Wenn der Wetterbericht Schnee prognostiziert und Frau Holle über Nacht ihre Kissen schütteln will, dann weiss Jürg Hänni, was er zu tun hat. Ein kurzer Anruf genügt und der 62-jährige Meisterlandwirt aus Allmendingen bei Bern zieht bei seinem Fendt 211 die schweren Schneeketten auf, bevor er ins Bett steigt. Zusammen mit seinem Cousin Alfred Hänni räumt er frühmorgens Strassen und Wege in der Gemeinde vom Schnee frei.
«Alfred ist der Chef»
«Alfred ist der Chef, er sagt, ob und wann wir räumen», stellt Jürg Hänni klar, während er am Tisch in der gut geheizten Küche Platz nimmt. Gegenüber sitzt besagter «Schneeschnüz-Partner» Alfred Hänni auf dem Bänkli. Der pensionierte Landwirt ist seit vielen Jahren für die Gemeinde Allmendingen im Einsatz; im Winter beim Winterdienst, im Sommer beim Abranden der Gehwege und der Gemeindestrassen.
«Früher, bevor Allmendingen eine eigenständige Gemeinde war, mussten sich alle Bauern beim Strassenunterhalt beteiligen», erinnert sich der Alfred Hänni. Als sich das änderte, arbeitete er weiter bei der Gemeinde und fragte für den Winterdienst seinen Cousin Jürg an. Seither erledigen die beiden diese Aufgabe gemeinsam.
Dabei sind die Aufgaben klar verteilt: Jürg Hänni räumt mit seinem grossen Fendt die Strassen, Alfred Hänni kümmert sich mit einem kleinen Iseki um Trottoirs und Gehwege.
Pflügen braucht Erfahrung
«So schwierig ist das Ganze nicht», meint Jürg Hänni schmunzelnd. «Wer einigermassen Traktor fahren kann, kann mit ein bisschen Übung auch pflügen», fügt er an. Eine gewisse Erfahrung brauche es allerdings schon, um den Job gut zu machen, wirft Alfred Hänni gleich von der anderen Seite des Tisches ein. «Man muss die Strassen kennen und vor allem wissen, wo es Hindernisse wie Schächte und Abläufe gibt. Da kann der Pflug hängenbleiben, weshalb man ihn ein wenig anheben muss. Und man muss wissen, wo man den Schnee hinschieben kann und darf.»
Nach klaren Abläufen
Gepflügt werden müsse nach klaren Prioritäten, erklären die beiden: Zuerst müssten Feuerwehr, Ambulanz und Polizei freie Zufahrt haben. Dann müsse der Bus ungehindert verkehren können und schliesslich sei der Schulweg dran. «Wir haben verschiedene Schulwege, darunter einen knapp drei Kilometer langen Schul- und Veloweg, der durch den Wald hinunter nach Gümligen führt. Der muss zeitig geräumt werden», führt Jürg Hänni aus und zeichnet mit dem Finger ein Strassennetz auf das Tischtuch.
Schliesslich kümmern sich die beiden um steile und schwierige Strassenabschnitte, Überführungen und Brücken, ehe der Rest der Gemeinde gepflügt wird. Jürg Hänni ist verantwortlich für rund neun Kilometer Strasse und einen Kilometer Privatwege, Alfred Hänni hat rund 4,5 km Trottoir und Gehwege sowie den Salzeinsatz im ganzen Strassennetz zu bewältigen. In einem durchschnittlichen Winter wendet Jürg Hänni so zwischen 20 und 25 Stunden auf, sein Cousin Alfred kommt auf etwa 40.
So sind die beiden jeden Winter auf Abruf bereit. «Es muss 24 / 7 immer jemand bereit sein für einen Einsatz. Wir können nicht weg, ohne etwas organisiert zu haben», betont Jürg Hänni.
