Überraschend deutlich sagte die Luzerner Stimmbevölkerung letzten Sonntag mit je über 67 Prozent Anteil Nein zu den beiden Kulturlandinitiativen. Überraschend knapp mit nur 50,4 Prozent Ja wurde hingegen dem Gegenvorschlag der Regierung zugestimmt. Und dieser hatte vor allem auf dem Land einen schweren Stand. Nur 25 von 82 Gemeinden waren für diesen Gegenvorschlag, für den sich auch der Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband (LBV) zusammen mit einem überparteilichen Unterstützungskomitee starkgemacht hatte. Offenbar wollen viele Leute keine weitere Verschärfung der raumplanerischen Auflagen und erachten die jetzige Situation schon als genügend für den Kulturlandschutz.
Frustration und Verbitterung bei den Initianten
Enttäuscht vom klaren Entscheid zu den Initiativen sind die Initianten, aus der Medienmitteilung ist auch eine deutliche Verbitterung und Frustration zu lesen. Die Zersiedelung, der Boden- und Biodiversitätsverlust gehe weiter, die Bevölkerung wolle offenbar diesen Trend nicht stoppen. Das sei nicht nur eine Niederlage für das Initiativkomitee, sondern vor allem eine Niederlage für die Jugend und die kommenden Generationen. Immerhin sei eine breite Diskussion über den Boden und die Fruchtfolgeflächen (FFF) ausgelöst worden.
Die Initianten hoffen nun, dass sich die Bevölkerung gleichwohl mit der Zersiedelung auseinandersetze, so bei der Revision des Richtplanes und den laufenden Revisionen der Bau- und Zonenplanungen in den Gemeinden. Und gehofft wird, dass zumindest der Gegenvorschlag von der Regierung nun zeitnah umgesetzt wird, so auch die Kartierung der Fruchtfolgeflächen.
«Bagatellgrenze FFF steht zur Diskussion.»
Stefan Heller vom LBV ist gespannt auf die Umsetzung des Gegenvorschlags.
Rasche Umsetzung
Explizit dies versprach der zuständige Regierungsrat Fabian Peter schon am Abstimmungssonntag. Die Bestimmungen des Gegenvorschlags würden schon am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Und für das erste Quartal 2021 werde bereits die Vernehmlassung zu einer Revision der Planungs- und Bauverordnung starten. Schon in den kommenden Wochen soll im Geoportal des Kantons Luzern eine Online-Karte aufgeschaltet werden, wo die Eignungsgebiete für Bodenverbesserungen zur Kompensation von FFF aufgezeigt wird, versprach Peter.
«Nun geht die Zersiedelung einfach weiter.»
Enttäuschung beim Initiativkomitee Luzerner Kulturland-Initiativen.
Bauen ausserhalb im Fokus
Ebenfalls im ersten Quartal 2021 will die Regierung dem Kantonsrat einen Sonderkredit für die Bodenkartierung der Fruchtfolgeflächen ab 2021 unterbreiten. Der Gegenvorschlag sei keineswegs zahnlos, wie dies die Initianten behaupteten, betonte Fabian Peter (siehe Kasten).
Über den Volksentscheid ist die Luzerner Regierung sehr erfreut, wobei er auch bei einem Nein zum Gegenvorschlag nicht sehr enttäuscht gewesen wäre, wie Peter meinte. Nun könnten mit dem Gegenvorschlag aber die Anliegen der Initianten zumindest teilweise aufgenommen werden. So werde der Kulturlandschutz verstärkt, unter Beibehaltung des raumplanerischen Spielraums, damit eine massvolle Entwicklung des Kantons weiterhin möglich sei. Mit dem Gegenvorschlag gebe es klarere Regeln für das Bauen und für die Nutzung von Flächen ausserhalb von Bauzonen, und der Schutz des Bodens und die FFF würden stärker im Gesetz verankert.
Das gegnerische Komitee, das sich für den Gegenvorschlag stark machte, wies darauf hin, dass nun weiterhin neue Gewerbebetriebe angesiedelt, Viehställe erweitert oder Biogasanlagen realisiert werden könnten, wie es in deren Medienmitteilung heisst.
Ein Sieg der Vernunft
Zufrieden und positiv überrascht äusserte sich auch LBV-Geschäftsführer Stefan Heller. Die Resultate von letztem Sonntag machten auch optimistisch für die Abstimmung über die anstehenden Trinkwasser- und Pestizidverbots-Initiativen vom Juni 2021, nämlich, dass Vernunftentscheide trotz emotionalen Kampagnen obsiegen. Er sei nun gespannt auf die Umsetzung des Gegenvorschlags, konkret den Vollzug der Anpassungen im Baugesetz und in der zu revidierenden Planungs- und Bauverordnung.
So dürfte die Landwirtschaft vor allem interessieren, wie das Bauen ausserhalb Bauzonen gehandhabt werde. Heller nennt beispielsweise die «Bagatellgrenze» von 1500 m2, unter welcher die Beanspruchung von Fruchtfolgeflächen bei landwirtschaftlichen Bauprojekten bisher nicht kompensiert werden musste. Es sei sehr offen, ob diese Freigrenze künftig noch haltbar sei.
Der Gegenvorschlag hat Biss
Der angenommene Gegenvorschlag bedeutet eine Verschärfung des Planungs- und Baugesetzes. So wird der Schutz von FFF von der Verordnungs- auf die Gesetzesstufe gehoben. Das zu erhaltende Luzerner Kontingent an FFF wird im Gesetz erwähnt, und die Flächen müssen innert zehn Jahren kartiert werden. Für die Beanspruchung von FFF braucht es überwiegende öffentliche Interessen. Als Beanspruchung gilt nicht nur die Einzonung, sondern neu ausserhalb Bauzonen auch die Überbauung und «bodenverändernde, die Fruchtfolgequalität des Bodens vermindernde Nutzung». Stärker gewichtet wird auch die Erhaltung und Aufwertung des Landschaftsraumes sowie Auflagen zur Gestaltung und Eingliederung von Bauten ausserhalb Bauzonen. Und das Gesetz priorisiert neu Umnutzungen und Umbauten gegenüber zusätzlichen Neubauten. Gerade diese Umsetzung dürfte für die Landwirtschaft von grossem Interesse sein.