Die Agrama gilt als die wichtigste Informationsplattform für Investitionsentscheide der Schweizer Landwirte und als Highlight der Land- und Forstmaschinenbranche. Die grösste Schweizer Fachmesse für Land- und Forsttechnik musste heuer, nach 2020, ein weiteres Mal um ein Jahr verschoben werden. Wir haben beim Schweizerischen Landmaschinenverband (SLV), dem Organisator der Messe, nachgefragt, was die Branche derzeit beschäftigt. Der Präsident des SLV, Jürg Minger, steht Rede und Antwort. [IMG 2]

Herr Minger, mit welchen Herausforderungen ist die Landtechnikbranche aktuell konfrontiert?

Jürg Minger: Derzeit gibt es vor allem in den Bereichen Stahl, Lager, Hydraulikkomponenten und Computerchips extreme Preissteigerungen, Knappheiten und Lieferausfälle. Das trifft die Landtechnik-Branche in der Schweiz und weltweit gerade in einer Phase mit guter Auftragslage. Immer wieder gibt es Meldungen, dass Montagebänder kurzfristig stoppen, weil Teile fehlen. Auch bei Ersatzteilen gibt es Engpässe. Diese Situation wird sich noch weit ins nächste Jahr oder länger hinausziehen, bis sich die Lage am Weltmarkt stabilisiert. Darum ist es wichtig, dass neue Investitionen in Landtechnik geplant werden und frühzeitig sowie zeitgerecht bestellt wird.

Inwieweit hängen diese Herausforderungen mit der Corona-Pandemie zusammen?

Die Pandemie ist Hauptursache der heutigen Liefersituation. Durch den Lockdown wurden weltweit Lieferketten zum Teil monatelang unterbrochen und die Montagebänder standen still. Auf der anderen Seite haben viele Länder aus Versorgungsängsten die eigene Landwirtschaft finanziell unterstützt. Entsprechend ist die Nachfrage nach innovativer Landtechnik weltweit stark gestiegen und die Lieferfristen haben sich merklich verzögert, auch hierzulande. Diese Problematik werden wir sicher noch im nächsten Jahr durch Lieferverzögerungen und auch bei der Preisentwicklung spüren.

Nach 2020 muss die Agrama aufgrund der Pandemie ein weiteres Mal verschoben werden. Was sind die finanziellen Folgen für den SLV?

Dank der langjährigen und loyalen Zusammenarbeit und Partnerschaft mit der Bernexpo AG haben wir von dieser Seite keine Kosten tragen müssen. Allerdings sind laufende Organisationskosten inklusive Werbe- und Kommunikationsmassnahmen sowie Ausgaben für den Webauftritt und weitere Administrationsaufwände im Zusammenhang mit der Agrama angefallen, was unsere Rechnung über die letzten zwei Jahre doch beträchtlich belastet hat.

Welche Konsequenzen hat ein weiterer Ausfall der Ausstellung für die ganze Schweizer Landtechnik-Branche?

Alle Marktteilnehmer – und nicht nur die Landtechnikbranche – wurden durch die Pandemie stark eingeschränkt und getroffen, entsprechend haben sich die persönlichen Kontakte und die Marktaktivitäten auf Videokonferenzen und digitale Plattformen verschoben. Ich bin überzeugt, dass, sobald die Pandemie unter Kontrolle und vorbei ist, die Menschen sich wieder treffen wollen und der Andrang auf persönliche Begegnungen und öffentliche Veranstaltungen, wie auch auf Landtechnikmessen, gross sein wird.

Wo informieren sich kauffreudige Landtechnik-Kunden ohne Agrama über das aktuelle Angebot?

Der Kunde kann sich, wie schon vor der Pandemie, bei seinem Händler, in Fachzeitschriften und über die digitalen Kanäle der Hersteller bestens über die Neuheiten in der Landtechnik informieren.

Besteht nicht die Gefahr, dass Aussteller sich aufgrund der aktuellen Situation künftig von der Agrama lossagen, weil es ja auch ohne geht, und dadurch künftig nicht mehr kommen?

Nach den letzten Besucherumfragen, die auch publiziert wurden, ist die Agrama die wichtigste Schweizer Landtechnik Ausstellung für Importeure, Hersteller, Grosshändler und für die Landwirte.

Das bedeutet?

Für die Schweizer Hersteller ist es äusserst wichtig, eine nationale Plattform zu haben, um ihre Produkte der einheimischen Kundschaft vorzustellen. Ich denke dabei an die Bergmechanisierung, an den Stallbau, an die Melktechnik, an den Obstbau und vieles mehr – also an die Schweizer Gegebenheiten. Die Agrama profitiert nicht nur von Grosserntemaschinen und Traktoren, sondern auch von vielen innovativen Unternehmern, die Landtechnik-Nischenprodukte speziell für die Schweizer Land- und Forstwirtschaft herstellen; eben von der Vielfältigkeit der Produkte. Für Landwirte und Lohnunternehmer ist sie auch ein wichtiger Treffpunkt zum Gedankenaustausch und zu Begegnung mit Berufskollegen aus dem technischen und produzierendem Land- und Forstwirtschaftsumfeld. Gerade das macht die Agrama für alle Landtechnik-Akteure, ob «gross oder klein», so erfolgreich und einzigartig. Dementsprechend werden auch die meisten bisherigen sowie auch neue Aussteller an der nächsten Agrama vertreten sein.

2027 steht das 50-jährige Jubiläum der Agrama an. Wird 2027 überhaupt eine Ausstellung stattfinden und hat die Planung bereits begonnen?

50 Jahre zeigen, wie substantiell, nachhaltig und traditionell die Agrama in der Schweizer Landwirtschaft verankert ist, fast wie ein Brauchtum. Wir werden das Jubiläum sicher in irgendeiner Form feiern, aber ich muss gestehen, dass wir uns bis zum heutigen Datum noch keine Gedanken über 2027 gemacht haben.

Wie «gross» war die erste Agrama und wie gross wird die nächste ausfallen?

Es ist korrekt, dass die Agrama 1977 erstmals unter diesem Namen stattgefunden hat. Allerdings hat der SLV bereits schon früher eine nationale Landmaschinen-Ausstellung organisiert, und zwar erstmals 1951 in Lausanne mit einer Ausstellungsfläche von etwas mehr als 9000 m2. Im Verlauf der Zeit und nahezu jährlich hat sich die Fläche vergrössert, anlässlich der letzten Agrama sind wir heute bei weit über 55 000 m2. Die ganze Covid-Situation und die derzeitige Unklarheit über mögliche Massnahmen wie beispielsweise Social Distancing und Maskenpflicht machen eine Prognose für die Fläche der nächsten Agrama sehr schwierig. Zum heutigen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass wir die maximale Grösse der letzten Agrama vor der Pandemie noch nicht vollständig erreichen werden.

Was wünschen Sie sich als SLV-Präsident für die Agrama 2022?

Dass die Agrama 2022 wie vor der Pandemie ohne Einschränkungen für Aussteller und Besucher mit bewährter und neuer innovativer Landtechnik für die Schweizer Landwirtschaft erfolgreich durchgeführt werden kann.

Das Interview wurde schriftlich geführt.