Seit April bin ich zum zweiten Mal in Kanada auf einer Farm am Arbeiten. Es ist eine unglaubliche Erfahrung und ich hoffe, es hilft mir später im Leben – sei es in Sachen Englisch oder bei der modernen Landtechnik. Ich habe Landmaschinenmechaniker gelernt und dann den Diagnosetechniker Landmaschinen abgeschlossen. Nach diesen Ausbildungen wollte ich dann mal mit den grossen Maschinen fahren und sie nicht «nur» reparieren. Seit längerer Zeit war es mein Traum, nach Kanada zu gehen und auf einer grossen Farm zu arbeiten.
Viele laufende Projekte
Die R&L Acres Farm liegt in Sperling, südwestlich von Winnipeg, in der Provinz Manitoba. Wir bewirtschaften knapp 4500 Hektaren mit den Kulturen Weizen, Raps, Mais, Soja-, Pinto- und Schwarzen Bohnen. Es ist sehr interessant auf dieser Farm, da viele Projekte laufen – das ist auch der Grund, warum ich nochmals hier bin.
Gewisse Projekte haben letztes Jahr begonnen und enden hoffentlich dieses Jahr, sei es beim Getreidesystem, der neuen Trocknungsanlage, einer Maschinenhalle und einem Wasserreservoir, einer neuen Tankanlage oder diversen anderen Projekten.
Da ich letztes Jahr schon hier war, habe ich die Ernte und die Bodenbearbeitung schon einmal miterlebt. Was ich sehr interessant fand, ist, dass die Bodendüngung fürs nächste Jahr – wenn möglich – bereits im Herbst gemacht wird. Ja, richtig gelesen: Da die Böden im Winter bis einen Meter tief gefrieren und der Boden den Dünger hier speichert, bringt man den Dünger bereits im Herbst aus, sofern es das Wetter zulässt und es nicht zu früh gefriert.
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Boden wenig bearbeiten
Ich bin letzten Herbst viel mit der Strip-Till-Maschine unterwegs gewesen, das ist eine konservierende Düngerausbring-Maschine, die den Dünger für Reihenkulturen sät. Es handelt sich um eine 16-reihige Maschine, die in jeder Reihe zuerst den Boden aufschlitzt, dann auflockert, den Festdünger beimischt und den Boden wieder rückverfestigt.
Der Dünger besteht bei der Maismischung aus Stickstoff, Phosphor, Schwefel und Zink, die Ausbringmenge geht bis zu 600 kg pro Hektare, je nachdem, was die Bodenproben ergeben haben. Der Dünger wird in einem Tank hinter der Strip-Till nachgezogen. Befüllt wird die Maschine direkt von einem Lastwagen mit Förderband, was relativ einfach und effizient ist bei diesen grossen Feldern.
Das Ziel der ganzen Sache ist, dass erstens der Boden weniger bearbeitet wird und zweitens der Dünger genau dort zu liegen kommt, wo er gebraucht wird. Mein Chef hat mir da sehr viel Vertrauen geschenkt, hat mich die Kalibrierungen und Einstellungen an der Maschine selber machen lassen, was ich sehr cool fand.
Riesige Dimensionen
Im Frühling bin ich dann mit der Einzelkornsämaschine wieder in den genau gleichen Reihen gefahren und habe den Mais in die aufgelockerten Reihen gesät. Das war mal richtig interessant, da konnte ich wirklich sagen, dass Männer nie erwachsen werden, nur ihre Spielzeuge grösser.
Unsere Einzelkornsämaschine hat 48 Reihen bei 76,2 cm (30 Zoll) Reihenabstand, somit ist sie 36,6 Meter breit! Die Maschine ist auf dem neuesten Stand der Technik, mit Einzelreihenabschaltung, Überwachung jedes einzelnen Saatgutkorns, Temperatur- und Feuchtigkeitsmessung des Bodens etc. Für mich als Landmaschinenmechaniker ist so etwas natürlich ein Traum.
Das Einzige, was man noch machen könnte, wäre die Flüssigdünger-Ausbringung zur selben Zeit. John Deere bietet einen 8RX410 mit 4000-Liter-Flüssigdüngertanks an, was über kurz oder lang auf dieser Farm Einzug halten wird. Dann könnte man die ganze Aussaat in einem Feldübergang machen.
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Ein riesiges Erlebnis
Dieses Jahr hatten wir im Frühling super Wetter und konnten die knapp 1000 Hektaren Mais in vier Tagen säen. Die Sämaschine funktionierte einwandfrei, so konnten wir den Mais wirklich sehr schnell säen. Es gab kurze Nächte, aber es war ein riesiges Erlebnis, so bei der Aussaat dabei zu sein.
Aufgefüllt habe ich die Einzelkornsämaschine mit einem Tandemanhänger, an den wir einen Überladetank für die Aussaat montiert haben. So konnte ich die vier grossen Saatguttanks relativ schnell und einfach auffüllen. Von den grossen Tanks werden dann die kleinen Saatguttanks auf jedem einzelnen Aggregat durch Luftdruck von einem Gebläse befüllt. Jetzt hoffe ich, dass der Dünger und das Saatgut am richtigen Fleck sitzen und alles schön wachst.
Riesiges Getreidesystem
Aktuell stehen gerade diverse Arbeiten und Upgrades am Getreidesystem auf dem Plan. Es fasst 19 000 Tonnen und hat einen 45 Meter hohen Getreideturm. Wir stellen gerade zwei weitere Silos auf, damit wir weitere 3500 Tonnen Lagerkapazität haben.
Meine Aufgabe war es, dafür die Catwalks (Laufstege) und Drags (Kettenförderer) vom Flachstahl und Vierkantrohr bis zum fertigen 7-Meter-Stück zusammenzubauen und zu schweissen, danach wurde alles zur Verzinkerei gegeben. Diese Laufstege und Drags kommen oben auf die Silos, damit das Getreide vom Getreideturm ins Silo gefördert werden kann.
Jetzt werden diese 7-Meter-Stücke zusammengeschraubt und auf Stützen, die an den Silos angeschraubt sind, befestigt. Auf den Laufstegen werden dann die Kettenförderer abgestellt und befestigt. Nun müssen nur noch die Ketten im Drag verbunden und alles Elektrische angeschlossen werden. Dann ist alles bereit für die diesjährige Ernte.
Hoffen auf gute Ernte
Was auch ganz interessant wird, ist die neue Trocknungsanlage, die wir dieses Jahr bekommen haben. Sie soll bis zu 80 Tonnen Getreide pro Stunde trocknen können. Nun hoffe ich auf eine tolle und ertragreiche Ernte, viele interessante und lehrreiche Stunden und Tage auf den Erntemaschinen und einen guten Rest hier in Kanada.