Winterthur Der diesjährige Kohlenmeiler im Andelbach östlich von Winterthur ist aufgerichtet. Eine Woche lang hat das Aufschichten der Holzspälten gebraucht. Nun sind Peter Dietschweiler und sein Team dabei, dem Meiler einen luft- und wasserdichten Schutz zu verpassen. Dazu verwenden sie "Löschi", eine pechschwarze Mischung aus Kohlenstaub und -griess.

"Löschi ist etwas ganz Besonderes: Jede Köhlerei braucht sie, man kann sie immer wieder verwenden und sie ist nicht einfach so herstellbar", sagt Dietschweiler. Besonders ist auch die Geschichte der "Löschi" hier im Andelbach: In den ersten Jahren war keine eigene vorhanden. Auf einen Tipp hin wurde man im Rheintal fündig, wo die gesuchte Mischung bei einer 500 Jahre alten Köhlerstätte ausgegraben werden konnte.

Vom Helfer zum Chef

Soll die schwarze Masse mit Schaufeln an den Meiler gepappt werden, muss sie zuerst gewässert werden, damit sie genügend haftet. Damit die «Löschi» nicht zwischen die Holzscheiter gelangt, kommt darunter eine dicke Schicht Tannenreisig oder Heu.

Seit 2006 wird im Andelbach jeden Frühling geköhlert. Initiant damals war Peter Dietschweilers Bruder Beat, der das Köhlern anfänglich im Rahmen eines Sozialprojektes betrieb. Davon losgelöst wurde dann 2014 der Verein Köhlerei Andelbach gegründet. Peter Dietsch­weiler war anfangs gelegentlicher Helfer und übernahm später gemeinsam mit seinem Bruder, der vor einem halben Jahr verstorben ist, die Leitung. Seit er sich vor einigen Jahren aus dem Berufsleben zurückgezogen hat, hat er mehr Zeit für die Phasen intensiver Fronarbeit.

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Köhlern ist Knochenarbeit

Zur Motivation sagt Peter Dietschweiler: "Es ist mir ein Anliegen, ein uraltes Handwerk in die heutige Zeit zu bringen. Die Arbeit in der freien Natur und die Geselligkeit spielen ebenfalls eine grosse Rolle. Auch der Austausch mit anderen Köhlern im In- und Ausland gehört dazu."

Das Andelbacher-Team besteht aus mehreren Helfern in wechselnder Zusammensetzung, die meisten sind ebenfalls im Pensionsalter. Köhlern sei Knochenarbeit, stellt der Köhlermeister fest, nicht alle hielten es lange aus. Dieses Jahr helfe auch seine Tochter mit, die dafür drei Wochen Ferien genommen hat.

Besser mit älterem Holz

Das Köhlerjahr beginnt jeweils im November mit der Übernahme von gefällten Buchen von einer lokalen Forstkooperation. Die Andelbacher Köhler sägen die Stämme selber zu und transportieren sie mit dem Traktor zum Köhlerplatz, um sie dort in meterlange Scheite zu zerspalten und zu lagern. Im folgenden Frühling wird jeweils das Holz vom Vorjahr verwendet: "Das Verkohlen läuft bei älterem Holz ruhiger ab. Bei frischem kann es dagegen zu Verpuffungen, also Explosionen, kommen", erklärt Peter Dietschweiler.

Wie bei einem Puzzle

Dieses Jahr hat das Team 40 Ster Holz zu einem Meiler aufgeschichtet. Bevor mit dem Aufbau des Meilers begonnen wird, ist es wichtig, so Peter Dietschweiler, das Wetter zu beobachten und eine trockene Periode abzuwarten. Durchweichtes Holz würde den Verkohlungsprozess erschweren. Zum Gelingen trägt auch ein ebener Boden bei.

Zunächst wird eine Holzplattform gebaut, mittig darauf kommt das "Füllihuus", eine Art Kamin und Kernstück des Meilers. Darum herum schichtet das Team Holzspälten. "Beim Aufschichten kommt es sehr darauf an, die Scheiter genau einzupassen, damit dazwischen möglichst wenig Lufträume bleiben." erklärt der Köhler, "es ist wie ein Puzzle, man bekommt mit der Zeit ein Auge dafür."

Holzglut startet den Prozess

Um dem Meiler die Form einer Halbkugel zu geben, erhält er eine Kuppe aus kleineren Scheiten. Ist er vollständig mit «Löschi» ummantelt, wird rundherum eine Art Holzgerüst errichtet, damit man daran arbeiten kann, sobald der Meiler in Betrieb genommen wird. Um den Verkohlungsprozess in Gang zu bringen, steigt der Köhler über eine Holzleiter auf den Meiler und leert glühende Kohle in das "Füllihuus". "Die Holzglut braucht es, um die nötige Energie aufzubauen", erklärt Peter Dietschweiler.

Nach ungefähr zwei bis vier Stunden wird das "Füllihuus" mit einem Deckel verschlossen und drum herum durch die "Löschi" hindurch werden Löcher gestochen. Diese regulieren den Austritt des Rauchs. Am Boden wird ein schaufelgrosses Loch gemacht, für Luftzufuhr und Regulierung der Temperatur.

Die ersten Tage sind heikel

Alle drei bis vier Stunden, Tag und Nacht, wird der Meiler gepflegt. Das bedeutet, Luftlöcher einzustampfen und neue zu stechen. "Die Intensität des Rauches zeigt an, ob mehr oder weniger Luft zugeführt werden soll", führt Peter Dietschweiler aus. "Die ersten drei, vier Tage sind heikel. In dieser Zeit ist die Gefahr am grössten, dass es zu Verpuffungen kommen kann."

In den ersten zwei bis vier Tagen baut sich die Temperatur auf, bis es im Inneren des Meilers etwa 400 bis 450 Grad heiss ist. Aus dem Meiler entweicht weisslicher Rauch, der vor allem Wasser sowie in geringen Mengen auch Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und andere flüchtige Stoffe enthält. Am Boden hingegen laufen Flüssigkeiten wie Teer und Holzessig aus. Windet es stark und gelangt zu viel Luft an den Meiler, muss die Luftzufuhr vorübergehend reduziert oder sogar geschlossen werden.

Während der Phase, in welcher der Meiler in Betrieb ist, wacht ein Teammitglied vor Ort. Peter Dietschweiler zu diesen Zeiten: "In der Nacht sind die farbigen Rauchschwaden eindrücklich, ganz besonders, kurz bevor die Kohle fertig ist."

Begehrte Kohlenernte

An der Farbe des Rauchs, der zu den gestochenen Löchern austritt, kann man feststellen, wie weit der Prozess ist. Bis das Holz von oben nach unten vollständig verkohlt ist, werden etwa 12–13 Tage vergangen sein. Der Meiler umfasst am Ende nur noch zwei Drittel des ursprünglichen Volumens. Indem man die Zuglöcher am Ende verschliesst, wird der Meiler erstickt. Etwa zwei bis drei Wochen wird mit dem Öffnen gewartet.

Dann ist Kohlenernte angesagt: Dieses Jahr werden etwa 3,2 Tonnen Holzkohle erwartet, die zu 10-kg-Säcken und 3,5-kg- Säcken mit kleineren Stücken für den Tischgrill erhältlich sind. Die Nachfrage ist gross, so Peter Dietschweiler: "Wir verkaufen die Kohle über verschiedene Verkaufsstellen in der Gegend und auch direkt. Nach eineinhalb Monaten ist erfahrungsgemäss alles weg."

Weitere Informationen: www.kohlenmeiler.ch