Idyllisch gelegen auf der Pragel-Passhöhe präsentiert sich die Alp der Familie Karin und Beat Betschart. Das unterhalb des Mieserenstock gelegene und neu erstellte Alpgebäude fügt sich trotz seinen beachtlichen Dimensionen gut in die Landschaft ein. Auf den ersten Blick eine Alp, wie sie in den Schweizer Bergen vielfach anzutreffen ist. Bei näherem Betrachten fallen dann aber gleich mehrere Besonderheiten auf. Am offensichtlichsten ist die grosse Photovoltaikanlage auf dem Dach. Als Zweites stechen dem Besucher die beiden Tesla-Fahrzeuge auf dem Vorplatz ins Auge. Dazu kommt der leise arbeitende Mistroboter im Laufstall. Erst bei genauerem Hinsehen kommen dann noch zwei weitere Besonderheiten zum Vorschein: Der Lely Melkroboter und ein Container mit dem grossen Batteriespeicher.
[IMG 4]
Lange Bewilligungsphase
2015 wurde der transportierbare Melkroboter auf der Alp, welche im Besitz der Oberallmeindkorporation Schwyz ist, erstmals in Betrieb genommen. «Dieser funktionierte seither immer zuverlässig», so Beat Betschart. Weniger zufriedenstellend zeigte sich damals allerdings die Situation rund um das Alpgebäude, wo die Kühe vor und nach dem Melken im Roboter vielfach in tiefem Morast standen. Der Alpstall selber entsprach zudem nicht mehr den Tierschutzvorschriften.
Nachdem anfangs noch mehrere Umbauvarianten verfolgt wurden, entschied sich die Familie Betschart schlussendlich zu einem Neubau des gesamten Alpgebäudes. Doch dieses Vorhaben verzögerte sich infolge des sehr aufwendigen Bewilligungsverfahrens um mehrere Jahre. Letztes Jahr war es dann so weit und das neue Gebäude, welches die Familie Betschart im Baurecht erstellte, konnte bezogen werden.
«Rentieren wird die Anlage wohl nie, Alternativen sind aber auch nicht attraktiv.»
Trotzdem entschied sich Landwirt Beat Betschart für eine PV-Anlage.
PV-Anlage mit Speicher
Die alte Alphütte wurde mittels Generator und jährlich 1200 Liter Heizöl mit Strom versorgt. Auf dem Dach des 33 x 18 Meter grossen Neubaus befindet sich nun eine über 400 Quadratmeter grosse Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 86 Kilowatt-Peak (kWp). Die Anlage ist für den eigentlichen Alpbetrieb überdimensioniert. «Dies hat den Vorteil, dass uns auch an Schlechtwettertagen immer genügend Strom zur Verfügung steht», erklärt Beat Betschart. Ein wichtiger Bestandteil der Anlage ist der 90 kWh Batteriespeicher, dank dem der Strombedarf auch an Spitzenzeiten, sprich, wenn Melkroboter und Milchkühlung im Einsatz sind, sichergestellt ist.
[IMG 2]
Alternativen auch teuer
Die Familie Betschart sömmert ihre Milchkühe nur während rund acht Wochen auf der Alp Pragel, welche 18,8 Normalstösse umfasst. Vor und nach der Alpzeit weidet das Vieh noch je vier Wochen auf der Vorweide Kreuz, die ebenfalls in der Nähe der Passstrasse liegt. Eine Photovoltaikanlage für nur acht Wochen, wie ist so eine Investition wirtschaftlich zu rechtfertigen? «Nein rentieren wird die Anlage wohl nie, allerdings wären auch die Alternativen für uns wenig attraktiv», erklärt Beat Betschart. Die PV-Anlage habe rund 100 000.– Franken gekostet, mindestens die nächsten 25 Jahre habe man mit dieser nun eine gesicherte Stromversorgung ohne weitere grosse Unterhaltskosten. Ein neuer leistungsstarker Generator hätte auch gegen 40 000.- Franken gekostet, plus jährliche Service- und Treibstoffkosten.
Tiefere Emissionen
Eine Zuleitung vom Tal aus wäre sowieso nicht finanzierbar gewesen. «Die PV-Anlage punktet zudem mit tiefen Emissionen und positiver Klimabilanz», so der 49-jährige Muotathaler weiter. Ein weiterer Punkt für seine grosse Begeisterung gegenüber PV-Anlage ist sicher auch, dass er seit zwei Jahren Geschäftsführer des kleinen Energie-Unternehmens SolarKiosk ist, welches Photovoltaik-Lösungen anbietet.