Nichts für Langschläfer
Wenn sich abends abzeichnet, dass die Schneepflüge am frühen Morgen unterwegs sein werden, dann reicht das noch nicht als definitive Zusage. «Man muss früh auf den Beinen sein und dann morgens um vier den Kopf zum Fenster rausstrecken. Dann sieht man wirklich, was Sache ist und ob man fahren muss. Also kein Job für Langschläfer», stellt Jürg Hänni klar und sein Cousin grinst verschmitzt von der anderen Tischseite herüber.
Viel zu verdienen gibt es für die beiden mit dem Winterdienst nicht. Aber sie hätten den «Plausch» an der frühmorgendlichen Arbeit, sind sich die beiden einig. Allerdings schränkt Jürg Hänni etwas ein: «Wenn ich keinen Lehrling habe, dann wird es manchmal mit dem Melken etwas eng. Das ist nicht immer einfach.» Der Meisterlandwirt führt einen Mischbetrieb mit rund 30 Kühen. Die meisten sind Holsteiner, dazu kommen «etwas Fleckvieh und ein paar wenige Jersey für den Gehalt. Und aktuell 36 Stück Jungvieh», erklärt er.
Meisterlandwirt Hänni hat 36 Lehrlinge ausgebildet und wird seinen Betrieb bald an seinen Neffen Matthias Wüthrich weitergeben. «Eine gute Lösung», meint der Berner zufrieden.
Setzen auf bewährte Technik
Unterwegs sind die beiden Allmendinger mit bewährter Technik. Für die Strassen setzt Jürg Hänni seinen Fendt 211 aus den Nullerjahren ein. «Der hat 100 PS, aber es ginge auch mit weniger. 70 PS würden reichen», sagt er. Zu gross dürfe der Traktor nicht sein, sonst bekomme man in engen Gassen oder unter tief hängenden Ästen Probleme.
Mit solchen Problemen muss sich Alfred Hänni nicht herumschlagen. Sein Iseki 1910 mit Jahrgang 1980 ist ein ganz kleines Modell. «Der Iseki ist tipptopp im Schuss und leistet noch immer seinen Dienst. Ich fahre etwa 70 bis 80 Stunden im Jahr und schaue gut zu der Maschine», betont er. Ursprünglich hatte das Modell keine Kabine, «die haben wir nachträglich installiert», meint Hänni. Jetzt sei es jeweils ein wenig eine Turnübung, bis er hinter dem Steuer sitze, fährt er lachend fort. «Ich muss das eine Bein übers Steuerrad heben, damit ich überhaupt in die kleine Kabine passe.»
Wenn Alfred Hänni mit dem Iseki unterwegs ist, hält er das Heckfenster meistens geöffnet. Den Salzstreuer, den er anhängt, muss er jeweils von Hand justieren. «Das ist noch wie im ‹autä Chrieg›», wirft sein Cousin Jürg lachend ein.
Beide setzen auf Pflüge von Zaugg. Der Hersteller aus dem emmentalischen Eggiwil produziere gute und langlebige Pflüge, finden die beiden Hännis. Natürlich müsse man das Messer an der unteren Pflugseite nach einiger Zeit wechseln, «der Rest ‹verhäbet ewig›», lobt Jürg Hänni.
Zufriedene Bevölkerung
«Vor allem die älteren Leute sind sehr dankbar, dass wir unsere Arbeit machen und ihnen manchmal auch noch ein Stück Weg räumen, wenn es sein muss», erzählen die beiden Hännis. So gebe es ein gutes Einverständnis zwischen der Allmendinger Bevölkerung und den örtlichen Landwirten. Unzufriedene oder gar Konflikte gebe es nur sehr selten. «Die wissen wir aber immer zu lösen. Und wenn einer gar nicht will, dann muss er eben die Schaufel in die Hand nehmen und selber räumen», sagt Jürg Hänni lachend.
Heuer hat es im Bernbiet bereits bis in tiefe Lagen geschneit, die beiden hatten schon erste Einsätze. Wie viele es bis Ende Winter sein werden, weiss jetzt wohl erst Frau Holle. Eines aber ist sicher: Wenn es soweit kommt, sorgen Hänni und Hänni dafür, dass Strassen, Trottoirs und Gehwege schwarz geräumt sind.