«Das schönste Wappen auf der Welt ist der Pflug im Ackerfeld», lautet ein alter Spruch. Der Pflug steht wohl wie kein anderes Gerät symbolisch für den Ackerbau und die Landwirtschaft. Doch in den letzten Jahren hat er Konkurrenz erhalten: Andere, auf schonendere Bodenbearbeitung beruhende Anbausysteme überzeugen immer mehr Landwirte.

Den Pflug sollte man deswegen aber noch lange nicht abschreiben. Noch immer hat das Gerät seinen festen Platz in der landwirtschaftlichen Ausbildung.

Früher genau geprüft

Peter Fankhauser erinnert sich an den Tag der Pflugprüfung, als ob der gerade erst gestern gewesen wäre. Heute arbeitet er bei der BauernZeitung als Leiter des Regiobundes Nordwestschweiz, Bern und Freiburg, doch im Frühling 1983 war Fankhauser ein nervöser Lehrling, der an der Rütti im bernischen Zollikofen zur Pflugprüfung antreten musste. «Wir mussten mit den Maschinen des Lehrbetriebs zur Prüfung», blickt der kernige Berner zurück. So fand er sich pünktlich um acht Uhr morgens mit dem alten John Deere und dem Zweischarpflug seines Lehrmeisters in Zollikofen ein.

Bis er aber an der Reihe war, vergingen fast drei Stunden, «da war der grösste Teil der Fläche schon ‹z Acher gefahren›. Für mich blieb nur noch ein kleines, dreieckiges Spitzli, das schwierig zu fahren war.» Er habe vorsichtig und langsam fahren müssen, «darum habe ich nicht gemerkt, dass es mir den Pflug ausgehängt hat.» Weder der Experte noch er selber seien zufrieden gewesen damit, aber er habe nicht noch mal antreten dürfen, sagt Fankhauser. Seinen Patzer habe er anschliessend damit ausgebügelt, dass er die Bestandteile und das Funktionieren des Pfluges perfekt habe erklären können. «So hat es mir dann doch noch für die Note 5,5 gereicht», erinnert er sich lachend.

Ausbildungsinhalte sind Sache der Politik

Doch wie sieht es heutzutage aus, knapp 30 Jahre nach Fankhausers Pflugprüfung? Gibt es diese überhaupt noch? Im Kanton Bern würden Lernende nach wie vor im Umgang mit dem Pflug unterrichtet, stellt Ueli Lehmann, Leiter Bildung beim Berner Bauernverband, auf Anfrage der BauernZeitung klar. Im Rahmen der Ausbildung solle der Nachwuchs in den wichtigsten Bereichen praxisnah geschult werden. «Da gehört der Pflug nach wie vor dazu», so Lehmann. Folglich könne es theoretisch auch dazu kommen, dass ein Lehrling im Rahmen seiner Abschlussprüfungen beispielsweise das Funktionieren eines Pfluges erklären müsse. Praktisch geprüft werde der Pflugeinsatz jedoch kaum, fährt Lehmann fort, eine «Pflugprüfung» gebe es nicht. Da die Prüfungen der Lehrabgänger im Frühsommer abgenommen würden, gebe es kaum entsprechende Arbeiten, die man die Prüflinge durchführen lassen könne.

Darüber zu urteilen, ob der Einsatz des Pfluges angesichts des Aufschwungs bodenschonender Verfahren noch zeitgemäss sei, sei nicht Sache der Ausbildungsverantwortlichen, sondern der Politik, bekräftigt der Berner. Die Ausbildung müsse dem Nachwuchs Kenntnisse über alle praktizierten Methoden vermitteln – und dabei durchaus auch kritisch sein. «Es ist sehr wichtig, dass sich die Lernenden der Konsequenzen der einzelnen Verfahren bewusst sind und dass sie deren Vor- und Nachteile benennen können.»

