Vor ein paar Jahren klingelte mein Handy. Am anderen Ende der Leitung war eine äusserst fröhliche Dame einer TV-Produktionsfirma. Sie fragte mich, ob ich nicht Hofdame bei«Bauer, ledig, sucht ...» werden möchte. Eine Verwandte, die mitmachte, hatte meine Nummer weitergegeben. Obwohl damals noch Single, habe ich dankend abgelehnt. Nicht nur, weil der Mann nicht passend für mich gewesen wäre, sondern auch, weil ich mehrere Jahre als TV-Journalistin bei einer Bildungssendung gearbeitet habe. Ich weiss, wie einfach es ist, jemand durch geschickte Interviewführung und entsprechenden Schnitt in eine bestimmte Rolle zu drängen.

Personen werden typisiert

Sendungen wie «Bauer, ledig, sucht ...» versuchen, wie mir einst Daniel Süss, Professor für Medienpsychologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Interview erklärte, die dargestellten Personen zu typisieren und möglichst prägnant darzustellen, damit mögliche Konflikte spannend sind. So gesehen müssen sich alle Personen, die in einer solchen Sendung mitmachen, bewusst sein, dass es alleine schon durch den Schnitt und den Off-Kommentar zu einer Verfremdung kommt.

Kein zweites Mal

Einige Jahre nach der Anfrage interviewte ich einen ehemaligen Kandidaten der Sendung.
Er sagte, er sei nicht so, wie er in der Sendung dargestellt wurde und würde kein zweites Mal mitmachen. In der gerade zu Ende gegangenen Staffel wurde nun plötzlich die stets für Schlagzeilen sorgende Veganerin und Kuhglockengegnerin Nancy Holten Hofdame und hatte angeblich Ambitionen, sich in einen Bauern zu verlieben. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Geschicktes Casting war es auf jeden Fall.

Gute Einschaltquoten

Trotzdem: «Bauer, ledig, sucht …» ist äusserst unterhaltsam. Ich mag Moderator Marco Fritsche noch mehr, seit ich ihn vor zwei Jahren interviewt habe. Und bestimmt kann man sich vor der Kamera verlieben, auch wenn die aktuelle Staffel keine hohe Erfolgsquote in Sachen Happy Ends aufweist. Insgesamt sind aber 19 Hochzeiten und 23 Babys nach zehn Jahren eine  schöne Zahl. Das Format ist auch bei den Einschaltquoten erfolgreich. Mit einem Staffelschnitt von 16,2 Prozent in der werbe-relevanten Zielgruppe war die aktuelle Staffel laut 3+ die zweitbeste seit dem Start 2008.  Dabei spielt sicher auch ein gewisser Voyeurismus mit. Denn  die Sendung ist in einer Weise inszeniert, dass sich der Zuschauer fragen kann, wie es herauskommt und ob es einen Zusammenprall verschiedener Welten gibt. Man hat Einblick in eine andere, fremde Welt, was die Landwirtschaft für
die meisten ist. 

Das Kochen ist Nebensache

Ein weiterer Quotenkracher ist die «Landfrauenküche» des Schweizer Fernsehens. Obwohl ich weder besonders gut noch  besonders gerne koche, schaue ich die Sendung gerne. Mich interessiert aber meist viel mehr die Woche vor dem Essen, als das eigentliche Menü selbst. Ich will wissen, welchen Betriebszweigen die Familie nachgeht und welche Kuhrasse im Stall steht. Natürlich sehe ich gerne die Familiendynamik und erfahre, wie sich das Bauernpaar kennengelernt hat.

TV-Sendung mit Erholungswert

Es mag mit der  städtischen Lebensform zu tun haben, die  für viele Schweizer Alltag ist, dass Sendungen wie die «Landfrauenküche» so erfolgreich sind. Man wünscht sich vielleicht einen gewissen Ausgleich. Viele erleben das Land nur in ihren Ferien. Also hat eine solche Berichterstattung Erholungswert, auf der anderen Seite ist die Vorliebe für solche Swissness-Sendungen vermutlich auch  eine Reaktion auf die zunehmende Globalisierung.

Wie nutzen die Leute Medien?

Die Frage bleibt, was Unterhaltungssendungen über die Landwirtschaft für das Image derselben tun oder eben nicht, gerade auch im Hinblick auf kommende Abstimmungen. Das hänge sehr von der Art ab, wie die Leute Medien nutzen, erklärte mir Daniel Süss. Sind sie bildungsinteressiert, lesen sie Hintergründe oder informieren sie sich hauptsächlich über Fernsehen und Boulevardmedien? Ist Letzteres der Fall, dann hat eine solche Sendung einen stärkeren Effekt, weil sie die emotionale Einschätzung beeinflussen kann. In diesem Fall spielt es eine Rolle, ob der Hof im Fernsehen gepflegt oder heruntergewirtschaftet aussah. Das kann dann bei Fragen, ob die Landwirtschaft finanzielle Unterstützung braucht oder wie es sich auf einem solchen Hof lebt, das Bild prägen.

Positive Stimmung ist gut

Experte Süss sagte aber auch: «Alles, was im Unterhaltungsmodus genutzt wird und positive Gefühle hinterlässt, löst ein positives Image und eine positive Grundstimmung aus.» Ein paar positive Vibes können ja nie schaden. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gutes neues Jahr und viel Spass bei der nächsten Sendung im TV.