"Das Schönste an meinem Beruf ist es, dass ich jemandem eine Freude bereiten kann. Und dafür werde ich auch noch bezahlt." Im Gesicht von Holzbildhauer Ernst Weber zeigt sich ein breites Lachen. Wer sich in seinem Laden mit integrierter Werkstatt im Zuckerstädtchen Aarberg umschaut, sieht eines deutlich: Ernst Weber arbeitet mit viel Liebe zum Detail. Verschiedenste kleine und grosse Geschenkartikel gibt es zu bestaunen. Viele der grösseren Sachen dienen nur zur Ansicht. Denn Ernst Weber stellt praktisch nur Einzelstücke her, ganz nach den Wünschen der Kundschaft. "Ich will keine Serien produzieren. Das ist langweilig und nicht lustig", erklärt er bestimmt.

Die Faszination des Holzes

Seit über 40 Jahren, die Lehre mit eingerechnet, arbeitet Ernst Weber bereits mit dem Werkstoff Holz. "Holz ist warm, es lebt und hat Struktur. Das hat Metall nicht", schwärmt der Holzbildhauer. Die heutige Zeit ist schnelllebig, wie passt da Holz hinein? Sehr gut, ist Weber überzeugt. Es sei gerade der Gegensatz und daher passe Geschnitztes auch in moderne Wohnungen. Zudem habe Holz einen beruhigenden Charakter. Die Arbeit hat sich jedoch verändert. Seien früher meist Teller und Wappen gefragt gewesen, werden nun Bretter bevorzugt. Heute gehe er viel mehr auf Kundenwünsche ein, erklärt der Holzbildhauer. Eine Veränderung gibt es auch beim Zeitfaktor zum Schnitzen. Die Beratungen nehmen mehr Zeit in Anspruch, die Zeit, die Aufträge auszuführen, sei jedoch geringer geworden, da die Bestellungen heute kurzfristiger reinkämen. Die grössten Arbeiten von Ernst Weber gibt es nicht im Laden zu bestaunen, sondern in der Kirche Aarberg sowie in seiner Privatwohnung. In Letzterer hat er in zahlreichen Stunden intensiver Arbeit kunstvolle Treppengeländer gefertigt. In der Kirche konnte er die üppigen Verzierungen der Orgel, die sogenannten Schleiergitter fertigen. Das erfüllt einen leidenschaftlichen Handwerker, mit enorm viel Stolz, könnte man meinen. Nicht so Ernst Weber. Er ist viel zu bescheiden, signiert auch keines seiner Stücke. "Es bedeutet mir insofern viel, zu wissen, dass meine Arbeit an der Kirchenorgel auch in 100 Jahren noch Bestand hat, das ist es, was mich stolz macht", erzählt er. 

Herkunft: Schweiz

Ornamente herstellen, wie etwa für die Schleiergitter, das macht der Holzbildhauer am liebsten. Am meisten in seinem Laden sind jedoch die Kinderstabellen gefragt. Rund 100 bis 120 Stück fertigt er übers Jahr verteilt. Was Ernst Weber hingegen am wenigsten gerne macht, sind Figuren. "Das ist Gfätterlizeugs", findet er. Und wieder breitet sich ein Lachen im Gesicht aus. Keinen Spass versteht er hingegen bei der Herkunft seiner Rohware. Er verwendet nur Schweizer Holz. "Das ist mir sehr wichtig", betont der Handwerker.

Schnitzen und noch viel mehr

Ernst Weber steht im Keller an der Bandsäge, ein Brett vor sich. Am oberen Rand sägt er die Konturen eines Traktors grob aus. Zuvor hat er das Bild und den Text mittels Zeichnung auf das Brett übertragen.

