Wenn ein Bauer über Jahrzehnte in sein Kulturland eingewachsenen «Wald» rodet, bekommt er gröbere rechtliche Probleme und happige Strafen. Und wenn er seine Landwirtschafts- und Sömmerungsflächen nicht vor der «Verwaldung» schützt, kann das eine Kürzung der Direktzahlungen zur Folge haben. «Immer wieder gibt es Reibungsflächen zwischen den landwirtschaftlichen Nutzflächen und den Waldflächen», schrieb die Schwyzer Bauernvereinigung in ihrer kürzlichen Stellungnahme zur Teilrevision des kantonalen Waldgesetzes.

«Kein Handlungsbedarf»

Darin schlägt der Schwyzer Regierungsrat zwar vor, dass die statische Waldgrenze künftig in festgelegten Gebieten auch ausserhalb des Baugebiets angewendet wird. Ansonsten soll weiterhin die dynamische Waldgrenze gelten. Das heisst, wenn über viele Jahre eine entsprechend starke Bestockung entsteht, so «wandert» die Waldgrenze ins Kulturland.

Deswegen forderte die Schwyzer Bauernvereinigung, dass flächendeckend im ganzen Kanton die statische Waldgrenze eingeführt wird. Davon will die Regierung nun aber absehen, weil in der Vernehmlassung darüber Uneinigkeit herrschte, wie es im Bericht von Ende August an den Kantonsrat heisst. Im Kanton Schwyz bestehe kein akuter Handlungsbedarf, weil sich in tieferen Lagen der Wald nicht ausdehne und in den Alpen kaum neuer Wald einwachse. Eine flächendeckende Einführung statischer Waldgrenzen wäre mit unverhältnismässigem Aufwand verbunden, findet die Regierung. Sie schätzt, dass dies einen zusätzlichen Aufwand von vier bis fünf Mannjahren bedeuten würde. Die Teilrevision des kantonalen Waldgesetzes geht nun zur Beratung in den Schwyzer Kantonsrat.

NW und OW: kein Bedarf

«Wo Alpen gut gepflegt werden, gibt es keine Probleme mit Vergandung», sagt Rudolf Günter vom Nidwaldner Amt für Wald und Energie. Vor Jahren seien GIS-basiert die Waldgrenzen definiert worden, allerdings dynamisch. So gebe es nur mehr sehr selten Diskussionen deswegen, Einzelfälle würden individuell beurteilt. Es sei deshalb nicht vorgesehen, im Richtplan Gebiete mit statischen Waldgrenzen festzulegen.

In Obwalden könnten zwar gemäss aktuellem Richtplan Gebiete für statische Waldgrenzen festgelegt werden, es seien aber noch keine solchen definiert worden, sagt Kathrin Zihlmann vom Obwaldner Amt für Wald und Landschaft. Sinn machen würde das am ehesten in intensiven Landwirtschaftsgebieten oder zur klaren Abgrenzung von Moorgebieten. Aktuell gebe es in Obwalden aber kaum Probleme wegen Waldrand-Definitionen.

Druck auf Land in Uri

Aufgrund einer Motion wurde die Urner Waldverordnung 2016 vom Landrat angepasst, diese sieht vor, dass statische Waldgrenzen festgelegt werden. Dies, um eine weitere Waldzunahme zu verhindern. Im 2018 angepassten Richtplan ist nun konkret festgehalten, dass entlang von landwirtschaftlichen Nutzflächen (Hügelzone bis Bergzone 4), die an Wald grenzen, statische Waldgrenzen festgelegt werden. Dies erfolgt koordiniert mit der Revision der Nutzungspläne in den Gemeinden. Das hätten bereits einige Urner Gemeinden gemacht, erklärt Michael Planzer vom Amt für Forst und Jagd.

«Eigentümer stehen weniger unter Druck.»

Antonia Ulmann, Abteilung Wald, Aargau

In Luzern wächst der Druck

Auch der Kanton Luzern kann gemäss dem 2018 revidierten kantonalen Waldgesetz im Richtplan Gebiete bestimmen, wo die statische Waldgrenze ausserhalb des Baugebiets gelten soll. Im Rahmen der anstehenden Gesamtrevision des Richtplanes werde festgelegt, ob diese kantonsweit oder nur in Teilgebieten eingeführt werden soll, sagt Sebastian Kaufmann von der Dienststelle Landwirtschaft und Wald. Der Druck dafür nehme vor allem in intensiv genutzten Landwirtschaftsflächen zu, und statische Waldgrenzen würden mehr Rechtssicherheit schaffen. In höheren Lagen über 1200 Metern über Meer nehme die Waldfläche insgesamt leicht zu.

Flächig in Zug und Aargau

Die Kantone Zug und Aargau setzen hingegen bereits auf flächendeckend statische Waldgrenzen. Dynamische Waldgrenzen seien heute nicht mehr sinnvoll, erklärt die Zuger Baudirektion. Sie verursachten Abgrenzungsprobleme und einen grossen Aufwand in der Geodaten-Nachführung. Der Richtplan wird derzeit angepasst, die Unterlagen liegen noch bis am 8. Oktober öffentlich auf.

Bereits seit Anfang 2019 sind im Aargau die Änderungen des Waldgesetzes und die damit verbundenen Änderungen im Richtplan in Kraft getreten. Nun gilt im ganzen Kanton der statische Waldbegriff. Der bisherige dynamische Waldbegriff habe in der Raumplanung, der amtlichen Vermessung und anderen Planungen immer wieder zu Rechtsunsicherheiten geführt, erklärt Antonia Ulmann, Fachspezialistin Abteilung Wald, beim zuständigen Aargauer Departement Bau, Verkehr und Umwelt. Aufgrund der Dynamik habe die zwingende periodische Nachführung von Waldgrenzen in der Vergangenheit zu beträchtlichem Aufwand geführt.

«Die Grundeigentümer stehen nun durch die Umstellung von dynamischen auf statische Waldgrenzen nicht mehr unter Druck, das Einwachsen von Wald auf ihren Flächen dauernd zu verhindern und damit das ökologisch wertvolle Pionierstadium aktiv zu bekämpfen», erklärt Ulmann.

Noch bis Ende September findet die öffentliche Auflage des Waldgrenzenplanes für den gesamten Kanton Aargau statt. Betroffene Wald- und Landeigentümer können so noch Einsprache erheben, wenn sie mit der neuen Grenzziehung nicht einverstanden sind.

 

Statisch oder dynamisch

In der Vergangenheit wurde eine statische Waldgrenze nur im Baugebiet festgelegt, ausserhalb galt die dynamische Waldgrenze. Seit dem revidierten eidgenössischen Waldgesetz und der Waldverordnung können auch für Gebiete ausserhalb der Bauzonen statische Waldgrenzen festgelegt werden. Die Kantone können so Gebiete bezeichnen, in denen sie eine Zunahme
des Waldes verhindern wollen. Werden statische Waldgrenzen festgelegt, so werden die dynamischen aufgehoben.
Eine so entstandene neue Bestockung gilt rechtlich nicht mehr als Wald, es braucht dann auch keine Rodungs­bewilligung mehr.