«Ein Tag Praxis ist zu wenig»

Ähnlich wie in Bern tönt es am Zürcher Strickhof. Stephan Berger arbeitet bei der Fachstelle Agrartechnik und Digitalisierung und unterrichtet regelmässig Lernende, auch am Pflug. Eine eigentliche Pflugprüfung gebe es auch im Kanton Zürich nicht, sagt der Fachmann. Wie im Kanton Bern könne es auch im Kanton Zürich bei der praktischen Pflanzenschutzprüfung vorkommen, dass Fragen rund um den Pflug gestellt würden, denn für bestimmte Probleme biete das Gerät eine optimale Lösung. Deshalb sei es nach wie vor wichtig, dass der Pflugeinsatz sowohl in der Theorie als auch in der Praxis behandelt werde.

Gerade den praktischen Unterricht sieht Berger aber kritisch. Bereits 2017 monierte er gegenüber der BauernZeitung, dass dem praktischen Üben mit den Bodenbearbeitungsmaschinen zu wenig Zeit eingeräumt werde. Das hat sich nicht geändert: «Die theoretische Ausbildung ist gut und umfassend, aber für die Praxis steht in den ÜKs gerade mal ein Tag zur Verfügung. Das ist nicht optimal, denn gerade in der Praxis kann man sehr viel vermitteln und anschaulich zeigen.» Das sei allzu «sportlich», findet der Experte und gibt zu bedenken, dass das Vorwissen der Lehrlinge sehr unterschiedlich sei. «Es gibt auch immer Lernende, die nicht aus einer Bauernfamilie kommen und die zu Hause nicht die Möglichkeit haben, das Pflügen zu üben. Wenn sie von Lehrbetrieben kommen, auf denen kein Pflug zum Einsatz kommt, ist ein Tag Praxis fast zu wenig.»

Berger rät deshalb dem Berufsnachwuchs, während der drei Lehrjahre sein Know-how auf möglichst unterschiedlichen Betrieben zu erarbeiten: «So erweitern die Lernenden ihren Horizont, das ist enorm wichtig.»

Mehr Vielfalt wünschenswert

Bernhard Streit, Dozent für Verfahrenstechnik im Pflanzenbau an der Hochschule für Agronomie, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), moniert, dass die Alternativen zum Pflug im Rahmen der landwirtschaftlichen Ausbildung zuwenig stark gewichtet würden. Der pfluglose Anbau werde höchstens sehr allgemein und theoretisch behandelt, findet der Fachmann. «Die ‹gute landwirtschaftliche Praxis› setzt den Schwerpunkt noch immer bei der intensiven Bodenbearbeitung», ist Streit überzeugt.

Wolle ein Lehrling bei der Prüfung beispielsweise bei der Spatenprobe über die Möglichkeit für Direktsaat sprechen, dann räume ihm das Prüfungsprozedere dafür Platz ein. Im Fragenkatalog seien aber keineexpliziten Prüfungsfragen nach bodenschonenden Systemen vorgesehen. Ein Blick auf die Website der ODA Agri Ali Form zeigt, dass die entsprechenden Verfahren tatsächlich nur eine Nebenrolle einnehmen. Hauptsächlich wird nach Geräten zur intensiven Bearbeitung wie dem Pflug, verschiedenen Eggen oder dem Grubber gefragt. «Da bestünde in puncto Vielfalt sicher noch Luft nach oben», findet Streit.

«Die Ausbildung bildet nun einmal die landwirtschaftliche Realität ab», hält Streit fest. Diese präge aber wiederum die Ausbildung – «das Ganze ist wie die Frage nach dem Huhn oder dem Ei. Also handelt es sich letzten Endes um ein Systemproblem.» Wenn der Berufsnachwuchs weder auf den heimischen Betrieben noch in der Lehre je eineDirektsaatmaschine benutzt habe, fehle auch das Wissen darüber. Das müsste man nach Streits Meinung etwa in den ÜKs korrigieren, denn «das Einstellen einer Direktsaatmaschine ist weitaus komplexer als bei einem Pflug.»