Klimawandel, Klimaschutz – Sie können es nicht mehr hören? Ich auch nicht. Niemand mag sich tagein, tagaus mit dem drohenden Untergang der Menschheit auseinandersetzen. Das Thema ist enorm belastend und bei den immer neuerlichen Hiobsbotschaften möchte man am liebsten die Augen schliessen und sich die Ohren zuhalten. Aber bei kaum einem anderen Problem ist die Vogel-Strauss-Strategie derart fehl am Platz wie beim Klimawandel.

Man könnte das grosse Ökosystem Erde mit dem Körper eines langjährigen Rauchers vergleichen. Lange scheint alles in Ordnung zu sein, unbemerkt und schleichend aber zerfällt der Körper: Teer lagert sich in der Lunge ab, die Gefässe werden in Mitleidenschaft gezogen, Krebs beginnt zu wuchern. Ab einem gewissen Punkt muss der Raucher mit lädiertem Körper zu leben lernen, auch wenn er einen Rauchstopp schafft. Danach kann er sich teilweise wieder physisch erholen, es verbessert sich etwa der Geschmacksinn und er kann besser atmen. Manches aber bleibt zurück.

Unser Planet wäre wohl ein starker Raucher in mittleren Jahren. Aber statt mit erhöhtem Herzinfarkt- und Krebs­risiko muss sich die Landwirtschaft mit steigenden Temperaturen und Trockenheit herumschlagen. Und im Gegensatz zum beispielhaften Raucher schadet der Klimawandel nicht nur einer Einzelperson, denn den «Körper Erde» teilen wir mit sehr vielen anderen Menschen. Hinzu kommt, dass wir unseren Planeten an die kommenden Generationen weitergeben. Und wer möchte seinen Kindern schon ein Leben in einem verbrauchten und vom eigenen (Tabak-)Konsum geschädigten Körper zumuten? Rasches Handeln ist gerechtfertigt, aber wer steht in der Verantwortung?

Die Landwirtschaft ist in der Schweiz gemäss Zahlen des Bundesamts für Umwelt für 13,2 Prozent der Treibhausgase verantwortlich. Höhere Anteile haben der Verkehr (31,7 Prozent), die Industrie (20,2 Prozent) und Haushalte (18,4 Prozent). Innerhalb der Landwirtschaft fällt vor allem die Nutztierhaltung mit 46 Prozent ins Gewicht, aber auch Stickstoffemissionen aus dem Boden (21 Prozent) und die Hofdüngerbewirtschaftung (15 Prozent). Es gibt also viele Baustellen. Das heisst aber auch, es gibt viele Ansatzpunkte. Am effizientesten wäre, basierend auf diesen Zahlen, eine Reduktion des Tierbestandes. Solange Fleischimporte gesetzlich erlaubt und von Schweizern nachgefragt sind, macht das aber keinen Sinn.

Die steigenden Bio-Zahlen in allen Bereichen zeigen, dass nicht alle nur nach Preiskriterien einkaufen. Allerdings
sind es aktuell nur wenige
(15 Prozent). Man müsste ein kleineres, teureres und rein inländisches Fleischangebot eben akzeptieren, pathetisch ausgedrückt: für unsere Zukunft.

Aktuell steht die Landwirtschaft als «Klimasünderin» am Pranger. Aber ohne sie, ohne die Arbeit und das Wissen von Bäuerinnen und Bauern gibt es nichts zu essen. Daher kann niemand eine Abschaffung der Landwirtschaft wollen. Und wer eine andere Landwirtschaft will, der muss dabei helfen, sie
zu tragen.

Der Klimaschutz liegt in unser aller Interesse. Die Landwirtschaft hat ihren Anteil am Treibhausgas-Ausstoss und daher macht es Sinn, wenn passende Massnahmen umgesetzt werden. Aber man muss beachten, dass das Reduktionspotenzial im Agrarsektor kleiner ist als etwa beim Verkehr. Auf landwirtschaftliche Produkte sind wir angewiesen, auf die Fliegerei und eine sonntägliche Spritztour (oder das Rauchen) nicht. Auch diverse Importwaren brauchen wir eigentlich nicht; laut dem aktuellen Agrarbericht wurden, gemessen am Geldwert, 2017 vor allem Getränke, tierische Produkte, Genussmittel und Früchte importiert. Gleichzeitig wird einwandfreie Schweizer Ware wegen optischer Mängel abgelehnt. Etwas läuft schief.

Wie viel genau an landwirtschaftlichen Treibhausgas-Emissionen eingespart werden kann, hängt im heutigen System zu einem grossen Teil von der Nachfrage ab. Aber auf die eine oder andere Weise sind wir alle als Teil der Gesellschaft auch Konsumenten und tragen die Verantwortung für einen «globalen Rauchstopp» gemeinsam. «Alles hängt irgendwie zusammen», wie es in der Werbung von Bio Suisse so schön heisst.