Sie sind seit 1997 Mitglied der Geschäftsleitung des BBZ Arenenberg und seit 2011 Direktor. Was hat sich in dieser Zeit am meisten verändert?

Martin Huber: Es hat sich viel verändert, vor allem in den letzten Jahren. Ich denke etwa an die Zusammenlegung von Bildungs- und Beratungszentrum und Napoleonmuseum auf dem Arenenberg. Diese hatten Dominik Gügel, der Direktor des Museums, und ich vor zehn Jahren initiiert. Anstoss dafür war, dass das Internat der Schule immer wieder reduziert wurde und daher eine Beherbergungskapazität entstand, die nun eine zusätzliche touristische Nutzung des historischen Gebäudes als Hotel ermöglichte. Nach dem Regierungsratsentscheid, der 2020 erfolgte, konnte die Zusammenlegung auf den 1. Januar 2021 stattfinden. Die Vorbereitungen waren intensiv, in den Jahren davor habe ich einiges an Arbeitszeit dafür eingesetzt.

Ein weiteres Grossprojekt war die Gründung der Swiss Future Farm vor vier Jahren. Auslöser dafür war der Plan des Bundes, den Standort Tänikon der eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope aufzugeben.

Wie kam es, dass der Kanton Thurgau sich für die Zusammenarbeit mit einem Forschungsbetrieb entschied?

Da rund 100 Stellen in Gefahr waren, war dies für den Kanton Thurgau ein volkswirtschaftliches Thema. Zudem erachteten wir die offizielle Zusammenarbeit mit Agroscope Tänikon durch den Kanton als grosse Chance, künftig Bildung, Forschung und Beratung zusammenzubringen. Ich selber war überzeugt, jetzt oder nie. Die jahrelange gute Zusammenarbeit mit Agroscope am Schul- und Versuchsbetrieb Güttingen hat seinerseits zum Entscheid beigetragen. 2017 wurde mit Agroscope die Bewirtschaftung des Versuchsbetriebs durch das BBZ Arenenberg vereinbart. 2018 kam es zur Gründung der Swiss Future Farm (SFF) im Rahmen einer Public-private-Partnership zwischen dem BBZ Arenenberg und den Unternehmen GVS Agrar AG und AGCO International. Die beiden Firmen bringen sich mit moderner Landtechnik, praktischer Smart-Farming-Erfahrung und einem internationalen Netzwerk mit ein. So hat die SFF zahlreiche Synergien hervorgebracht, wovon auch die Schule und die Berater vom BBZ Arenenberg profitieren.

Die Swiss Future Farm hat zum Ziel, digitale Techniken und praktische Anwendung stärker zusammenzubringen. Wie erleben Sie das Interesse an Smart Farming vonseiten der Landwirte?

Bei jedem neuen Thema ist es das Gleiche: Man muss die Landwirte einladen und zeigen, dass man dran ist. Der Megatrend der Digitalisierung läuft nun schon lange, während dieser Zeit habe ich gelernt, in dem Spannungsfeld zu leben, dass nicht alle gleichermassen begeistert sind. Dabei gilt es mit den denjenigen etwas zu machen, die interessiert sind.

Zudem ist es wichtig, Maschinenringe zu fördern. Offen für nützliche, digitale Hilfsmittel sind besonders auch Lohnunternehmer, sie gilt es miteinzubeziehen.

Sie haben am BBZ Arenenberg viele angehende Landwirtinnen und Landwirte erlebt. Wie schätzen Sie die heutige Generation ein?

Ich sehe bei den heutigen Jungen mehr wirtschaftliches Denken verankert. Sie kommen mit Innovationen, stellen die Betriebe um, bauen neue Zweige auf und kombinieren verschiedene Tätigkeiten, auch ausserhalb des eigenen Betriebs. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass es im Kanton Thurgau im Durchschnitt kleinere Betriebe gibt. Dadurch setzt man eher auf intensivere Betriebszweige und verschiedene Standbeine. Das macht offener, flexibler.

