«Ich will einmal Landwirt und Landmaschinenmechaniker lernen», sagt der 10-jährige Johann Aeschlimann bestimmt. Er gehe heute schon oft zu einem Bauern in seiner Nachbarschaft und helfe dort mit. «Die Arbeit mit den Tieren und die Technik mit den Landmaschinen, speziell die der Traktoren, gefallen mir halt schon sehr», so der Bub. Und schon steigt Johann wieder auf den alten Fiat-Traktor seines Vaters. «Schau, hier ist der Hebel für den Allradantrieb. Und weisst du, dieser Traktor mit Jahrgang 1964 hat schon vier Zylinder und er gehörte meinem Grossvater.»
Über 100 Traktoren
Johann Aeschlimann war am Samstag, 10. August, nicht der einzige, der sich am 1. Emmentaler Traktorentreffen auf dem Dietlenberg bei Lützelflüh kaum sattsehen konnte. Über 100 Traktoren, Einachser oder Transporter fanden den Weg ins Emmental. Dabei gab es nicht nur alte Geräte zu sehen, nein, einige Fahrzeuglenker kamen auch mit den neusten und grössten Traktoren dahergefahren.
Ein grosser Hingucker war sicher der Kramer KLS 130. Nur von Juni 1958 bis April 1959 wurde dieser 13-PS-Traktor produziert. Da nur wenige Stück von diesem Kramer-Modell gebaut wurden, geniessen diese Liebhaberprojekte eine grosse Sympathie.
An keinem Traktorentreffen dürfen die alten Hürlimann fehlen. Hürlimann war ein Schweizer Traktorenhersteller, der heute jedoch zur italienischen SDF-Gruppe gehört. Gegründet wurde die Firma 1929 von Hans Hürlimann in Wil im Kanton St. Gallen. Im Jahr 1939 präsentierte Hürlimann eine Weltneuheit: den ersten Dieselmotor mit Direkteinspritzung. Bis Mitte der 1960er-Jahre waren bereits mehr als 10 000 Traktoren verkauft. «Unter den Landwirten erwarben sich die Hürli-mann-Traktoren den Ruf als kleine Rolls-Royces», meinte ein Besucher des Traktorentreffens lachend. Die meisten Bestandteile der Hürlimann-Traktoren wurden im eigenen Haus hergestellt.
Eine Geschichte, die berührt
Mit einer besonderen Geschichte kann der Hürlimann H12 aufwarten (siehe Bild unten). Dieser Hürlimann mit Jahrgang 1951 wurde am 30. Oktober 1951 von Rudolf Spycher aus Neuenegg persönlich im Werk in Wil abgeholt und auf eigener Achse nach Neuenegg, immerhin 200 km, nach Hause gefahren. Der Neupreis belief sich damals auf 11'460 Franken, zuzüglich Kotflügel hinten für 350 Franken pro Paar.
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Der Hürlimann H12 hat fünf Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang. Der Vier-Zylinder-Motor ist wassergekühlt, läuft mit Benzin oder Petrol und hat eine Leistung von 35 PS. Die Geschwindigkeit beläuft sich auf maximal 20 km/h. Von diesem Modell wurden von 1951 bis 1955 insgesamt 625 Stück gebaut. Damit stellt diese Baureihe eine der erfolgreichsten der Firma Hans Hürlimann dar. Der präsentierte Traktor auf dem Dietlenberg wurde vom jetzigen Besitzer im Mai 2022 übernommen, teilrestauriert und seit dem Juli 2023 ist das Fahrzeug wieder MFK-geprüft und zugelassen.
Fast in jedem Dorf
Sicher weniger bekannt als der Hürlimann in der Schweiz war der Volvo-BM-Traktor. Auf dem Dietlenberg konnten die Besucher aber ein Exemplar bewundern. Der Koloss bringt gut 4200 kg auf die Waage und kann schon mit 96 PS auftrumpfen. Von 1966 bis 1978 wurden diese Traktoren von Volvo, einem schwedischen Unternehmen, produziert. Hingegen waren die Ford-3000-Traktoren fast in jedem Dorf in der Schweiz zu finden. Der Produktionszeitraum dieser Serie, die aus dem englischen Fordson-Werk stammte, dauerte von 1964 bis 1975. Mit 48 PS tat er in der Landwirtschaft wertvolle Dienste.
Das gilt auch für die vielen Rapid-Einachser. Ein grosser Erfolg gelang Rapid im Jahre 1950 mit der Entwicklung und dem Bau des Einachstraktors Typ S. Der Rapid Spezial wurde zum Mähen gebraucht, aber in Kombination mit einem über die Zapfwelle angetrieben Anhänger auch als Transportgerät in der Landwirtschaft eingesetzt.
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