Schlagen wir die Brücke zur Landwirtschaft. Je intensiver die Produktion, je höher die Tierdichte, desto mehr gibt es Kritik wegen der daraus resultierenden Immissionen. Vor allem wenn die Mägen der Leute voll sind. Wenn in der dicht besiedelten Schweiz Rückstände von Pestiziden im Trinkwasser gemessen werden, so kommen der Ackerbau und Spezialkulturen mehr unter Druck, als in ausgedehnten dünn besiedelten Agrar-gegenden im Ausland. Dort, wo Rückstände vielleicht viel häufiger sind, wenn sie denn überhaupt gemessen werden und ein Thema sind.
Wie sich der Druck auf eine intensive Landwirtschaft über Jahrzehnte entwickeln kann, das erlebt derzeit die Luzerner Tierhaltung, die aktuell wieder in den Medienschlagzeilen ist.
Ein Blick in die Vergangenheit
Vor einigen Jahrzehnten ermöglichte die sogenannte innere Aufstockung, notabene staatlich gefördert, dass verhältnismässig kleinflächige Luzerner Betriebe ihre Existenz sichern konnten. Auf-gestockt wurde meist mit Schweinen, gezüchtet und gemästet mit viel zugeführtem Futter. Die vielen Tiere und fast dauernd gute Marktsituation führten nicht nur zu wirtschaftlicher Blüte für die Bauern, sondern auch für die sich in der Region stark entwickelnde vor- und nachgelagerte Branche. Noch heute hängt jeder elfte Arbeitsplatz von der Landwirtschaft ab. Luzern ist ein wichtiger Agrarkanton mit einem Produktionswert von fast einer Milliarde Franken, davon 80 Pro-ent aus der Tierhaltung.
Doch die hohe Tierintensität hatte Folgen. Eine ausgeglichene Nährstoffbilanz war in den 80er-Jahren noch kein Thema, auch GVE-Limiten und Gülleverträge gab es kaum. So reicherten sich die Nährstoffe an, auch in den Seen. Der Sempachersee und auch der Baldeggersee erlangten nationale Berühmtheit wegen hoher P-Belastung und Fischsterben. Die Zeiten haben sich geändert, der Dichtestress hat zu vielen Auflagen, Seeverträgen, Phosphorprojekten und weiteren Massnahmen geführt. Inzwischen hat man die Stoffflüsse viel besser im Griff, die Belastung der Seen ist stark gesunken. Gleichwohl reiche das nicht, die Zielwerte für die P-Zufuhren seien noch nicht erreicht, finden die einen. Für die anderen geht das viel zu weit. So haben Bauern kürzlich Beschwerde gemacht gegen eine verschärfte kantonale Phosphorverordnung, welche die Düngung weiter einschränken will. Und Umweltverbände haben Beschwerde gegen die Luzerner Regierung gemacht, weil die viel zu wenig mache für die Gesundung der Seen, nicht den Mut habe, die zu hohen Tierbestände zu reduzieren und vor der Agrarlobby einknicke (die BauernZeitung berichtete).
Druck auf Landwirtschaft wird wohl weiter anhalten
Es ist so oder so davon auszugehen, dass der Druck auf die tierintensive Landwirtschaft im Kanton Luzern anhalten wird. Dies auch wegen einer weiteren Problematik, den zu hohen Ammoniak-Emissionen. Diese hängen ebenfalls direkt mit der intensiven Tierhaltung zusammen. Zu differenzieren gilt es beim Ammoniak aber bei den Ursachen. Immer wieder machen Umweltverbände und Medien die vielen Schweine dafür verantwortlich. Weit gefehlt: Drei Viertel der tierischen Emissionen stammen vom Rindvieh. Der Wunsch nach mehr Tierwohl und so mehr Laufställen und Laufhöfen hat das Problem in den letzten Jahren noch verschärft.
Die hiesige Bevölkerung, wohlstandsgesättigt und auf Umweltfragen sensibilisiert, schaut genauer auf Probleme als anderswo, auch bei Pestiziden. Womit wir bei den anstehenden Initiativen wären. Schlagzeilen zu Rückständen im Trinkwasser tragen nicht dazu bei, das Vertrauen in die produzierende Landwirtschaft zu fördern. Da ist es nicht relevant, wenn auf geänderte Grenzwerte, Metaboliten, Altlasten und verfeinerte Messmethoden hingewiesen wird. Und auch der Hinweis, dass bei Verboten von Hilfsmitteln die eigene Produktion stark einbricht und ins Ausland verlagert wird, zieht nicht, wenn es um die vermeintliche eigene Gesundheitsgefährdung geht. Da braucht es noch viel Aufklärungsarbeit. Noch zu viele Bauern nehmen zu wenig wahr, dass sich die Gesellschaft verändert hat, die Haltung zur Landwirtschaft kritischer geworden ist. Dies gilt es zu berücksichtigen. Ohne alles hinzunehmen und jegliche Forderungen von Umweltverbänden zu akzeptieren. Die produktive, hilfsmittel- und tierintensive Landwirtschaft wird aber weiter unter Druck kommen. Die Bauern sollten dies als Herausforderung anschauen, nicht als Risiko.