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Ein Kundenwunsch, wie er häufig vorkommt. Denn gerade herrscht Hochsaison beim Holzbildhauer. Zu seinen Kunden gehören diverse Landwirte, die Bretter, Uhren oder auch Stabellen als Abschiedsgeschenke für ihre Lehrlinge bestellen. Nun geht es am Schnitztisch an die Feinarbeiten mit Schnitzmesser und einem zylindrischen Holzhammer. Mal schlägt Ernst Weber den Hammer auf das Heft des Schnitzmeissels. Mal stösst er nur kraftvoll und dennoch mit viel Gefühl mit dem Handballen gegen den Schnitzmeissel und schneidet so Span um Span weg, bis die gewünschte Form und Wirkung erreicht ist. Mit jedem Arbeitsschritt werden die Konturen klarer und die verwendeten Bildhauermeissel feiner.

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Wie alles begann

Nach seiner Erstausbildung zum Landwirt machte sich der Bauernbub aus dem Weiler Nikodei, Gemeinde Wiler b. Seedorf auf ins Schnitzlermekka Brienz und absolvierte von 1976 bis 1980 die kantonale Schnitzlerschule. Nur zwei Wochen nach Lehrabschluss eröffnete er am Kreuzplatz in Aarberg seinen Laden. Ein gewagtes Unterfangen, von dem ihm sogar sein Lehrer aus Brienz abriet. Ernst Weber zog es durch. "Ich hatte schon immer einen harten Kopf", erklärt er grinsend. Doch ganz so einfach war es nicht. Zu Beginn plagten den jungen Holzbildhauer Selbstzweifel. Es sei öfters vorgekommen, dass er mit Entwürfen nach Brienz zu seinem ehemaligen Lehrer fuhr, um nach dessen Meinung zu fragen, erinnert er sich. Dass Weber seinen Laden in Aarberg eröffnete, war indes kein Zufall. Er wusste genau, dass sein Gewerbe als traditionelles Handwerk in eines der Städtchen Aarberg, Büren a. Aare oder Murten passe und sonst nirgends. So wurde es dann Aarberg. Doch bis Ernst Weber richtig mitten ins Städtchen einziehen konnte, dauerte es ganze elf Jahre. Er blieb hartnäckig und versuchte immer wieder ein Ladenlokal zu bekommen. Das war ihm besonders wichtig. 1991 klappte es und er konnte die Liegenschaft am Stadtplatz 11 übernehmen, wo er heute noch arbeitet und lebt. Gerne betont er: "Ich bin einer vom Städtchen". 

Ungewisse Zukunft

Im nächsten April sind es 40 Jahre, seit Ernst Weber den Laden eröffnet hat. Eine Feier ist nicht geplant. "Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt", meint Weber zu den Gründen gefragt. Nie ist dem Holzbildhauer sein Beruf in all den Jahren verleidet. Zwar gab es vor rund 20 Jahren eine Zeit, da wusste er nicht, ob er mit seinem Handwerk überleben könne. Den schwersten Moment erlebte er damals, als er seine Mitarbeiterin, die er 12 Jahre beschäftigt hatte, aus wirtschaftlichen Gründen gehen lassen musste. Für einen kurzen Moment verschwindet der sonst so fröhliche Ausdruck im Gesicht des stattlichen Mannes. Ernst Weber hat die Durststrecke überwunden. Mittlerweile ist er 65-jährig. "Aber ich bin nicht pensioniert", erklärt er bestimmt. Er fährt mit seinem geliebten ­Beruf vorerst weiter. Einfach ein wenig reduzierter, mit weniger Ladenöffnungszeiten, erklärt er. Dafür bleibt mehr Freizeit.  Die verbringt er gerne auf dem Fahrrad oder mit dem kleinen Motorboot, das er mit einem Bekannten gemeinsam gekauft hat, auf dem See. Zum Schluss will die Schreibende nun noch ein Bild vom Holzbildhauer, bei dem er direkt in die Kamera blickt. Das ist ihm eher unangenehm, das sei doch nicht nötig, meint er. Und da ist sie wieder die Bescheidenheit des kreativen Kunsthandwerkers.  

Weitere Informationen: www.holzbildhauerei-weber.ch

 

Wo der Ursprung der Bildhauerei zu finden ist, und wie sich das Handwerk entwickelt hat, lesen Sie ganz unten im weiterführenden Artikel.