«Wir stiessen an unsere Grenzen», erzählt Markus Gaxer und blickt in den Milchviehstall. Zusammen mit seiner Frau Regula bewirtschaftet er mitten im Kanton Thurgau einen 22 Hektar grossen Milchviehbetrieb mit Legehennen. Früher wurden die rund 30 Milchkühe in einem Melkstand gemolken – heute übernimmt diese Arbeit der Melkroboter.

Unter Hochdruck

2016 wurden Markus und Regula Gaxer das erste Mal Eltern. Nach der Geburt ihrer Tochter gab Regula ihre Arbeit ausserhalb des Betriebs auf. Damit bot sich die Möglichkeit, den Betrieb zu vergrössern. Eine Vergrösserung der Milchviehherde hätte jedoch gleichzeitig auch mehr Landfläche vorausgesetzt – ein Vorhaben, das sich kaum realisieren liess. «Es ist heute schwierig, zusätzliches Land in der Umgebung zu finden», erklärt Gaxer. Schon lange spielte der Landwirt aber mit dem Gedanken, in die Eierproduktion einzusteigen.

«Meine Mutter hielt früher bereits einmal Legehennen im kleineren Rahmen und ich fand schon damals Gefallen daran», so der Landwirt. Als sich 2018 die Gelegenheit bot, in die sojafreie Eierproduktion für die Migros einzusteigen, nutzte das Betriebsleiterpaar die Chance und baute einen Legehennenstall für 8000 Tiere.

Mit dem neuen Betriebszweig stieg allerdings auch die Arbeitsbelastung. Gleichzeitig musste sich Markus Vater, der bis dahin tatkräftig auf dem Betrieb mithalf, aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen aus dem Betrieb zurückziehen. Plötzlich lag die gesamte Arbeit auf Markus und Regula – und das mit zwei Kleinkindern. Besonders die frühen Morgenstunden wurden zur Belastungsprobe. «Die Eier mussten rechtzeitig für die Abholung fertig gemacht werden und gleichzeitig wurde die Milch abgeholt – wir standen täglich bis um halb zehn unter Hochdruck», erzählt Gaxer.

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Milchkühe sollen bleiben

Nach einem Jahr war klar: Eine Lösung muss her. «Wir stehen zwar schon lange auf der Liste der Lehrbetriebe, aber die Jungen zieht es meist eher auf grössere Betriebe. Dieses Jahr hatten wir Glück und fanden einen Lehrling», so Gaxer. Da die Legehennen einen finanziell interessanten Betriebszweig bilden, war für die Familie klar: Daran soll nichts geändert werden. Stattdessen stellte sich die Frage, ob eine Umstellung von den 30 Milchkühen auf die Mutterkuhhaltung sinnvoll wäre. «Wenn möglich wollten wir unsere Milchkühe aber behalten», erklärt Gaxer.

Die Lösung lag trotz der kleinen Herde in der Automatisierung: Ende 2020 zog ein Melkroboter in den Milchviehstall ein. «Der Roboter bringt uns Flexibilität und bricht die morgendlichen Arbeitsspitzen», sagt der Thurgauer. Die Tiere bewegen sich im gelenkten Tierverkehr: Vom Liegebereich können sie jederzeit zum Fresstisch. Der Rückweg führt durch das sogenannte SmartGate – ist eine Kuh fällig zum Melken, wird sie automatisch in den Melkstand geleitet. «So muss ich keine Tiere im Stall suchen und bin morgens nach dem Füttern sicher, dass alle Kühe gemolken werden», sagt Gaxer.

Betriebsspiegel Wiedenhof

Markus und Regula Gaxer

Ort: Mettlen TG
Ackerfläche: 22 ha
Betriebszweige: Milchwirtschaft, Freilandeierproduktion
Tierbestand: 30 Milchkühe und Aufzuchttiere, 8000 Legehennen
Mitarbeiter: Betriebsleiterpaar und eine Auszubildende

Ein eigenes Mini-Labor

Neben dem Progesteronmessgerät «DeLaval RePro», das nebst der Brunsterkennung, Gelbkörper und Zysten erkennt, sowie Trächtigkeitsuntersuchungen durchführt, ist der Melkroboter seit einem Jahr mit dem neu entwickelten Zellzahlmessgerät «Milk Cell Analysis» (MCA) ausgestattet. Als Testbetrieb durfte der Thurgauer das System bereits vor der offiziellen Lancierung im Mai testen. Integriert werden kann das Messgerät sowohl in das neuste als auch ältere Melkrobotermodelle der VMS V300-Serie. Mindestens einmal täglich entnimmt der Roboter eine Milchprobe und misst direkt im integrierten Mini-Labor die somatische Zellzahl. Bei Auffälligkeiten wird automatisch bei der nächsten Melkung eine weitere Analyse durchgeführt.

