Beat Wanzenried, Landwirt aus Mirchel, versteht die Welt nicht mehr: Grund dafür ist eine unangemeldete Tierschutzkontrolle vom 15. Februar 2021. Eigentlich gab es auf seinem Milchviehbetrieb mit 24 Kühen und Anbindehaltung nichts ­auszusetzen. Bis auf eines: Die Schubstangenentmistung im Laufstall der Rinder war dem KuL-Kontrolleur ein Dorn im Auge. Denn die Entmistung, welche entlang eines Kuhlägers, durch den Rinder-Laufstall direkt auf den Miststock läuft, ist unbedeckt.

Läuft schon seit Jahren

«Da staunte ich nicht schlecht, als der Kontrolleur mir sagte, dass ich die Schubstangenentmistung abdecken muss», hält Beat Wanzenried fest. Schon seit acht Jahren läuft bei ihnen die Entmistung ohne Reklamationen.

«Bisher hat sich noch kein Kontrolleur an der unbedeckten Schubstangenentmistung gestört»

Beat Wanzenried, Landwirt

 

Wanzenried weiss nur, dass der KuL-Mitarbeiter ihm sagte, dass dies Vorschrift sei und er in Zukunft alle Betriebe, welche eine solche unbedeckte Anlage besitzen, melden müsse.

Sicher noch andere Betriebe

Beat Wanzenried kann die ganze Sache überhaupt nicht verstehen. «Ich bin sicher nicht der einzige Betrieb, der eine solche unbedeckte Entmistungsanlage im Laufstall hat», empört er sich. «Was passiert mit all den Laufstallbetrieben, die einen automatischen Entmistungsschieber haben?», fragt er sich. Noch nie habe sich bei ihm ein Rind wegen der Entmistung verletzt, geschweige denn an ihr gestört. «Meinen die Behörden eigentlich, wir würden unsere Tiere absichtlich in Gefahr bringen, damit wir jeden Tag den Tierarzt rufen können?», fragt der Landwirt sarkastisch.

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Die Schubstangenentmistung befindet sich zwischen dem Liege- und dem Fressbereich.

 

Von Hand misten?

Beat Wanzenried hat nun etliche Hebel in Bewegung gesetzt, um gegen diesen «Behörden-Schwachsinn» vorzugehen. Er schaltete die IG-Anbindestall ein, wurde vorstellig bei der KuL, hat sich beim Amt für Veterinärwesen (Avet) gemeldet und auch beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hat er in der Abteilung Tierschutzgesetzgebung, wo die Forderung herkommt, angerufen. «Eine Dame sagte mir dort, wenn ich die Entmistungsanlage nicht abdecken kann, könne ich ja auch wieder von Hand misten», sagt Wanzenried kopfschüttelnd.

Keine Hektik im Stall

Der Redaktor der BauernZeitung hat bei Wanzenrieds selber einen Augenschein vor Ort genommen und auch er musste feststellen, dass sich ihre Rinder überhaupt nicht an der unbedeckten Schubstangenentmistung stören. Im Gegenteil: Die Rinder laufen gemütlich und zufrieden im Laufstall umher. Wollen sie vom Liegebereich zur Futterachse oder von der Futterachse in den Laufhof, machen sie einfach einen Schritt über die Schubstangenentmistung. Kein Stolpern, kein Ausrutschen und auch keine Hektik kommt unter den acht Rindern auf.

Als Beat Wanzenried die Entmistung probelaufen lässt, schauen die Rinder nicht mal umher. «Wenn ich wüsste, dass sich die Tiere an der unbedeckten Entmistung verletzten würden, hätte ich schon lange etwas daran geändert», ist er überzeugt. Im Übrigen lasse er die Entmistung ja nur laufen, wenn die Rinder im Fanggitter am Fressen sind. Der Landwirt wünscht sich deshalb, dass jemand persönlich von der Tierschutzabteilung oder vom Avet auf seinen Hof kommt, statt aus der Amtsstube über Sein oder Nichtsein zu entscheiden.

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Bei einer Tierschutzkontrolle kam heraus, dass diese Schubstangenentmistung abgedeckt werden muss.

 

«Dieses Gesetz kann nur jemand ins Leben rufen, der noch nie einen Fuss auf einen Landwirtschaftsbetrieb gesetzt hat»

sagt der Landwirt klar und deutlich

 

Viel Aufwand

Beat Wanzenried wüsste auch nicht, wie er die 50 cm breite und 12 cm tiefe Schubstangenentmistung abdecken sollte: Denn nicht nur der Zylinder der Entmistung sei ein Hindernis, sondern auch die ganze Abdeckung müsste eine gewisse Höhe erreichen, damit der Mist auch ohne Mühe durchfliessen könne. «An einer solchen Abdeckung werden sich die Rinder ganz sicher verletzen», ist der Landwirt überzeugt. Dazu käme, dass er diese jedes Mal, um Kot und Stroh in die Entmistungsanlage befördern zu können, abdecken oder anheben müsste. «Ich bin mir bewusst, dass der KuL-Kontrolleur nur seine Arbeit gemacht hat», sagt der Landwirt nachdenklich. Auf Anfrage der BauernZeitung sagte die KuL nur: «Die Tierschutzkontrollen im Kanton Bern werden im Auftrag des Amtes für Veterinärwesen (Avet) von der KuL/Carea ausgeführt. Für Auskünfte ist das Avet zuständig.»

Problem aufzeigen

Mit seiner Situation will Beat Wanzenried aber aufzeigen, auf was sich die betroffenen Bauern einstellen müssen. Mit dem Gang an die Öffentlichkeit erhofft sich Wanzenried, dass er die Branche aufrütteln könne. «Ich weiss selber von Stallbauunternehmen, dass diese viele Laufställe mit solchen Entmistungsanlagen gebaut haben», sagt Wanzenried. Auch diese müssten in Zukunft eine Abdeckung ins Auge fassen.

Nicht alle gleicher Meinung

Die BauernZeitung hat bei Stallbauunternehmen nachgefragt und diese bestätigen, dass sie schon viele solche Entmistungsanlagen in Laufställen realisiert hätten. «Wir haben uns sogar bei einem Kontrolleur erkundigt, ob man diese Entmistungsanlagen abdecken müsse», sagt ein Stallbauer, der namentlich nicht genannt werden möchte.

«Der Kontrolleur sagte uns: Nein, es bestehe kein Gesetz dafür, dass man die Entmistungsanlagen in Laufställen abdecken müsse.»

 

 

Zeigt sich kämpferisch

Wie es auf dem Betrieb von Beat Wanzenried jetzt weitergeht, wisse er noch nicht. Der Landwirt weiss nur, dass der KuL-Kontrolleur einen Rapport an das Avet weitergeleitet hat, in dem steht: «Entmistungsanlage geht durch den Laufstall der Rinder unter 0,4 GVE». «In den nächsten Tagen erwarte ich einen eingeschriebenen Brief vom Amt für Veterinärwesen, in dem sicher das weitere Vorgehen beschrieben ist», sagt Wanzenried. «Aber ich werde meine Schubstangenentmistung ganz sicher nicht ohne Grund rausreissen», zeigt sich Beat Wanzenried kämpferisch. Und: «Das letzte Wort ist hier sicher noch nicht gesprochen», hält der Landwirt ausdrücklich fest.