Einer nach dem anderen haben die deutschen Landtechnikhersteller ihren Angestellten in den letzten Wochen und Monaten geplante Kurzarbeit verordnet. Ein gewichtiger Grund dafür liegt darin, dass die Verkaufszahlen im Landtechniksektor in den vergangenen Monaten deutlich rückläufig sind – also muss auch die Produktion angepasst werden.

Einfache Antworten greifen nicht

«Die Landwirtschaft ist wohl einfach zur Genüge mechanisiert», könnte man nun vermuten – und man läge damit wohl gar nicht grundfalsch. Schliesslich hat die Landtechnikbranche viele Jahre lang floriert und gute Umsätze erzielt. Doch dieser Erklärungsversuch greift zu kurz und wird der komplexen internationalen Gemengelage folglich nicht gerecht.

Zunächst muss man sich eine Frage vergegenwärtigen: Was ist denn nötig, damit Landwirte neue Maschinen kaufen? Eines ist sicher: Die Anschaffung neuer landtechnischer Geräte ist (in den allermeisten Fällen) nicht eitle Fuhrpark-Erweiterung, sondern eine wohlüberlegte Investition in die Zukunft. Wo sich eine Perspektive eröffnet und genügend Planungssicherheit besteht, da ist man eher bereit, das nötige Geld für einen Maschinenkauf in die Hand zu nehmen.

Verhärtete Fronten sind nicht zuträglich

Verschiedene Faktoren schaffen nun eben nicht ein sicheres Gefühl, sondern eröffnen einiges an Unsicherheit. Die Spätfolgen der Corona-Pandemie, die die internationale Produktion, die Lieferketten sowie die Märkte nachhaltig gestört hat, sind zwar grösstenteils überwunden.

Grossen Druck setzen hingegen der Ukraine-Konflikt und die zunehmende geopolitische Blockbildung auf: Hier der Westen mit Europa und den USA – im Übrigen ein Gefüge, das bereits mit der nächsten US-Präsidentenwahl zu bröckeln beginnen könnte – und dort eine Allianz aus Russland und China. Eine solche Entwicklung hin zu verhärteten Fronten ist nicht eben zuträglich für die globale Wirtschaft.

Auch eine Frage der Budgets

Eine Folge dieser zunehmend aggressiv verhandelten Konflikte ist etwa der westliche Verzicht auf russisches Gas – mit den entsprechenden preislichen Folgen. Gemeinsam mit den Herausforderungen durch die geplante Energiewende ist diese Gemengelage ein nicht zu vernachlässigender Kostentreiber und eine Ursache internationaler Unsicherheiten.

Wenig Planungssicherheit schaffen auch die Regierungen der europäischen Länder und die EU-Regierung in Brüssel. Die Finanzhaushalte einzelner Staaten stehen unter Druck und damit auch deren Agrarbudgets. Zudem wurde das Europaparlament gerade jüngst neu gewählt, und bis klar ist, welchen Kurs dieses neue Parlament in Agrarfragen einschlagen wird, bleiben viele Fragen offen – das ist keine gute Voraussetzung für langfristige Investitionen.

Es bräuchte Stabilität und Perspektiven

Es liegt also nahe, dass in der europäischen – oder im Hinblick auf die Entwicklungen in Übersee vielleicht eher in der westlichen – Landwirtschaft die nötige Sicherheit und damit eine Langzeitperspektive fehlt, die Landwirte dazu animieren würde, in neue Technologie zu investieren. Nach einem entsprechenden Stimmungsbarometer muss man nicht lange suchen, schliesslich haben die europaweiten bäuerlichen Proteste deutlich zum Ausdruck gebracht, wie es um die Stimmung und die Perspektiven steht.

Dass nicht nur viele Landwirte, sondern auch die Kapitalanleger, also die «grossen» Investoren an den weltweiten Märkten, verunsichert sind, zeigen just diese Woche die Entwicklungen an der Börse. Sowohl die US-amerikanische als auch die asiatische Börse sind ins Schlingern geraten, entsprechend reagieren auch die Anleger in Europa. Nervosität macht sich breit, Anlagen werden verkauft und die Bereitschaft, zu investieren, könnte aktuell vielerorts geringer nicht sein.

Branche stellt Prognose selbst

Was bedeutet das nun für die Landtechnikhersteller? Wie es scheint, stellt sich die Branche gleich selbst eine Prognose: «Der weltweite Boom bei den Landmaschinen ist für den Augenblick vorbei», sagte Fendt-Chef Christoph Gröblinghoff Anfang Juli im Rahmen eines Treffens des Fendt Classic Clubs. Wegen der weltweit sinkenden Nachfrage müsse man sich nun auf drei magere Jahre einstellen. Für den Traktorenmarkt bleibe er aber zuversichtlich, versicherte er gleich darauf. Entsprechend werde man weiter investieren und «aus einem derzeit kleiner werdenden Kuchen ein grösseres Stück herausschneiden.»