Ich gehe gerne z Bärg, letztes Wochenende war es wieder soweit: Von der Schynigen Platte ging es auf die First nach Grindelwald. Ich war nicht der Einzige, der bei diesem schönen Wetter unterwegs war. Ich war aber wahrscheinlich der Einzige, der die gepflegte Natur, die sauberen Alpenweiden und die blumenreichen Wiesen wahrnahm. Die anderen sahen diese Pracht wohl nicht, waren nur damit beschäftigt, dass es ihren Hunden gut geht und diese nicht dauernd die Rinder und Ziegen auf den Weiden störten.

Während der Wanderung dachte ich mir, wie sähe es wohl aus, wenn die Bauern nicht jedes Jahr die Weiden von den Steinen und dem Geröll säubern würden? Wie sähe es wohl aus, wenn die Alpen nicht mehr bestossen und dem Schicksal überlassen würden? Die meisten Konsumentinnen und Konsumenten nehmen die tagtägliche, harte Arbeit der Bauern nicht mehr wahr, wie sollen sie auch: Immer weiter entfernen sie sich von Landwirtschaft, haben mit dem «Bauern» Jahr für Jahr weniger zu tun.

Dreinreden wollen sie aber

Aber eins wollen sie immer noch: Dreinreden und das Gefühl haben, den Bäuerinnen und Bauern die Landwirtschaft erklären zu müssen. Nicht nur mit der Unwissenheit der Bevölkerung muss die Landwirtschaft tagtäglich zurechtkommen. Auch die zunehmende Problematik mit Wolf, Hirsch und Tourismus wird zur grossen Herausforderung. Die Konsumenten fordern vermehrt, eine idyllische Landschaft, wo Mensch und Raubtier Platz haben müssen. Sie wissen nicht, mit welchem Aufwand die Schaf-, Ziegen- und Kuhherden gegen Wolfsangriffe geschützt werden müssen oder dies an den meisten Orten gar nicht möglich ist.

Die Gruppe Wolf Schweiz ist sogar der Überzeugung, dass sich die Kühe trotz der Wolfspräsenz nicht aus der Ruhe bringen lassen würden. Wie blind muss man wohl sein, um solche Behauptungen in die Welt hinauszutragen? Solche Aussagen sind naiv und grenzen schon fast an Dummheit. Wie Kühe reagieren, wenn nur ein Hund in ihre Nähe kommt, braucht man nicht weiter zu erklären. Trotzdem wird der Abstimmungskampf für das revidierte Jagdgesetz für die Landwirtschaft nicht leicht zu gewinnen sein. Letzte Woche wurde im Fernsehen gezeigt, dass man die Kühe jetzt mit einem Sender versehen kann, damit die Wanderer genau wissen wo sich die Herde aufhalten könnte. Liebe Leute, was kommt wohl als Nächstes auf uns zu?

Mit Initiativen und Vorschlägen fordert die Gesellschaft von den Bauern, was sie selber zu Hause auf keinen Fall täten. Sie wollen eine «Heidi-Landschaft, wollen pestizidfreie Lebensmittel, für die sie am liebsten fast nichts bezahlen müssten oder Naherholungsgebiete wo man sich frei bewegen kann. Liebe Konsumentinnen und Konsumenten, habt ihr euch schon mal Gedanken gemacht, wer diese schöne Landschaften für euch gestaltet und pflegt?

Buhmann der Nation

Es sind die lieben Landwirtinnen und Landwirte, die tagtäglich ihr Bestes geben, um der Gesellschaft gerecht zu werden. Trotzdem werden ihnen Tag für Tag immer mehr zusätzliche Stolpersteine in den Weg gelegt. Derzeit müssen die Bauern viel über sich ergehen lassen. Als Umweltsünder, Tierquäler und Wasserverschmutzer werden sie an den Pranger gestellt. Dazu kommen der tiefe Milchpreis, der hohe administrative Aufwand und der Druck aus der Öffentlichkeit. Wird dies die nächste Bauern-Generation noch mittragen, immer der Buhmann der Nation zu sein?

Es würde nicht erstaunen, wenn in ein paar Jahren die Bergregionen anders aussähen als jetzt. Verlassene Alpweiden, ungepflegt und nicht mehr bestossen. Schon jetzt ist dort der Wald markant auf dem Vormarsch, schnell wären die Grünflächen und die Artenvielfalt verloren. Die Ersten haben es jetzt erkannt und heben den Finger: Die veränderte Landnutzung im Alpenraum bringe spezialisierte Vogelarten unter Druck, heisst es aus Sicht der Vogelwarte. Der Grund liege hier vor allem bei der Aufgabe traditioneller Bewirtschaftung, die Alpwiesen verbuschten, die Biodiversität gehe zunehmend verloren.

Ja liebe Politik, liebe Konsumentinnen und Konsumenten, wenn ihr mit euren abstrusen Anforderungen und Wünschen so weitermacht, wird der Trend nicht zu stoppen sein. Gut, vielleicht werden diese Arbeiten in Zukunft auch andere übernehmen, wenn es die Bauern nicht mehr tun? Vielleicht gibt es bald eine neue Berufsgattung, mit einer vierjährigen Lehre, um die Bergregionen schön zu halten.

Alp-Pflegemeister oder Landschaftsgärtner könnte diese heissen. Ob man diese strenge Arbeit dann auch so mit wenig Lohn machen wird wie es die Bauern heute tun, ist zu bezweifeln. 120 Franken in der Stunde, das sei dann immer noch billig würde es aus Bundesbern heissen. 120 Franken, um das einzigartige Alpenpanorama zu erhalten seien es Wert. Darum liebe Konsumentinnen und Konsumenten, trägt sorg zu unserem Bauernstand, nicht nur jetzt, sondern auch für die weiteren Generationen. Denn billiger als es unsere Landwirtschaft tut, wird es garantiert auch in Zukunft niemand machen.