Höherer Eigenverbrauch
Im Gegensatz zur PV-Anlage auf dem Alpgebäude kann der Batteriespeicher ganzjährig genutzt werden. Wie der Melkroboter ist dieser fahrbar und wird mit dem Traktor zwischen Tal- und Alpbetrieb hin und hertransportiert. Die Gesamtkosten des Speichers betrugen rund 100 000.– Franken, wobei die Speicherbatterie selber nur rund die Hälfte davon ausmachten.
Sehr teuer waren die speziellen Wechselrichter, die infolge der fehlenden Stromversorgung nötig waren (Inselbetrieb). Wegen des fehlenden Stromanschlusses der Alp wurde der Speicher vom Kanton mit rund 70 Prozent durch Strukturverbesserungsbeiträge subventioniert.
Beat Betschart ist aber überzeugt, dass sich ein Batteriespeicher zusammen mit einer Photovoltaikanlage heute und in Zukunft rechnen würde. «Die Amortisationsdauer von Anlagen bei Ein- und Mehrfamilienhäuser erhöhen sich durch Batteriespeicher nur unwesentlich, allerdings fehlen den Landwirtschaftsbetrieben vielfach die finanziellen Mittel, den zusätzlichen Speicher anzuschaffen», so der Energiefachmann. Gründe für die nur unwesentlich höhere Abschreibungsdauer seien, dass dank des Speichers der Eigenverbrauch höher sei. Bei aktuellen Strompreisen zwischen 30 und 40 Rappen und Erträgen für eingespeisten Strom von nur rund 6 -10 Rappen sei das doppelt interessant. Mittlerweile würden die PV-Strom-Gestehungskosten ohne Speicher bei einer Abschreibungsdauer von zehn Jahren bei fünf bis acht Rappen pro kW liegen.
[IMG 3]
Landverlust kompensiert
Auf dem dreistufigen Landwirtschaftsbetrieb von Karin und Beat Betschart wurde in den vergangen 25 Jahren laufend investiert, die Gebäude sind entsprechend gut in Schuss. Ihre drei älteren Söhne Ivo (21), Tim (20) und Jan (16) haben Landwirt gelernt oder sind noch in der Ausbildung dazu. Die beiden jüngeren Kinder Ina (9) und Vin (7) sind noch in der Schule. Sohn Ivo und Seniorchef Beat Betschart arbeiten hauptsächlich im eigenen kleinen Energie-Unternehmen, welches als GmbH geführt wird. «Vor drei Jahren haben wir durch die Auflösung einer langjährigen Betriebsgemeinschaft und durch Pachtlandverlust ein Drittel unserer Fläche verloren und mussten darum alternative Einnahmequellen suchen», so Beat Betschart. Ein Jungunternehmer, der die Planung und Realisierung der Stromversorgung des neuen Alpgebäudes der Familie Betschart als Masterarbeit seines Energieingenieur-Studiums begleitete, bot dem Meisterlandwirt Beat Betschart dann an, in seine Firma einzusteigen.
«Es ist schade, dass wir unsere Milch nicht selber verarbeiten.»
Jungbauer Ivo Betschart träumt von einem Lely Orbiter.
Eigene Milchverarbeitung?
Den grössten Teil der Arbeiten auf der Alp und dem noch 30 Hektar grossen Landwirtschaftsbetrieb im Tal bewältigt aktuell der 20-jährige Tim mit Unterstützung von der Bäuerin Karin Betschart, den anderen Familienmitgliedern und einem Lehrling. Die Milch der rund 35 Milchkühe geht über die Sommermonate an die Alpkäserei Pragel Bödmeren, im Winter in den Industriemilchkanal. «Es ist eigentlich schade, dass wir unsere Milch im Winter nicht in wertschöpfungsstärkere Kanäle liefern können», erklärt der 21-jährige Jungbauer Ivo, der kürzlich die Betriebsleiterschule abschloss. Die technikbegeisterte Bauernfamilie möchte dies zukünftig ändern, eine automatische Vor-Ort-Milchverarbeitungsanlage steht im Raum. Die technischen Daten der Milchverarbeitungsanlage Lely Orbiter, wurden jedenfalls schon genauestens studiert. «Damit könnten wir unsere Milch selber zu verschiedensten Produkte verarbeiten und direkt vermarkten», so Jungbauer Ivo Betschart begeistert. Die glänzenden Augen seines Vaters lassen erahnen, dass auch er sich von dieser modernen Milchverarbeitungstechnik überzeugen lassen könnte.
Betriebsspiegel
Karin und Beat Betschart
Ort: Muotathal SZ
Fläche: 30 ha / Alp mit 18 Normalstössen
Viehbestand: 35 Milchkühe
Nebenerwerb: Vater Beat und Sohn Ivo Betschart arbeiten in einem Energie-Unternehmen.