Nach einem veritablen Abstimmungskrimi entschied das Schweizer Stimmvolk am 27. September gegen eine Revision des bestehenden Jagdgesetzes. Die Entscheidung fiel mit 48,1 % Ja zu 51,9 % Nein sehr knapp aus. Am deutlichsten wäre die Vorlage in den Bergkantonen Graubünden und Wallis angenommen worden. Die eher städtischen Kantone des Mittellandes lehnten die Revision hingegen ab.
Wichtiger Etappensieg für Naturschutz-Organisationen
«Das ist ein ganz wichtiger Sieg für die Natur, für den Naturschutz in der Schweiz und für die Biodiversität», sagte Urs Leugger, Präsident von Pro Natura, am Sonntagabend gegenüber der Tagesschau des SRF. Es gehe um Grundanliegen, die dem Nein-Komitee und den Naturschutzorganisationen enorm wichtig seien. Entsprechend hoch war das Kampagnenbudget des Nein-Komitees, das mit insgesamt
zwei Millionen Franken zu Buche schlug. In einer Medienmitteilung schreibt das Komitee, der Weg sei nun frei für eine bessere Lösung ohne Kantonskompetenz für die Regulierung geschützter Tiere und ohne eine Regulierungsliste des Bundesrats. Eine konkrete Lösung wolle man während der Wintersession 2020 über den Weg einer parlamentarischen Initiative auf den Tisch bringen. Dabei sei es wichtig, Schutz und Regulierung mit der Jagd in Einklang zu bringen.
Der Schweizer Bauernverband bleibt am Ball
Auch aus Sicht des Schweizer Bauernverbandes (SBV) sei die Regulierung der Wolfsbestände noch nicht vom Tisch, äussert sich Urs Schneider, der als stellvertretender SBV-Direktor eine führende Rolle im Ja-Komitee eingenommen hat. Den Plänen der Umweltverbände, das Gesetz mittels einer parlamentarischen Initiative erneut aufs Korn zu nehmen, steht Schneider kritisch gegenüber: «Für die Schweizer Bauern war eine bessere Regulierung des Wolfes der zentrale Aspekt in Sachen Jagdgesetz. Mit der Ablehnung der Revision hat man nun neben dem Wolfspassus auch alle anderen positiven Elemente bachab geschickt, zum Beispiel die Verbesserung des Artenschutzes oder die Schaffung von Wildkorridoren.» Dadurch entstehe Druck auf die Umweltverbände, diese Aspekte im Rahmen einer umfassenden Revision des Jagdgesetzes möglichst bald rechtlich zu verankern. Eine vorschnell ausgearbeitete Revision gehöre aber nicht zu den Kerninteresse des Bauernverbandes, erklärt Schneider weiter. Zu prüfen sei, ob die Regulierung der Wolfsbestände auf der Verordnungsstufe erreichbar sei. Der SBV werde sich weiterhin für eine bessere Regulierung des Wolfes einsetzen.
Grenzübergreifende Gespräche über den Wolf
Die Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (Arge Alp) ist ein grenzüberschreitendes Projekt, in dem über die Landesgrenzen hinweg gemeinsame Probleme und Anliegen der Bergregionen bearbeitet werden. In der Arge Alp schliessen sich zehn Kantone, Länder, Provinzen und Regionen aus den Zentral-alpen zusammen. Die Schweiz ist mit den Kantonen Graubünden, St. Gallen und Tessin vertreten; die Schweizer Regierungschefs im obersten Gremium der Arge Alp sind Christian Rathgeb (GR) und Norman Gobbi (TI). Bei der 51. Konferenz der Arge Alp am 30. September in Salzburg wurde auch die wachsende Wolfspopulation in den Alpen diskutiert. So forderten die Regierungschefs die Europäische Kommission auf, zum Schutz der Alp- und Berglandwirtschaft sowie der Bevölkerung den Schutzstatus des Wolfs neu zu bewerten und den Abschuss von Problemwölfen zu ermöglichen. Aus Sicht der Arge Alp muss die wachsende Wolfspopulation nicht nur regional oder länderweise betrachtet werden, sondern in einem gesamteuropäischen Zusammenhang. Deshalb sprach sich die Arbeitsgemeinschaft für ein europaweites Wolfsmonitoring und eine wildökologische Raumplanung aus. Weiter machte die Arge Alp auf die Schwierigkeiten des Herdenschutzes in alpinem Gelände aufmerksam.Die in der Arge Alp vertretenen Schweizer Kantone enthielten sich bei der Wolfsfrage unter Verweis auf die Schweizer Abstimmung.