Welche Aufgaben waren Ihnen in den letzten Jahrzehnten persönlich sehr wichtig?

Zu meiner ersten Stelle auf der landwirtschaftlichen Betriebsberatung gehörte die Beratung der Bauernfamilien bei Generationenwechseln. Diese Aufgabe hat mich nun 40 Jahre auf verschiedenen Ebenen begleitet. Anfangen und Aufhören spielten immer eine zentrale Rolle. Zudem habe ich Landwirte beim innovativen Stallbau und bei der Umstellung vom Anbinde- zum Laufstall unterstützt. Dadurch kam es, dass nach der Aufhebung der Milchkontingentierung auf zahlreichen Betrieben bereits die notwendigen Voraussetzungen für eine Modernisierung und Umstrukturierung vorhanden war.

Ein weiterer Meilenstein war Anfang 2019 die Umstellung des Gutbetriebs Arenenberg auf Bio. Den eigenen Milchvieh-Familienbetrieb haben wir schon vor vielen Jahren umgestellt. Bio überzeugt mich seit langem als nachhaltige Produktionsweise, obwohl auch Bio sich noch weiter verbessern muss, vor allem bezüglich Ressourceneffizienz.

Sie schauen gerne auch über die Landesgrenzen hinaus, um sich Anregungen zu holen. Welche Rolle spielt der internationale Austausch?

In jungen Jahren reiste ich nach Neuseeland und Frankeich, wo ich eine Zeit lang in der Landwirtschaft tätig war. Später wurde ich Mitglied der Internationalen Akademie für ländliche Beratung (IALB), die jedes Jahr mindestens eine Tagung durchführt. Dies hat mir das Ausland nähergebracht und vor allem zu einem Austausch mit Lehr- und Beratungskräften in den Nachbarländern geführt. Für meine Arbeit waren vor allem die persönlichen Kontakte wertvoll.

Wo sehen Sie in den nächsten Jahren Veränderungen für die landwirtschaftliche Bildung, Beratung und Forschung im Kanton Thurgau?

Netzwerke werden immer wichtiger, auch für den Kanton Thurgau. Da bereits mehrfache Kooperationen bestehen, vor allem im Rahmen der Swiss Future Farm und des obstbaulichen Versuchsbetriebes Güttingen, entstehen immer mehr Ansatzpunkte für weitere Zusammenarbeiten. Ich denke beispielsweise an Partner wie die ETH, die Hochschule für Agrar,- Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), die Ostschweizer Fachhochschule (OST) oder das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL). Auch bieten sich immer mehr Partner aus dem Ausland und aus der Privatwirtschaft zum Austausch und zur Zusammenarbeit an. Daraus schöpft der Arenenberg die Innovationskraft für sein eigenes Wirken zusammen mit den Thurgauer Bauernfamilien.

Sie sagen von sich, dass Sie gerne selbst auf dem eigenen Landwirtschaftsbetrieb mit anpacken. Wird dies nun nach der Pensionierung öfter passieren?

Ich habe schon zuvor auf unserem Betrieb Wochenenddienste geleistet. Das geschieht nun fortan mit weniger Zeitdruck. Ich freue mich darauf, für alles mehr Zeit zu haben. Ich möchte auch mehr Freude haben an Kleinigkeiten.

Zur Person
Martin Huber ist auf einem Bauernhof in Mattwil-Birwinken TG aufgewachsen. Nach dem Agronomiestudium an der ETH arbeitete er für ein halbes Jahr auf einem grossen Milchviehbetrieb in Neuseeland. Daraufhin kam er ans Bildungs- und Beratungszentrum Arenenberg, wo er zunächst als Betriebsberater tätig war. Seit 1997 ist Huber Mitglied der Geschäftsleitung und seit 2011 Direktor des BBZ Arenenberg. Auf Ende Januar nun wird der bald 65-Jährige pensioniert. Sein Nachfolger ist der 53-jährige Ingenieur Jack Rietiker, der zum Gesamtleiter vom Arenenberg ernannt wurde.