Ein Achtstundentag könnte in der Landwirtschaft zum Courant werden, wobei der oder die Betriebsleiter(in) die meiste Zeit im Betriebsbüro hinter dem Computer sitzt. Dort wertet er oder sie Drohnen- und Satellitenaufnahmen aus, die Pflanzenwachstum, Schädlingsbefall und Krankheiten übermitteln. Diese werden an den Feldroboter gesendet, der entsprechend sät, spritzt, hackt oder erntet.

Vom Landwirt zu Agis zum Bundesamt für Statistik

Zudem liefert ein umfassendes Herdenmanagement Daten über Milchmenge, Tiergesundheit, Brünstigkeit, Abkalbetermin, Futterbedarf, TMR, Gülle und Mist. Dann liefert die Bauernfamilie ihre Daten für die Direktzahlungen an den Kanton. Dort fliessen sie über das Bundesamt für Landwirtschaft in die Agis-Datenbank ein und gehen über eine periodische Datenabfrage zum Bundesamt für Statistik. Jeder Betrieb wird mit einer Unternehmensidentifikationsnummer (UID) im Betriebs- und Unternehmensregister (BUR) erfasst.

Die UID identifiziert die rechtliche Einheit des Unternehmens. Im BUR wird auch die Betriebsstätte als lokale Einheit festgehalten. Zudem sind bei den Landwirtschaftsbetrieben die Zahl der Grossvieheinheiten, Angaben über die Bodennutzung, den Beruf und das Alter des Betriebsleiters/der Betriebsleiterin registriert.

Noch braucht es die Man- und Programmierpower in den Amtsstellen, um diese Schnittstellen zu gewährleisten. Würde KI dazwischengeschaltet, ginge es noch automatisierter und die dortigen Büros wären entvölkert.

Warum nicht alles KI überlassen?

Der Landwirtin/die Landwirtin könnte den Achtstundentag sogar um die Hälfte reduzieren, wenn UID, BUR via KI direkt mit dem Hofcomputer vernetzt würden. KI würde für Anbauoptimierungen sorgen und Direktzahlungen umgehend ausbezahlen. Ist das die Vision 22. Jahrhundert? Das fragte ich mich, als ich den zweiten Digi-Spot-Anlass verfolgte. Dabei wurde an diesem Webinar der Chartagemeinschaft über die neuesten Entwicklungen in der Digitalisierung berichtet.

Nach all den Ausführungen zum Weg des Datenflusses vom Bauernhof bis zum Unternehmensregister war ich heilfroh, als Stefan Gfeller sagte: «Irgendwann muss auch der Landwirt zum Spaten greifen.» Gfeller ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HAFL und war neben Oliver Koller vom Bundesamt für Statistik und Manfred Tschumi vom Bundesamt für Landwirtschaft Referent am online durchgeführten Digi-Spot-Anlass.

Es schien, als sei der menschliche Erfindungsreichtum schier unermesslich. So ist zu befürchten, dass weiter geforscht und digital genetzwerkt wird – nicht, weil es besonders lebensbejahend ist, sondern, «weil man es kann». Wenn KI an den Schalthebeln sitzt, ist der Mensch nicht mehr Teil der Natur und der Agrikultur. Die entscheidende Frage ist, wer setzt der KI Grenzen.

Digitalisierung erscheint einfacher, solange es darum geht, Datenflüsse zu automatisieren. Aber ob dies auch Erleichterungen für die Bauernfamilie bringt, steht auf einem anderen Papier. Es ist unbestritten, dass mit der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung Pflanzenschutzmittel und Stickstoff eingespart werden können. Stefan Gfeller sprach von Effizienz. Solange man Effizienz ausschliesslich über Mehrertrag und tieferen Nährstoffeintrag definiert, mag das aufgehen.

Effizienz und Wirtschaftlichkeit

Kommen allerdings wirtschaftliche Faktoren und technisches Know-how zum Tragen, sieht es anders aus. So nutzen in der Schweiz nur wenige alle die digitalen Hilfsmittel wie Applikationskarten oder Satellitendaten. Laut Gfeller wird die teilflächenspezifische Ansaat mittels Applikationskarten kaum angewandt. Stefan Gfeller zitierte eine Umfrage, die von «Future Farming» im Oktober 2024 publiziert wurde. So zählt beispielsweise teilflächenspezifische Ansaat mittels Applikationskarten noch kaum zur gängigen Praxis. Der Mehrwert sei gering und lohne sich wirtschaftlich oft nicht, weder für Landwirte noch für Lohnunternehmer – dies, obwohl seit Jahren davon gesprochen wird, dass solche Systeme günstiger werden.

Will man als Landwirt wirklich wissen, warum ein Teilstück einer Parzelle ertragsschwach ist, muss man heute noch zum Spaten greifen. Dafür reichen Ertragskarten, Satelliten- oder Drohnenaufnahmen nicht aus.

Wenn früher eine Maschine oder ein Gerät bockte, versuchte man den Fehler zu beheben. Funktionierte die Maschine trotz wortgetreuer Einhaltung der Betriebsanleitung nicht, schlug man frustriert auf den Deckel oder gab dem Rahmengestell einen Fusstritt. Meistens stand bei solchen Gelegenheiten ein Kollege neben einem und sagte: «Du musst halt mit Gefühl. Lass mich mal.» Und «mit Gefühl» brachte er die Maschine zum Laufen. Das funktioniert nicht mehr.

Aber wahrscheinlich ist das «Gefühl» – nämlich jenes vom gesunden Misstrauen – das Einzige, was man KI entgegensetzen kann. Jeder sollte sich bewusst sein, dass Digitalisierung und Automatisierung einhergehen mit einem Stück Entmündigung, einem Verlust von Erfahrungs- und Fachwissen und auch von Alltagskompetenzen.