«Das Zellzahlmessgerät soll den Landwirt im Eutergesundheitsmanagement unterstützen und die Milchqualität verbessern, indem es Anzeichen für eine subklinische Mastitis frühzeitig erkennt», erklärt Urs Schmid, Produktleiter Melken bei DeLaval. «Die Analyse liefert mir genauso präzise Zellzahlwerte, wie jene der monatlichen Milchanalyse vom Zuchtverband, nur häufiger. So kann ich bei Auffälligkeiten schneller reagieren», erklärt Gaxer.

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Computer statt Melkstand

Statt morgens im Melkstand sitzt Markus Gaxer heute vor dem Computer. Im DeLavalPlus-System werden dem Landwirt die vom Melkroboter erhobenen Daten ausgewertet und übersichtlich dargestellt. «Als Erstes überprüfe ich, ob alle Kühe gemolken wurden», erklärt er. Eine Checkliste verschafft ihm einen weiteren ersten Überblick: Sie zeigt, welche Tiere besamt oder trocken gestellt werden müssen, bei welchen Kühen eine Trächtigkeitsuntersuchung ansteht, welche Tiere bald kalben und gibt einen Überblick über die Eutergesundheit der Tiere. «Das System arbeitet mit einem Farbschema wie beim Ampelsystem», erklärt Urs Schmid.

Hat sich der Betriebsleiter einen ersten Überblick verschafft, kann er mithilfe detaillierter Grafiken und Tabellen Tiere mit Auffälligkeiten genauer analysieren. «So weiss ich bereits im Büro, welche Tiere ich beim Stalldurchgang genauer beobachten muss und kann frühzeitig eingreifen, bevor überhaupt eine subklinische Mastitis auftreten kann. Zusätzlich hilft es, Entscheidungen über das Trockenstellen zu treffen, sodass ich auch hier unnötige Antibiotika-Behandlungen reduzieren kann», erklärt Gaxer.

«Wichtig ist bei einem Alarm sofort zu handeln und nicht zu warten, bis die Kuh Symptome zeigt. Sonst ist der ganze Vorteil des Systems verpufft», betont Schmid. Welche Gesundheitsdaten dargestellt werden, kann jeder Betriebsleiter individuell entscheiden. «Die einen möchten es ganz genau wissen, die anderen beschränken sich auf die wichtigsten Kennzahlen», erklärt Urs Schmid. Dafür werden die Landwirte im ersten Jahr von einem Herdenmanager oder einer Herdenmanagerin begleitet. Sie besuchen den Betriebsleiter im ersten Jahr fünfmal und helfen, das System individuell auf die Bedürfnisse des Betriebs abzustimmen und klären offene Fragen.

«Der Grossvater fehlt häufig»

Rund 100 Roboter installiert DeLaval pro Jahr in der Schweiz. Wie im Ausland zeichnet sich auch in der Schweiz ein Trend zu grösseren Betrieben mit höheren Milchleistungen ab – entsprechend wächst die Bedeutung eines effizienten Herdenmanagements. «Fruchtbarkeits- und Eutergesundheitsprobleme zählen zu den häufigsten Abgangsursachen beim Milchvieh. Mit unseren Analysesystemen setzen wir genau hier an», erklärt Urs Schmid.

Neben grösseren Betrieben entscheiden sich laut dem Experten auch kleinere wie jener von Markus Gaxer häufiger für einen Melkroboter – meist aus familiären Gründen. «Anders als früher fehlt heute häufig der Grossvater, der im Stall mithilft. Mit dem Roboter kann eine Arbeitskraft eingespart werden», so Schmid. Grosse Unterschiede bei den Gesamtkosten von Melkroboter und Melkstand gebe es meist kaum. «Der Roboter ist zwar in der Anschaffung teurer, benötigt aber weniger Platz. Heute sollte man in etwa einer Stunde mit dem Melken durch sein – das verlangt einen entsprechend grossen Melkstand. Rechnet man nun die Kosten für den zusätzlichen Platzbedarf mit ein, besteht nur ein geringer finanzieller Unterschied zwischen den beiden Systemen», so Schmid.

Auf seinen Melkroboter verzichten möchte Markus Gaxer heute nicht mehr. Neben der grösseren Flexibilität und dem Brechen der Arbeitsspitzen komme der Roboter auch den Kühe zugute. «Antibiotikabehandlungen sind bei uns die Ausnahme. Gleichzeitig konnten wir unsere Milchleistung leicht steigern.» «Wir haben für uns die richtige Entscheidung getroffen», ist der Betriebsleiter überzeugt.