Was heute zur Seltenheit geworden ist, war vor 50 Jahren noch gang und gäbe: Die Milch mit dem Hund in die Käserei bringen. Auch wir machten das früher so. Das heisst, mein Vater weniger, umso mehr wir Kinder. Wir hatten eigentlich einen schönen Käsereiwagen. Platz darauf hatten zwei Kannen Milch und eine Bränte. Ich mochte diese Arbeit überhaupt nicht, denn auf dem Käsereiweg lauerten überall Gefahren und es warteten Dorfhunde auf uns. Wir hatten jeweils die grösste Mühe, unseren Bäri in Zaum zu halten. Ein ganz fieser Hund war zum Beispiel der «Bidu» von Nobses.

Die Hunde knurren sich an

Einmal, auf dem Nachhauseweg von der Käserei, war es wieder soweit: Der Bidu wartete schon am Strassenrand auf uns. Als wir mit ihm auf Augenhöhe waren, ging es los. Die Hunde knurrten sich an, unser Bäri zog kräftig an der Leine und der Bidu versuchte ihn zu beissen. Im Gerangel verlor ich die Leine. Nun rannte Bäri mit dem Käsereiwagen dem Bidu hinterher, dieser suchte Zuflucht in der Küche seines Herrchens. Nobses waren gerade am Znacht, als beide Hunde in ihre Küche stürmten. Zum Glück stellte der Käsereiwagen noch am Türrahmen an und verhinderte Schlimmeres. Sonst hätten Nobses wohl noch eine neue Küche gebraucht.

Das Milchgeld kommt im Couvert daher

Ja, der Käsereiweg war wirklich wie ein Action-Film und ich glaube, unsere Hunde hatten auch immer Freude daran. Wenn zufällig keine Hundedamen in der Umgebung läufig waren, warteten sie jeden Morgen und Abend geduldig vor dem Käsereiwagen bis es losging. Für Bäri war es das grösste Highlight, wenn er in der Käserei auch auf die anderen Hunde traf. Denn nicht nur wir, sondern auch Rüfenachts und Stämpflis brachten die Milch mit ihren Hunden in die Käserei. Waren alle drei dort, musste man die Vierbeiner immer ganz fest anbinden, sonst gab es Krawall. Als hätten wir nicht schon genug mit unseren Hunden zu tun, steckte uns der Käser jeweils Ende Monat auch noch das Milchgeld in einem Couvert in die Tasche. Mit ein paar Tausendern im Sack, leeren Milchkannen und dem Hund, trotteten wir dann seelenruhig und «steinreich» nach Hause. Da war es immer von Vorteil, wenn uns nicht noch der Bidu auflauerte.

Lieb und stur - in einem Hund vereint

Für unseren Käsereiwagen brauchten wir jeweils einen grossen, kräftigen Hund. Der erste hiess Priska, der wurde wegen eines Krebsleidens nicht alt. So musste Vätu halt auf den Hundehandel. Beim von Aesch kaufte er dann einen kleinen, jungen Bernhardiner-Mischling, den wir Bäri tauften. Leider kam er kurze Zeit später unter ein Auto, brach sich den Oberschenkel und wollte nicht mehr weiterwachsen. Bäri blieb einfach als Käsereihund zu klein und es lupfte ihn quasi vom Boden, wenn wir die Milch auf den Karren aufluden. Also musste wieder ein neuer Hund her und so kam Bäri II zu uns. Der war ein ganz Lieber, aber auch ein ganz Sturer: Auf dem Käsereiweg hatte er immer seine Linie und wich nicht nach rechts oder nach links aus. Dies wurde auch einmal einer alten Frau zum Verhängnis als sie auf dem Käsereiweg fast von ihm und dem Karren überfahren wurde. Ihre Handtasche flog damals in grossem Bogen davon, ihr ist zum Glück nichts passiert. Ja, an unserem Bäri II kam niemand vorbei, sogar der blöde Bidu hatte grossen Respekt vor ihm.