Erfahrungen weiter geben

Inzwischen hat Bucher aufgrund seiner Erfahrungen im Februar dieses Jahres auch die Holzstrom Schweiz GmbH gegründet, welche Wissen weitergibt und die Systeme vertreibt. Bucher sieht ein Potenzial für solche Anlagen, nicht nur für Sägereibetriebe. Sinnvoll sei der Einsatz auch bei Gemeinden und Korporationen, für Fernheizwerke und Wärmeverbünde. Voraussetzung sei eine ganzjährig hohe Wärmeabnahme. Und Stromabnehmer, die bereit seien, für solchen Ökostrom langfristig faire Preise zu zahlen. Bucher weist auch auf die volkswirtschaftliche Bedeutung hin, wenn Holz aus der Region so optimal energetisch verwertet werden könne.